«Wir werden nicht aufgeben»

Das Nein des Regierungsrats zu neuen Beiträgen für das Odeon schlägt hohe Wellen. Die Co-Leiterin sieht den Betrieb mittelfristig in Gefahr.
Das Odeon macht mit Transparenten auf sich aufmerksam. (Bild: sma)

Brugg – Die Nachricht sorgte in der Brugger Kulturlandschaft für Emotionen. Das Kulturhaus Odeon hatte sich beim Kanton zum ersten Mal für einen Beitrag an seinen Betriebskosten beworben, doch Ende Oktober gab es vom Regierungsrat eine Absage. Das Odeon bekam als einzige der zehn Institutionen, die sich beworben hatten, für die Jahre 2026 bis 2029 keinen Zuschuss.

Während zum Beispiel das Kur­theater in Baden berücksichtigt wurde, hiess es beim Odeon als Begründung, das Kulturhaus habe keine ausreichende kantonale Ausstrahlung. Es war das einzige der von der Kommission für Kulturfragen gestellten Kriterien, die das Odeon nicht ­erfüllte – was bei der Institution und bei Teilen der Politik einen fahlen Nachgeschmack hinterliess.

Publikum von ausserhalb
«Unsere Auswertung des Onlineticketings für den Gesamtbetrieb über zwei Jahre zeigt, dass mehr als die Hälfte unseres Publikums – 53,7 Prozent – von ausserhalb der Region Brugg kommt, davon 13,6 Prozent von ausserhalb des Kantons», sagt Co-­Betriebsleiterin Sue Luginbühl auf Anfrage. «Von der Reichweite her erfüllen wir die kantonale Bedeutung also. Und dass wir im vergangenen Jahr für unser ‹reichhaltiges kulturelles Schaffen im Kanton Aargau› den Aargauer Heimatschutzpreis erhielten, ist ein weiteres Zeichen, dass wir über die Region hinaus strahlen. Aus diesem Grund leuchtet uns die Begründung nicht ein», so Sue Luginbühl.

Auch in der Politik sorgte die Begründung für Kopfschütteln. So formierten sich im Grossen Rat Anfang November Mitglieder aus fünf verschiedenen Parteien, um den Regierungsrat in einem politischen Vorstoss mit dem Entscheid zu konfrontieren.

Sie schrieben, das Odeon Brugg stehe seit Jahrzehnten für ein grosses, breites und sehr gefragtes Kulturangebot im Aargau. In der Interpellation wollten sie vom Regierungsrat unter anderem wissen, ob er sich bewusst sei, dass das Odeon über ein Kinoangebot verfüge, das in der Schweiz seinesgleichen suche, und dass das Kulturhaus landesweit einen der grössten Anteile an Schweizer Filmen zeige.

Als einzelne Partei wandte sich ­zudem die SP Brugg an den Regierungsrat. In einer Medienmitteilung schrieb Co-Fraktionspräsidentin Salome Schneider Boye: «Die SP Brugg bedauert, dass der Regierungsrat das Gesuch des Kulturhauses Odeon, als kultureller Leuchtturm anerkannt und damit besser subventioniert zu werden, abgelehnt hat. Für uns ist klar: Das Odeon strahlt mit seinem Angebot weit über die Stadt- und Kantonsgrenze hinaus – und verdient Anerkennung statt Absage.» Die SP Brugg appelliere an den Regierungsrat, den Entscheid zu überdenken und das Odeon in eine nachhaltige Kulturförderstrategie einzubeziehen.

Odeon kämpt um kantonale Beiträge. (Bild: sma)

Transparenter Unmut
Während sich die Politik austauscht, verschafft das Odeon seinem Ärger Luft – unter anderem mit grossen Transparenten in Richtung Bahnhof. «Bei uns gibt es sooo vieles» oder «Was braucht es denn noch?», heisst es in grossen Buchstaben.

Und auch Sue Luginbühl gibt sich kämpferisch: «Wir werden nicht ­aufgeben, sondern das Gespräch mit der zuständigen Kommission suchen, um unsere offenen Fragen und Be­denken anzubringen und die weiteren Schritte zu besprechen», sagt sie. «Nach der Absage des Kantons haben wir unsere Enttäuschung und die schwierige finanzielle Situation nun offengelegt. Wir haben darauf sehr viele positive Reaktionen erhalten.» Der parteiübergreifende Vorstoss im Grossen Rat und der Widerstand in der Region Brugg seien sehr gut zu spüren. «Das gibt uns den Mut, nach vorn zu schauen.»

Das Odeon wird von der Stadt Brugg im laufenden Geschäftsjahr mit 80 000 Franken unterstützt. Vom Kanton erhält es bis anhin rund 70 000 Franken pro Jahr. Das Ausbleiben der zusätzlichen kantonalen Betriebszuschläge bedeutet demnach nicht den Abbau von Subventionen, sondern bloss keinen Ausbau.

Das erachtet Luginbühl allerdings als höchst bedrohlich: «Es ist richtig, dass wir seit Jahren vom Aargauer Kuratorium und von der Stadt Brugg Programm- und Betriebsbeiträge erhalten», erklärt sie. «Diese machen aber nur einen kleinen Teil unserer Einnahmen aus. Mehr als 80 Prozent erwirtschaftet das Kulturhaus selbst.»

Mittelfristig sei eine höhere staatliche Subvention unabdingbar, um die steigenden Kosten wie Löhne, Infrastruktur und Technik zu decken und die Teuerung auszugleichen, erklärt die Co-Betriebsleiterin. «Finanziell stossen wir an unsere Grenzen, und wir mussten ein Defizit budgetieren. Einsparungen wären nur auf Kosten der Qualität möglich.» Es wäre aber nicht im Sinn des Hauses, das bestehende Angebot abzubauen, betont Sue Luginbühl. «Denn wir wollen auch in Zukunft ein zeitgemässes Kultur- und ein einzigartiges Filmangebot zur Verfügung stellen.»