Veltheim – Sämi Wehrli, geboren am Heiligabend des 24. Dezember 1943, war ein Weihnachtskind – und eine Saftwurzel. Eine kraftvolle Persönlichkeit, ein Unternehmer, der zugleich der Gemeinnützigkeit und dem Schönen zugetan war. Doch ein Hirnschlag mutete ihm vor ein paar Jahren einen anderen Lebensrhythmus zu.
Nach der KV-Lehre in einem Aarauer Notariatsbüro gründete er, erst 19-jährig, mit sicherem Gespür für praktische Bedürfnisse und die Nähe zu Menschen 1963 die Einmannfirma Dobi zum Vertrieb des von Dominik Birchmeier erfundenen Kombi-Haarschneidegeräts. Dafür benötigte er die Unterschrift des Vaters, weil er noch nicht volljährig war.
Das Unternehmen existiert nach wie vor, aber viel grösser und diversifizierter – heute mit rund 100 Mitarbeitenden. Dobi Inter AG entwickelte sich zum Trendsetter in Bereichen wie hochwertige Perücken, Dauerwellen, künstliche Nagelmodellage, Kosmetik, Beauty-Fachmarkt, Weiterbildung und Interior-Design. Samuel Wehrli prägte als Patron das Familienimperium. Mit seiner Inspirations- und Motivationskraft begeisterte er Menschen.
Zielstrebig und ausdauernd wurde er zu einer der prägenden Persönlichkeiten in der aargauischen Wirtschaft. Von 1996 bis 2008 hatte er als Präsident des Aargauischen Gewerbeverbands auch Gewicht in der kantonalen Politik.
Um als erfolgreicher Unternehmer seiner Wohngemeinde Suhr etwas zurückzugeben, initiierte Sämi Wehrli in den 1980er-Jahren das überregionale Kulturzentrum Bärenmatte mit 800 Konzertplätzen. Das Grossprojekt entzweite das Dorf zunächst, aber nur bis zur Eröffnung, denn der Erfolg kam sofort mit dem Einweihungsmusical «Suranja». Opernliebhaber Wehrli setzte sein Kulturengagement zudem mit der Aargauischen Stiftung für Gesang und Musik um. Sie fördert Sängerinnen, Sänger, Musikerinnen, Musiker, Chöre, Blasmusikformationen, Orchester und Musiktheater. Eine weitere von ihm geschaffene Institution, die Stiftung Soliday, unterstützt Projekte des gesellschaftlichen Zusammenhalts, der Integration, der Frühförderung und der Bildung, namentlich für Kinder aus armutsbetroffenen Familien.
Schlossbesitzer von Wildenstein
Einen Bubentraum erfüllte sich Samuel Wehrli mit dem Kauf des Schlosses Wildenstein bei Veltheim. Die 1301 erstmals urkundlich erwähnte Burg hatte viele Besitzer. Sie war unter anderem Sitz von 15 Obervögten des Amtes Schenkenberg sowie mehrerer bernischer Patrizierfamilien. 1798 ging das Schloss an den helvetischen Kanton Aargau über, der es aber bald wieder verkaufte. Von 1928 bis 1972 diente Wildenstein als Altersheim für das Diakonissinnenheim Bern, danach kam es in den Besitz einer privaten Stiftung. Samuel Wehrli erwarb es 2010 aus einer konkursamtlichen Steigerung. Seine Familie erfuhr kurz vor der Pressekonferenz von der Handänderung.
Der neue Besitzer hatte grosse Pläne. Er unterzog die Schlossanlage einer denkmalschutzgerechten Restaurierung – ein Glücksfall für den Kanton – und machte sie, abgesehen von seinem privaten Wohnteil, der Öffentlichkeit für Besichtigungen, kulturelle Anlässe und andere Begegnungen zugänglich. Die neue Nutzung, vor allem die Erstellung des nötigen Besucherparkplatzes, hatte jedoch keine gesicherte raumplanerische Grundlage. Dafür wollte die Gemeinde Veltheim eine besondere Schlossnutzungszone schaffen. Das führte zu harten politischen Auseinandersetzungen. In der Gemeindeversammlung scheiterte die erste Vorlage. Samuel Wehrli sah sich für seine enormen persönlichen Anstrengungen zur Erhaltung des wertvollsten Vältner Kulturguts abgestraft. Erst im zweiten Anlauf gelang das Vorhaben. Danach dämpften die gesundheitlichen Einschränkungen des Schlossbesitzers die weiteren Pläne. Von 2013 bis 2022 besass der Unternehmer auch das Museum für Feuerwehr, Handwerk und Landwirtschaft in Endingen.
Inzwischen steht Wildenstein «Of Market» zum Verkauf, wie die Familie auf Anfrage bestätigte. Der Schlossbetrieb geht in reduziertem Umfang weiter. Neue Projekte stehen momentan nicht an. Das Familienunternehmen Dobi Inter AG besteht unverändert fort, mit einem externen Geschäftsführer zwar, aber mit der Familienpräsenz im Verwaltungsrat. Die Angehörigen schrieben in der Todesanzeige, sie seien unendlich traurig und doch voller Dankbarkeit für alles, was Sämi Wehrli bewegt habe, und für das, was er ihnen und anderen Menschen geschenkt habe.