Sie fand ihr Glück in der Malerei

Sie kommt aus Rumänien, er aus Deutschland. In der Schweiz haben sich Brigitte und Ralf Schramm gefunden und eine Galerie gegründet.
Ralf und Brigitte Schramm in ihrer Galerie. (Bild: ub)

Nussbaumen – «Von so hohen Räumen habe ich immer geträumt», sagt Brigitte Schramm in ihrer Galerie Unsere Art im Stroppel-Areal und strahlt. Zuvor war sie damit im Zentrum von Bad Zurzach domiziliert und führte regelmässig Ausstellungen von Gastkünstlerinnen und -künstlern durch. «Als im Mai 2023 die Umfahrung eröffnet wurde, blieb mit einem Schlag fast die gesamte Klientel weg. Das ganze Quartier war wie ausgestorben», sagt sie. Ohne etwas anderes in Aussicht zu haben, kündigte sie und vertraute darauf, bald etwas Neues zu finden. Und das Glück war ihr hold. An der Stroppelstrasse 22 wurde auf Januar 2025 ein Atelier frei. Nicht nur der Umzug war beschlossene Sache, sondern auch, dass sie künftig nur noch ihre eigene Kunst präsentiert und keine festen Öffnungszeiten mehr hat. «Wenn sich jemand für meine Bilder interessiert, mache ich einen Termin ab. So bin ich frei und kann wieder selbst vermehrt kreativ sein», meint die Malerin. 

Die Wende
Freiheit hat für Brigitte Schramm einen hohen Stellenwert. Sie wuchs in der rumänischen Stadt Baia Mare auf. Nach einer Lehre als Keramikerin und einer zusätzlichen Ausbildung als ­Porzellan-, Keramik- und Glasmalerin absolvierte sie in ihrer Heimat ein dreijähriges Kunststudium an der bekannten Kunstschule Onisa Art. Ihr Name stand für exquisites Kunsthandwerk, und sie verdiente gut. Doch als 1989 der Kommunismus zerschlagen wurde, zog es die junge Frau wie viele andere ins Ausland. Mit gerade einmal 20 Jahren siedelte sie nach Deutschland um, wo sie Verwandte hat.

«Der Wunsch, endlich zu reisen, war einfach übermächtig», erzählt Brigitte Schramm. Dafür war sie bereit, ihre Karriere aufzugeben und sich als Hilfsarbeiterin mit verschiedensten Jobs finanziell über Wasser zu halten. Die Kunst der Porzellan­malerei fand in ihrer neuen Heimat jedoch keinen Anklang. Geschirr musste praktisch und spülmaschinenfest sein. «Weil ich weiterhin kreativ sein wollte, begann ich in meiner Freizeit Bilder zu malen», sagt Brigitte Schramm.

Mit ihrem ersten Mann, einem deutschstämmigen Zimmermeister, bekam sie zwei Kinder und folgte ihm 2006 nach Wohlen, wo er eine neue Stelle innehatte. Um die ­Familie mitzuernähren, arbeitete sie als Angestellte in der Pharmaindus­trie und war zuletzt bei Novartis ­tätig. 2017 starb ihr Gatte nach langer Krankheit, und sie war auf sich allein gestellt.

Ralf Schramm, der aus Dresden stammt, kam ebenfalls 2006 in die Schweiz. Und auch er arbeitet im ­Baugewerbe. Weil aber in Deutschland in dieser Branche grosse Flaute herrschte, suchte der geschiedene ­Diplomingenieur eine neue Anstellung und fand sie in der Nähe von Bern. «An Weihnachten 2018 machte ich ein Inserat in einer Onlinezeitung. Ich suchte jemanden, der mit mir die Festtage verbringen würde. Ich wollte mich nicht mehr einsam fühlen», erinnert er sich. «Er hat gesucht, und ich habe ihn gefunden», sagt Brigitte Schramm, und beide müssen lachen. Heute wohnen sie in Full-Reuenthal. Doch dann wurde sie schwer krank und konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Er stand ihr bei und ermutigte sie, endlich nur noch das zu machen, wofür ihr Herz wirklich schlägt: Kunst. Nach dem Entscheid, ihren Brotjob zu kündigen, ging es Brigitte Schramm bald besser.

Im November 2020 eröffnete sie mit ihrem Ralf das erste eigene Atelier: Unsere Art. Während sie kreativ tätig ist, sorgt er im Hintergrund für die Organisation. Zudem entwerfen sie Designs für T-Shirts, Sweatshirts, Hoodies und Tassen, die sie unter dem Firmennamen Topbikers vertreiben. Die Galerie, die seit Januar 2025 im Stroppel-Areal angesiedelt ist, betrachten sie als ihr «gemeinsames Kind». Brigitte Schramm, die ihre ­Exponate schon im In- und Ausland präsentieren konnte, beteiligt sich zudem immer wieder extern an Ausstellungsevents. Zurzeit sind ihre Werke beispielsweise in der Gruppenausstellung «Kulturbrücken 2025» in der Schreinerei Kellenberger in Ober­entfelden zu sehen. 

Kreativitätsschub
Die neuen Räume sind für Brigitte Schramm ein grosser Ansporn, und sie explodiert geradezu vor Kreativität. Abstrakte und teilweise spirituell anmutende Werke wechseln sich mit Blumen- und Landschaftsbildern ab. Stilistisch lässt sie sich nicht festlegen, sie experimentiert wiederholt mit neuen Tech­niken. Die breit gefächerte Erfahrung kommt ihren Schülerinnen und ­Schülern zugute, die bei ihr Malkurse nehmen. Sie finden am Dienstag von 9 bis 13 Uhr und von 15 bis 19 Uhr und am Freitag von 16 bis 20 Uhr in der Stroppelstrasse 22 in Untersiggenthal statt. 3 mal 4 Stunden kosten 300 Franken (inklusive Material, ohne Malgrund). «Der Einstieg ist immer möglich, und jede und jeder kann nach seinen individuellen Wünschen malen. Ich gebe bei Bedarf professionelle Tipps», sagt Brigitte Schramm. 

Am 16. November sind von 14 bis 18 Uhr zur Feier des fünfjährigen Bestehens der Galerie Unsere Art alle Interessierten zu einem Glas Sekt eingeladen, und alle ausgestellten Kunstwerke von Brigitte Schramm sind mit einem Jubiläumsrabatt erhältlich.