Mathematisch gestaltete Bilder

Die Werke des Künstlers Jürg Nänni entstanden ausnahmslos am Computer. Entdeckt hatte er diese Möglichkeit der Bildgestaltung eher zufällig.
Jürg Nänni mit einem seiner am Computer gestalteten Bilder im Jahr 2010. (Bild: Barbara Rüfenacht/Jürg Nänni)

Windisch – Der 1942 geborene Jürg Nänni war Physiker, Lehrer und plötzlich sogar Künstler – das eher per Zufall, weil er und seine Arbeitskollegen eine spannende Entdeckung machten. Conrad Brunner, Architekt und Präsident des Fördervereins Jürg Nänni, erzählt: «Jürg Nänni und ich lernten uns in den 1980er-Jahren an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) kennen. Er war damals schon Professor. Wir arbeiteten zusammen an Energiethemen bei Gebäuden, haben zum Beispiel Wärmebrücken untersucht.»

Die Arbeitsweise war damals komplett anders: «Wir arbeiteten noch mit der Generation Commodore-64-Computer und ohne PC-Maus. Alles geschah über die Tastatur. Dann entdeckte Jürg Nänni, dass mit bestimmten Programmen ein bildhafter Querschnitt durch Gebäude möglich war. Das faszinierte ihn und seinen Arbeitskollegen Hans Knuchel sehr», so Conrad Brunner.

Gestochen scharf
Jürg Nänni, viele Jahrzehnte in Umi­ken wohnhaft, sei ein «Impulsgeber mit System» gewesen. «Jürg Nänni hat nicht einfach ‹gmölelet›, sondern kreierte mit eigenen Softwareprogrammen Bilder, die gestochen scharf waren, und mit Farbwechseln, die gemalt nicht möglich gewesen wären. Er malte grafische Bilder mittels Zehnfingersystem», erläutert Conrad Brunner. Kunst und Wissenschaft seien so verschmolzen und hätten ganz neue Möglichkeiten gezeigt. Das Bildgestalten mit mathematischen Formeln war geboren.

«Jürg Nänni war ein Multitalent, er unterrichtete nicht nur 35 Jahre lang Physik an der FHNW, sondern spielte Klavier, war sportlich aktiv und sammelte Pilze – also alles andere als ein Eigenbrötler, der am Computer Bilder gestaltete», so Conrad Brunner.

Jürg Nännis Bilder fordern die ­Augen und das Gehirn. Sie mögen einen schwindlig werden lassen, wenn man sie nur kurz anschaut. Fokussiert man sich darauf, sieht man ihre Geheimnisse. So sind zum Beispiel zwei augenscheinlich verschiedene Farben, etwa Rot und Orange, plötzlich einfach nur Rot – eine optische Täuschung, der sogenannte Nachbarschaftseffekt. «Jürg Nänni trieb die Frage um, wie ein Bild im Hirn wirkt und was das Hirn damit macht. Unser Hirn ist sozusagen der Bildprozessor und ist bei jedem Menschen etwas anders», führt Conrad Brunner aus.

Dauerausstellung mit 42 Werken
Am Donnerstag, 27. November, findet die Vernissage der Ausstellung «Kunst und Wissenschaft» um 16.30 Uhr im Hallerbau statt, dem Gebäude 1 der FHNW an der Klosterzelgstrasse 2 in Windisch.

Gezeigt werden 42 Werke von Jürg Nänni, die teilweise restauriert wurden. Organisiert hat die Ausstellung der 2022 gegründete Förderverein Jürg Nänni in enger Zusammenarbeit mit der FHNW. «Bis jetzt haben wir rund 1400 Bilder ausfindig gemacht, nicht nur aus dem Nachlass des 2019 verstorbenen Künstlers, sondern auch verstreut bei Sammlern in der ganzen Schweiz», sagt Conrad Brunner.

Mitgearbeitet an der Ausstellung hat das Blelb-Team mit Hans Knuchel, Peter Bosshard Schneider und Walter Schmidli. Blelb ist das 1999 gegründete Labor für Gestaltung zwischen Kunst und Technik an der FHNW, dem auch Jürg Nänni angehörte.

Die Dauerausstellung ist nicht ganz neu: Bilder von Jürg Nänni hat die FHNW 2007 erworben und ausgestellt, 2013 stiessen weitere hinzu – nun wird die neue Dauerausstellung mit total 42 Bildern und Informationen die Besuchenden, Lehrpersonen, Studierenden und Mitarbeitenden umfassend über den Künstler und seine Werke aufklären.