Dem Bloodhound auf der Spur

Der diesjährige Ausflug des Rettungskorps Brugg führte zum Gubel nach Menzingen. Dort befindet sich eine Bloodhound-Lenkwaffenstellung.
Das Korps in corpore vor einer MK II. (Bild: vtr)

Brugg – In der Regel wird das Thema des alljährlichen Ausflugs aus einem feuerwehrtechnischen Umfeld wie Feuer, Wasser und Rettungen gewählt, wie letztes Jahr mit einem Besuch der Flughafenfeuerwehr Zürich. Nicht so dieses Jahr.

Heuer luden der neue Korpschef Marcel Wiederkehr und der organisierende Vizekorpschef Sandro Rossi zu einer Reise nicht nach Bettwil, sondern zum Gubel nach Menzingen ein, um dort «eines der am besten geschützten Geheimnisse der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts» kennenzulernen. Auf hügeliger Landschaft befindet sich als Zeitzeuge und Denkmal des Kalten Krieges die einzige noch integral existierende Bloodhound-Lenkwaffenstellung, die von der Militärhistorischen Stiftung des Kantons Zug als Museum betrieben wird und für Führungen offensteht. Somit konnten die Korpsmitglieder eine hoch entwickelte Technik aus den 50er-Jahren bestaunen.

Durch die Anlage führte sie Erich Vogt, ein ehemaliges Mitglied der Fliegerabwehrtruppen, genauer des Lenkwaffen-Regiments 7 (Flab Lwf Rgt 7), engagiert, kompetent und jeder Frage gewachsen. Er nannte es einen wahren Glücksfall, dass diese Einrichtung auf dem Gubel bei ihrer Auflösung 1999 gleich unter Denkmalschutz gestellt worden sei. Die Feuereinheit Süd habe man abgebaut, aber Nord sei noch im Originalzustand zu besichtigen. Vier Werfer stünden von April bis Oktober auf ihren Lafetten, allerdings heute «nur noch inert», das heisst ohne Treib- und Explosivstoff.

Von Emmen bis Menzingen
In einem Rückblick erläuterte Vogt den historischen Kontext dieser Anlagen, von denen neun Einheiten existierten, nämlich in Emmen, Bettwil, Menzingen, Torny-le-Grand, Schmid‑
rüti und Laupersdorf. Eine Feuereinheit bestehe primär aus einer Einsatzstelle, Beleuchtungsradar, vier oder acht Lenkwaffenwerfern, Stromversorgung und einer Kontrollstelle, in der auch der Kommandoposten zu finden sei. Ausserdem verfüge jede Stellung über gebunkerte Lenkwaffenmagazine, Übermittlungsanlagen und weitere Infrastrukturen.

Während des Kalten Krieges habe das eidgenössische Parlament 1961 den Kredit für die Beschaffung des britischen Fliegerabwehr-Lenkwaffensystems Bloodhound Mk II und 1963 den Kredit für den Landerwerb und die Bauten bewilligt. Das System wurde dann 1964, daher BL-64, in ­Betrieb genommen.

Fast zeitgleich habe man als Kampfjets nach dem britischen Hunter die Mirage beschafft. Die ­beiden Waffensysteme, BL-64 und ­Mirage, später dann die F/A-18, ergänzten sich bestens und wurden im Verbund zur Bekämpfung von Luftzielen zentral geleitet. Das mit dem damaligen System Florida.

Unterkunft als Truppenlager
Noch heute werde laut Vogt die Unterkunft beim Eingang zum Gelände als Truppenlager verwendet. Die Anlage diene aber nicht nur der Armee, sondern auch verschiedenen Organisationen wie zum Beispiel der Polizei als Ausbildungsplatz.

Nicht schlecht staunten die Besucherinnen – notabene vier Feuerwehrfrauen – und die Besucher, als sie Details über die für die damalige Zeit hoch entwickelte Technologie erfuhren. Ausserdem gab ihr Name Bloodhound Anlass zu Spekulativem, ist doch der Bluthund mit seiner extrem empfindlichen Nase ein idealer Spürhund, so wie das Lenkwaffensystem durchaus in der Lage war, jedes heranfliegende Objekt mittels Radar aufzuspüren, zu erfassen und zu vernichten.

Entwickelt wurde dieses sophistizierte System im Vereinigten Königreich von der Bristol Aeroplane Company, English Electric & IMI plc als Langstrecken-Boden-Luft-Flugabwehr-Lenkwaffe bereits 1949 und konnte dort 1958 in Dienst gestellt werden, das dann ebenfalls bis 1999. In der bei uns installierten Bloodhound MK II sorgten vier Feststoffbooster und zwei Staustrahltriebwerke für eine Geschwindigkeit bis zu Mach 2,7. Die Reichweite betrug 180 Kilometer, die sogenannte Dienstgipfelhöhe 24 300 Meter. Ein Aufschlagzünder und ein auf bis 35 Meter eingestellter Radar-Annäherungszünder lösten eine Explosion aus.

So viel zum Technischen. Dass an einer Korpsreise das, was man allgemein als das Kameradschaftliche und Gesellschaftliche nennt, nicht zu kurz kommen soll, zeigte sich im Restaurant Gubel, wo sich die Mitglieder zum Beispiel mit Älplermagronen und diversen Getränken wieder den weniger martialischen Genüssen des Lebens widmeten. Fazit: Dabei gewesen zu sein, hat sich gelohnt