Wettingen – Vor einem Jahr trat Silvan Dezini mit Josef Špaček beim Brugg-Festival auf – und beschwor gemeinsam mit dem tschechischen Geiger im Cinema Odeon reine Magie. Den Namen Dezini hatte man sich allerdings längst gemerkt, nicht zuletzt wegen der Konzerte in der Klosterkirche Wettingen mit ihm und dem klein besetzten Ostinato-Ensemble.
Die von Dezini ins Leben gerufene Ostinato-Reihe ist keine Eintagsfliege: Sie wird im September in Wettingen fortgesetzt – diesmal jedoch in der Aula Margeläcker, da die Klosterkirche gegenwärtig renoviert wird. Die Vorführung findet an einem Sonntag zu einer familienfreundlichen Zeit statt. Das Programm: Jung, jung, jung. Zum einen steht Wolfgang Amadeus Mozarts Divertimento in F-Dur KV 138 und zum anderen Felix Mendelssohn Bartholdys Violinkonzert in d-Moll MWV 03 auf dem Programm.
Mozart war 16 Jahre alt, als er seine so frisch anmutende Komposition schuf; Mendelssohn sogar erst 13 Jahre, als er sein erstes Violinkonzert schrieb. Dieses steht nach wie vor im Schatten des berühmteren Geschwisters in e-Moll, «zu Unrecht», wie Dezini anmerkt. Ihn verbindet mit diesem sprühenden Jugendwerk eine persönliche Beziehung. «Ich habe es schon einmal gespielt, und damals war ich genauso alt wie der Komponist, also 13-jährig.» Antonin Dvořák wiederum ist mit 34 Jahren vergleichsweise alt, aber seine lichte Serenade macht sich wunderbar im Verbund mit den beiden jungen Komponistenkollegen.
«Musik ist gemacht, um ihr zuzuhören»
Das Wettinger Programm, zu dem Dezini das mit rund 15 Musikerinnen und Musikern besetzte Kurpfälzische Kammerorchester aus Mannheim einlädt, ist typisch für den Geiger. «Klassische Musik soll mit niederschwelligen Angeboten für alle Menschen zugänglich sein», lautet seine Devise. Mit Musik, so Dezini, könne man die Gefühlswelt der Menschen schärfen. «Musik ist so viel mehr als nur eine Geräuschkulisse, die im Hintergrund läuft. Musik ist gemacht, um ihr zuzuhören.» Aber das, unterstreicht Dezini, müsse man noch viel bewusster machen. «Ich würde so gern aufzeigen, dass Musikerinnen und Musiker, Solisten und Publikum in jedem Konzert gemeinsam eine Reise machen. Zudem ist es ganz wichtig, dass wir neue Aufführungsformen ausprobieren, um auf spielerische Art und Weise junge Menschen, die beispielsweise Netflix schauen und so unbewusst oft mit klassischer Filmmusik in Berührung kommen, für klassische Musik zu begeistern.»
Staub vom veralteten Klassikbild pusten und verkrustete Konzertrituale aufbrechen: Das strebt der ausnehmend sympathische Musiker an. Dezini spricht von Outdoor-Konzerten, die er sich ebenso vorstellen kann wie – im Rahmen seines Masterprojekts – Wanderkonzerte und Vermittlungsprojekte, die er zusammen mit Wettinger Schulen unternehmen möchte.
Und schon sind wir bei seiner Ausbildung: Nachdem er den Bachelor Klassik an der Zürcher Hochschule der Künste abgeschlossen hat, studiert er derzeit an der Hochschule der Künste Bern im Master Pädagogik. Ein Jahr hat er bereits hinter sich, doch er will den Master auf drei Jahre «strecken», damit er genügend Zeit hat, um Geige zu üben und an seiner Ostinato-Konzertreihe zu feilen.
Freude an der Musik schenken
Pädagogik contra solistische Laufbahn? Bewahre! So darf man das keinesfalls sehen. Dezini ist schlicht fasziniert von seinem Studiengang: «Man kann sehr viel über sich in der Zusammenarbeit mit anderen lernen.» Es sei sehr schön, dass er Schülerinnen und Schüler über einen längeren Zeitraum begleiten könne. Und das meint nicht nur die Vermittlung technischer und gestalterischer Fähigkeiten, sondern auch das Anteilnehmen am Leben der Schülerin oder des Schülers.
Wie stellt sich Dezini seine Zukunft vor? «Mein grösster Wunsch ist, dass mein Musikerleben möglichst bunt ist. Mit dem Unterrichten habe ich ein sicheres Standbein. Da ich kein 100-Prozent-Pensum anpeile, habe ich Zeit, um für andere Projekte gerüstet zu sein.» Zum Beispiel für eine CD-Aufnahme, die er und das Ostinato-Ensemble für das Schweizer Label Claves eingespielt haben und die im Dezember erscheinen wird: Antonio Vivaldis «Vier Jahreszeiten». Schon wieder, denkt man unwillkürlich, doch Dezini lächelt – und man ahnt: Er hat wohl einiges anders gemacht. «Ja, wir unterbrechen dieses berühmte Werk mit Stücken des zeitgenössischen Schweizer Komponisten Fabian Müller», bestätigt er. Das klingt vielversprechend und – vor allem – bunt.
Sonntag, 14. September, 16 Uhr
Aula Margeläcker, Wettingen
silvandezini.ch