Wo sich nicht nur die Jugend trifft

Wenn die Cordulapassage der Dorfplatz der Jugend ist, dann ist der 7-Day-Shop sein Quartierladen. Ein Besuch bei Filialleiter Jawad Musavi.
Geschäftsführer Jawad Musavi kennt seine Badener Kundschaft inzwischen bestens. (Bild: mk)

Baden – Ein älterer Mann betritt den Laden und streift suchend durch die Regale. «Habt ihr die Fertigmenüs nicht mehr?», fragt er. «Doch, doch, Josef», erwidert Jawad Musavi in vertraulichem Tonfall. «Schau, hier sind sie: Lachs-Tagliatelle, Spaghettini, Lasagne und Poulet.» – «Ah, sehr gut, danke», meint der Kunde erleichtert und wählt zwei Menüs aus. Es ist eine typische Szene im 7-Day-Shop in der Badener Cordulapassage, selbst wenn man sie an diesem Ort, der für schnelles Einkaufen steht und in Wochenendnächten von Ausgehfreudigen frequentiert wird, nicht erwarten würde. «Ja, wir haben einige Stammkunden hier», erklärt Filialleiter Jawad ­Musavi auf die entsprechende Frage. Und wenn einer sie alle seit dem ersten Tag kennt, dann er.

Jede Chance wahrgenommen
Der 30-Jährige arbeitete schon bei der Eröffnung des Shops 2018 hier. Der 7-Day-Shop gehört zu einer kleinen Kette mit zurzeit drei weiteren Läden in Zürich. Jawad Musavi stieg als Praktikant in Baden bei der Firma ein, arbeitete dann in verschiedenen Zürcher Filialen und wurde 2020 zum Store-Manager in Baden gemacht. Hier sorgt der Neuenhofer dafür, dass das Sortiment stets vollständig ist, führt neue Angestellte in die Arbeit ein und steht regelmässig selbst an der Kasse. Dort kommt ihm seine Stärke, der empathische Umgang mit Menschen, zugute. Denn neben wechselnder Laufkundschaft gibt es einige, die öfter vorbeischauen. Zu ihnen hat Jawad Musavi schon fast freundschaftliche Bande geknüpft. «Die Lernenden, die hier früher vor dem Laden ihre Berufsschulpause verbrachten, sind jetzt alle mit der Ausbildung fertig und leider nicht mehr so viel hier.» Er freue sich immer sehr, wenn einer von ihnen wieder einmal auftauche.

Und selbst mit Langfingern weiss er angemessen umzugehen: «Wenn jemand klauen will – meist im Bereich des offen verkauften Schleckzeugs –, merke ich das sofort», sagt der Filialleiter. Dann rede er den Betroffenen ins Gewissen: «Ich sage: ‹Wenn du jetzt anfängst, kleine Sachen zu stehlen, dann wirst du später vielleicht ­etwas Grosses klauen. Hör lieber gleich wieder damit auf.›» Kinder und Jugendliche ohne Geld sollten lieber nach Give-aways fragen, die der Shop immer mal wieder von Firmen geliefert bekomme.

Während des Gesprächs mit Jawad Musavi betritt ein erwachsener Stammkunde den Laden und hält beim Zigarettenkauf einen Schwatz mit ihm. «Simon kenne ich seit dem ersten Tag hier», erzählt der Store-Manager danach. Dieser habe ihm sogar eines der Referenzschreiben ausgestellt, die er für seine B-Aufenthaltsbewilligung gebraucht habe. Denn Jawad Musavi ist Afghane und kam erst 2015 in die Schweiz. Bei dem Schweizerdeutsch, das er spricht, erstaunt das. Er habe seit seiner Ankunft jede Gelegenheit zu Beschäftigung und Arbeit wahrgenommen, erklärt der Neuenhofer, sei es bei Sozialeinsätzen, in der Gärtnerei, beim Kirschenpflücken oder im Recycling, und dabei stets den Kontakt gesucht, um die Sprache zu lernen. Nun bezahlt er seiner afghanischen Frau Deutschkurse, damit auch sie sich schnell einlebt und eine Ausbildung machen kann.

Vom Kaffee bis zum Nachttrunk
Auch der 7-Day-Shop selbst ist eine ­Integrationserfolgsgeschichte. Der Gründer der kleinen Kette stammt ebenfalls aus Afghanistan. Und was ist an der Vorstellung dran, dass der Laden vor allem vom Ausgehvolk lebt? «Freitag- und Samstagnacht ist zwar am meisten los», erklärt der Filialleiter. Dann ist bis 24 Uhr geöffnet. «Aber wir haben zu jeder Zeit Kundschaft, weil man bei uns vom Morgenkaffee mit Gipfeli über Gemüse bis zu Hygieneartikeln alles bekommt.» Tatsächlich ist das Sortiment auf beschränktem Platz erstaunlich breit – und so kaufen die unterschiedlichsten Menschen ein. Kinder machen ihre 10- und 20-Räppler zu Süssem, Eilige schnappen sich Getränk und Sandwich für unterwegs, andere tätigen entspannt den halben Wocheneinkauf. Bei Jawad Musavi und seinem Team sind sie alle willkommen.