Wettingen – Mit einer überraschenden Mitteilung eröffnete Präsident Christian Oberholzer (SP) die Einwohnerratssitzung: «Der Gemeinderat hat sein Kreditbegehren über 2,93 Millionen Franken für die Sanierung des Hauses am Lindenplatz zurückgezogen.» Was ist geschehen? Was hat zum Paukenschlag geführt? Mit dem beantragten Geld sollte das letztmals 1974 sanierte Gebäude baulich erneuert und auf seinen heutigen Verwendungszweck ausgerichtet werden. Seine Räume dienen seit 2022 den Wettinger Vereinen und der Volkshochschule. Was im Sinne eines Versuchs begonnen hat, «ist zum Selbstläufer geworden», sagt der zuständige Gemeinderat Philippe Rey. «Wir sind ausgebucht.»
Neuauflage im Dezember
Die Nachfrage erfreut zwar die Einwohnerräte und Einwohnerrätinnen, im Vorfeld der Sitzung signalisierten jedoch alle Parteien mit Ausnahme der Fraktion SP/Wettigrüen und der EVP, dass ihnen das Projekt angesichts der angespannten Finanzlage Wettingens zu teuer sei – Wünschenswertes und Notwendiges müssten getrennt werden. Die FDP konnte sich vorstellen, das Projekt zu unterstützen, falls für die Nutzung des Hauses am Lindenplatz künftig Gebühren erhoben würden. Der Gemeinderat will nun das Projekt überarbeiten und es im Dezember dem Einwohnerrat erneut vorlegen.
Mit dem Haus am Lindenplatz verzahnt ist die langfristige Planung für den Friedhof St. Sebastian, in den das frühere Friedhofschulhaus eingebettet ist. St. Sebastian soll nach der Auflösung der letzten Gräber im Jahr 2036 zu einem Park werden. Geplant ist, diesen in mehreren Etappen bis 2045 zu verwirklichen. Das fanden die Einwohnerrätinnen und Einwohnerräte quer durch alle Fraktionen eine gute Idee. Allerdings zeichnete sich in der kurzen Debatte ab, dass einzelne Schritte nicht unumstritten sind. So eine Öffnung der Friedhofsmauer in Richtung Schartenstrasse und damit gegenüber der künftigen Überbauung auf dem Areal Lägern Blueme.
800 Jahre Kloster
Unerwartete Kritik gab es in der Diskussion über einen 150 000-Franken-Kredit für das Klosterjubiläum 2027. Das Geld will der Gemeinderat einem Organisationskomitee zur Verfügung stellen, das die 800-Jahr-Feier zusammen mit Vereinen und Institutionen zu einem mit zahlreichen Anlässen gespickten Jahr machen will. Gedacht ist das Projekt als Teil eines kantonalen Klosterjahrs, in dem auch das Kloster Muri gefeiert wird. Dieses wird 1000 Jahre alt. 50 000 Franken des Kredits sind für die Klosterspiele und somit nur indirekt für die Jubiläumsanlässe vorgesehen.
Den Reigen der Votantinnen und Votanten eröffnete Judith Gähler (FDP). Sie und ihre Fraktion fanden die Summe angemessen. Innerhalb der SP/Wettigrüen-Fraktion sorgte das Geschäft für Diskussionen. «Wir haben uns gefragt: Was hat das mit uns zu tun?», so Sprecher Julien Grundisch (SP). Obwohl die Feierlichkeiten als «nice to have» eingestuft worden seien, sehe man die Bedeutung der Klosterhalbinsel als Freizeit- und Kulturort, deren Geschichte man zeitgemäss vermitteln wolle – weshalb die Fraktion mehrheitlich hinter dem Kreditbegehren stehe. Zustimmung kam ausserdem von der Mitte-Partei. Diese sehe jedoch, so Sprecherin Sophie Bürgler, die 150 000 Franken als absolutes Kostendach. Für Hannes Streif von der GLP ist das Jubiläum eine Chance, das touristische Potenzial des Klosters sichtbar zu machen.
Fliegerdenkmal eingelagert
Martin Bürlimann (SVP) ärgerte sich: «Für dieses Fest soll Geld ausgegeben werden, während ein Gedenkstein für den 1937 im Tägerhard verunglückten Militärpiloten Hans Schärlig entfernt wurde und im Werkhof eingelagert ist.» Martin Bürlimann verlangte eine Kürzung des Kredits um 50 000 Franken. Eine Forderung, der sich die SVP-Fraktion nicht anschloss. Auf den Kürzungsantrag entfielen nur zwei Stimmen.
In der Schlussabstimmung – der Kredit wurde mit grossem Mehr bewilligt – gab es ein Nein von Leo Scherer (Wettigrüen). Für ihn gibt es nichts zu feiern: «Ein Kloster ist ein funktionierendes Kollektiv von Mönchen oder Nonnen.» Ein solches gebe es in Wettingen seit 1841 nicht mehr.