Auftakt mit Doris Leuthard

Letzte Woche fand die erste Veranstaltung im Rahmen der «Disput(N)ation» mit der ­früheren Bundesrätin Doris Leuthard statt.
Doris Leuthard im Gespräch mit Hans Strub. (Bild: zVg)

Baden – Unter dem Motto «Disput(N)ation» wird in Baden während eines Jahres an eine bedeutende Episode der Stadtgeschichte erinnert. Die Badener Disputation war ein Religionsgespräch in der Reformationszeit. Sie fand im Mai und Juni 1526 in der Badener Stadtkirche statt. Vertreter der 13 Alten Orte der Eidgenossenschaft sowie Theologen aus dem In- und Ausland diskutierten und verhandelten theologische Wahrheiten und Glaubensfragen sowohl des alten (römisch-katholischen) als auch des neuen (reformierten) Glaubens.

Für die schweizerische Reformationsgeschichte hat die Badener Disputation eine Scharnierfunktion. Sie fand zwischen den Anfängen der ­Reformation in der Schweiz und der «Lösung» in den Kappeler Kriegen (1529 und 1531) statt. Der anschliessende Frieden war zwar brüchig, bildete aber die Grundlage für das konfessionelle Nebeneinander, das die Schweiz bis heute prägt.

Besuch der Schirmherrin
Letzte Woche fand im Rahmen des ­Jubiläums «500 Jahre Disputation zu Baden» der erste von insgesamt 14 Disputalks mit der ehemaligen Bundesrätin Doris Leuthard statt, die einen wichtigen Teil des Jubiläumsprogramms ausmachen. Unter der Leitung von Pfarrer Hans Strub sprach sie als Mitglied des Schirmgremiums des Projekts «Disput(N)ation» über die Leitthemen Frieden, Hoffnung, Zukunft und Liebe – Werte, die bereits beim Religionsstreit von 1526 zur Entstehung des konfessionellen Neben­einanders in der Schweiz beitrugen.

Während der Diskussion zeigte sich Doris Leuthard besorgt über die zunehmende Missachtung von Gesetzen und Völkerrecht in vielen Staaten und warnte vor einer Rückkehr des Glaubens an das Recht des Stärkeren. Sie rief dazu auf, dass sich die Schweiz auf ihre Stärken wie Demokratie, Bildung, Innovation und gesellschaftlichen Zusammenhalt besinnen müsse.

Kritisch äusserte sie sich zum Umgang des Landes mit humanitären Fragen und zeigte Unverständnis darüber, dass der Kanton Aargau und andere Kantone keine Kinder aus dem Gazastreifen aufnehmen wollen. Doris Leuthard plädierte zudem für eine enge Zusammenarbeit mit der Europäischen Union, da die Schweiz als Einzelakteur verletzlich sei. Passend dazu bemängelte die alt Bundesrätin, dass die Schweiz in sicherheitspolitischer Hinsicht unzureichend auf Krisen vorbereitet sei, und verlangte klare Strukturen für den Ernstfall.

Trotz der vielfältigen Herausforderungen zeigte sich Doris Leuthard optimistisch und betonte, der Mensch sei grundsätzlich friedfertig und strebe nach einem würdigen Leben in Frieden und Sicherheit.

Vorfreude auf den Festakt
Der nächste Disputalk findet bereits heute, 13. November, statt. Zu Gast im reformierten Kirchgemeindehaus Baden bei Hans Strub ist Pfarrerin Esther Straub, Kirchenratspräsidentin der Zürcher Landeskirche. Das Gespräch behandelt – wie alle Disputalks – die Leitthemen der Badener Disputation. Ausgangspunkt bilden dabei konkrete Fragen zur Geschichte und zur Rolle der Schweiz in einer fragilen Weltordnung.

Der Höhepunkt des Jubiläumsprogramms ist nächstes Jahr am 30. und 31. Mai mit einer ganzen Reihe von feierlichen Veranstaltungen, die in einem Festakt samt Umzug und Gottesdienst gipfeln sollen. Bis dahin stehen noch zahlreiche andere Events auf dem Programm, das laufend ergänzt wird.

In den Disputalks werden mitunter Christoph Weber-Berg, Kirchenratspräsident der reformierten Landeskirche Aargau, der Journalist Urs Meier, alt Bundesrat Moritz Leuenberger und die Präsidentin der evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, Rita Famos, zu hören sein.

Im Rahmen der «Disput(N)ation» kommt im Januar und Februar ausserdem die Ausstellung «Königlich!» von Luzern nach Baden. Die vom deutschen Diakon und Bildhauer Ralf Knoblauch gestalteten 15 bis 20 Zentimeter grossen Holzfiguren stehen als Symbol für die Menschenwürde. Die Königsfiguren sollen an viel frequentierten Orten auf einem Sockel präsentiert werden. Im Mai und Juni ist eine weitere Ausstellung mit dem Titel «Quellen zur Disputation» vorgesehen, bei der im Kirchenschatzmuseum in der Stadtkirche Baden zum ersten Mal Originale der Protokolle und weitere Quellen zu den Ereignissen rund um die Disputation zu sehen sein werden.

Ebenfalls geplant ist ein öffentlicher Vortrag am 22. März über die Hugenottenverfolgung beziehungsweise die Flüchtlingspolitik der protestantischen Eidgenossenschaft. Referieren wird der Historiker Martin Bürgin für den Verein Hugenotten- und Waldenserweg Aargau–Zürich–Schaffhausen.

Weiter sind musikalische Veranstaltungen wie beispielsweise ein Orgelkonzert mit Andreas Jost, Organist am Zürcher Grossmünster, oder ein Friedenskonzert mit der Kammerphilharmonie Mannheim und einem Projektchor, für den noch Teilnehmende gesucht werden, geplant. Im Rahmen von «Disput(N)ation» ist neben weiteren Referaten eine zweitägige wissenschaftliche Tagung vorgesehen, bei der die Geschichte der Disputation von Fachpersonen im Detail beleuchtet wird.

Informationen zu allen Veranstaltungen während des Jubiläumsjahrs sind auf der Projektwebsite unter disputnation.ch zu finden.