«Ich gehe respektvoll an die Aufgabe heran»

Die SP-Frau Luzia Capanni hat sich im zweiten Wahlgang zum Gemeindepräsidium gegen Philipp Umbricht von der FDP durchgesetzt.
Sie war schon Einwohnerrätin und Grossrätin. Nun wurde Luzia Capanni zur Gemeinderatspräsidentin gewählt. (Bild: Archiv)

Windisch – Am 28. September wurden Luzia ­Capanni und Philipp Umbricht neu in den Gemeinderat gewählt. Das Rennen um das Präsidium blieb jedoch offen, da beide das absolute Mehr im ersten Wahlgang verpassten.

Nun sind die Würfel gefallen. Luzia Capanni hat sich im zweiten Wahlgang am vergangenen Sonntag mit 1210 Stimmen im Kampf um die Nachfolge der abtretenden Präsidentin Heidi Ammon (SVP) durchgesetzt. Philipp Umbricht erhielt 952 Stimmen. Es war kein Erdrutschsieg, für die 47-jährige Ethnologin jedoch ein bedeutender Erfolg in ihrer politischen Laufbahn.

Luzia Capanni, Gratulation zu Ihrer Wahl. Haben Sie diesen Erfolg mit einem nicht haushohen, aber am Ende doch spürbaren Vorsprung ­erwartet?
Vielen Dank für die Gratulation. Ich freue mich sehr über das Vertrauen, das mir Windisch geschenkt hat. Ich gehe respektvoll an die neue Aufgabe heran. Und nein, ich habe den Erfolg so nicht erwartet, jede Wahl ist eine Wahl und kann zwei mögliche Ergebnisse haben. Letztlich ist es aber ein klares Resultat. Das freut mich sehr – auch dass der Stimmenunterschied noch grösser war als im ersten Wahlgang.

Sie sind als Grossrätin und Einwohnerrätin eine erfahrene Politikerin. Wie weit wird Ihnen das in Ihrem neuen Amt helfen? Und was können Sie als Gemeindepräsidentin nun neu oder anders anpacken als in Ihren bisherigen Funktionen?
Ich bin, wie Sie sagen, durch und durch ein politischer Mensch. Ich kenne die politischen Gegebenheiten von Windisch und vom Kanton, die Prozesse und Abläufe, und weiss über die Sachthemen Bescheid, die aktuell in Windisch und im Kanton anstehen. Als Gemeindepräsidentin kann ich ­Synergien nutzen, kann neue Verbindungen knüpfen und so die Gemeinde stärken – mit ihren anspruchsvollen Themen als kleine Zentrumsgemeinde. Ich möchte ausserdem eine neue Kommunikation installieren, damit die Menschen in Windisch noch besser verstehen, was in der Gemeinde passiert und was die Gemeinde zum Wohl aller tut.

Sie sind erst die zweite Gemeindepräsidentin in Windisch. Wofür ­werden Sie sich als Frau einsetzen – gibt es konkrete Themen?
Ich bin Gemeindepräsidentin für alle. Aber ich kann ein Beispiel nennen für ein Thema, das uns Frauen besonders trifft: Der Gemeinderat hat vor fünf Jahren den Auftrag vom Einwohnerrat erhalten, sich für die Prävention gegen häusliche Gewalt einzusetzen. Das Thema ist leider noch immer so aktuell wie damals, als die Motion überwiesen wurde. Dieses Jahr wurden in der Schweiz so viele Femizide begangen wie noch nie.

Eines Ihrer Hauptanliegen ist die Gesundung der Finanzen in ­Windisch. Die Aufgabe wird nicht einfach sein, zumal gegen das Budget 2026 bereits ein bürgerliches ­Referendum ergriffen wurde. Wie ­möchten Sie das Thema an­packen?
Ja, die Finanzen werden den Gemeinderat fordern. Nicht nur im Wahlkampf, sondern langfristig. Es hat sich schon länger abgezeichnet, dass sich in Windisch das strukturelle Problem mit den Finanzen verschärft. Mein Ziel ist es, von Beginn an zusammen mit dem Gemeinderat die finanzielle Situation von Windisch – mit oder ohne Referendum – solide und nachhaltig anzugehen. Schnelle Lösungen wird es nicht geben. Was es braucht, ist seriöse Arbeit im Gemeinderat, mit der Verwaltung, dem Einwohnerrat und der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission. Und genau dafür möchte ich mich einsetzen: für eine seriöse und nachhaltige Prüfung der Finanzen auf der Einnahmen- und Ausgabeseite.

Ein weiteres Ihrer Anliegen ist die Suchtproblematik. Sie stehen weniger für repressive Massnahmen wie Verbote als für vorsorgliche Massnahmen wie die Errichtung von Gassenküchen. Wollen und können Sie hier Druck machen – zum Beispiel gegenüber dem Kanton?
Repression allein löst das Problem der suchtkranken Menschen nicht. Das zeigt die langjährige Erfahrung aus der Schweiz und auch in Windisch und Brugg: Die verstärkte Repression hat die Suchtkranken in andere Ecken der beiden Gemeinden vertrieben. Der Regierungsrat will die Suchtstrategie der Schweiz mit den vier Säulen nun gesetzlich verankern und als einer der letzten Kantone umsetzen. Schadensmindernde Massnahmen, die an mehreren Standorten im Aargau nötig sind – wie Gassenküchen und Konsumräume –, sind wichtig. Sie lindern Leiden und schaffen Sicherheit für alle. Das ist der Auftrag des Gemeinderats. Der Regierungsrat hat vor kurzer Zeit aus dem Alkoholzehntel Geld für ein Pilotprojekt der Schadensminderung für die nächsten zwei Jahre gesprochen. Sobald ein Standort gefunden ist, kann endlich mit der Umsetzung begonnen werden.