Windisch – Goldschmiedin Etna ist nach einer kurzen Affäre schwanger. Svenja, die bei ihr die Trauringe abholt, verspürt angesichts ihrer bevorstehenden Hochzeit eine leichte Panik. Die beiden Frauen brechen zu einem gemeinsamen Roadtrip auf. Hauptziel ist es, einen geeigneten Vater für das noch ungeborene Kind zu suchen. Etna fühlt sich zudem zu Höherem berufen. Sie plant, etwas gegen den menschenrechtswidrigen Goldabbau zu unternehmen und eine faire Produktionslinie aufzuziehen. Bei ihrer Reise stellen die zwei fest, dass sie weit mehr als das Geburtsjahr verbindet.
Der Roman «Karat» von Karin Rey handelt von zwei Anfangsdreissigerinnen, die an einem Scheideweg in ihrem Leben stehen. In kurzen, prägnanten Sätzen fächert sie die komplexen Charaktere der beiden Hauptprotagonistinnen auf und lässt die Leserschaft in einem wilden Ritt zwischen deren Gegenwart, Vergangenheit und Zukunftsvisionen pendeln. Lediglich ein paar Tage sind sie mit dem Van unterwegs, den sie beim ersten Papa-Kandidaten geklaut haben. Doch in dieser Zeit passiert so viel, als ob es sich um Wochen handeln würde.
Svenja ist oft unsicher, braucht viel Struktur im Leben. Etna gibt sich selbstbewusst und glaubt, die Welt verändern zu können. Das Schicksal schweisst die beiden Frauen trotz ihrer Gegensätze zusammen.
Ihr Wanderführer war ein Erfolg
Vor zwei Jahren besuchte Karin Rey einen Vortrag zum Thema Gold vom Rechtswissenschaftler und Antikorruptionsexperten Mark Pieth. In seinem Buch «Goldwäsche» beleuchtet er die historischen Wurzeln des Goldhandels und die aktuellen Lieferketten von den Minen über die Raffinerien und geheimen Zwischenhändler bis zu den Konsumenten. Dabei kommen die schwere Umweltzerstörung, Zwangsarbeit und Menschenhandel sowie andere schmutzige Machenschaften zur Sprache. Die Schweiz spielt im globalen Goldhandel eine führende Rolle.
«Dieses Thema hat mich so sehr beschäftigt, dass ich es unbedingt in meine Geschichte einbauen wollte», erzählt Rey und fügt hinzu, «Etna und Svenja sind fiktive Figuren. Aber alle Passagen, die sich um das Gold drehen, beruhen auf Tatsachen, und ich habe sie von Fachleuten überprüfen lassen.»
Am liebsten schreibt Karin Rey in einem Café. «Totale Stille irritiert mich, ich brauche etwas Leben um mich herum.» Die Lieblingsorte der gebürtigen Windischerin sind das Begegnungszentrum der PDAG und das Café Sabor in Brugg. «Karat» ist zwar der erste Roman, den die 34-Jährige herausgibt, aber nicht das erste Buch. 2023 erschien ihr Wanderführer «Closeby» mit Zielen in der Schweiz, die bekannten weltweiten Sehenswürdigkeiten verblüffend ähnlich sind. Er verkaufte sich über 5000 Mal.
Ihr allererster Schreibauftrag war eine Geschichte für ein SJW-Heftchen in Deutsch und Französisch. Es war die Masterarbeit zu ihrem Sekundarlehrerinnen-Studium an der pädagogischen Hochschule, dem sie später ein Studium in literarischem Schreiben anschloss. Bereits in der Primarschule träumte sie davon, Lehrerin zu sein. Sie unterrichtete einige Jahre im Aargau und in Goms, bevor sie ihr Vollzeitpensum zugunsten des Schreibens zurücksetzte. Heute arbeitet sie als Springerin an der Oberstufe in Brugg. Das Kontrastprogramm gefällt ihr. «Wenn ich schreibe, bin ich allein und habe null Rückmeldungen. In der Schule bekomme ich die ersten Feedbacks, wenn ich das Klassenzimmer betrete», meint sie und lacht.
Plötzlich ist es endgültig
Windisch ist die Heimat von Karin Rey geblieben. Die Lehrerin und Buchautorin lebt allein und bezeichnet sich als freiheitsliebend, schätzt aber auch die vertraute Umgebung und ihren grossen Freundes- und Bekanntenkreis. In ihrer Freizeit betätigt sie sich aktiv im Damenturnverein Windisch und führt den Vorsitz in der Jugendorganisation Cevi Windisch. Zudem gehört sie zum Organisationskomitee der Brugger Literaturtage.
Sie liebt das Vereinsleben. «Man pflegt gemeinsame Interessen und hat immer ein Thema. Daraus ergeben sich tolle Freundschaften», findet sie. Zurzeit arbeitet Rey an einem Jubiläumsbuch für einen Verlag. Und sie will weiterschreiben. Etwas nervös sei sie schon gewesen, als ihr Roman «Karat» Ende August im Atlantis Verlag erschienen sei. «Plötzlich stand alles so endgültig auf dem Papier und konnte nicht mehr verändert werden.»