Raritäten von Ferruccio Busoni

Das Duo Soós-Haag führt mit Werken von Theodor Fröhlich und Ferruccio Busoni selten gespielte Schätze der vierhändigen Klavierliteratur auf.
Heimspiel bei den Kammerkonzerten. (Bild: Irene Zandel)

Wettingen – In der kalten Jahreszeit ist die Sehnsucht nach dem warmen Süden besonders gross. Passender könnte deshalb das Thema der Saison 2025/2026 der Wettinger Kammerkonzerte nicht sein. Es leitet sich von Goethes berühmtem Gedicht «Mignon» ab: «Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn», und bezieht sich auf Italien, das den roten Faden der fünf sorgfältig konzipierten Abonnementskonzerte bildet.

War Schuberts Vertonung von ­Goethes «Mignon» im Eröffnungskonzert am 19. Oktober zu hören, konzentriert sich das zweite Abonnementskonzert am 14. Dezember auf den italienisch-deutschen Komponisten Ferruccio Busoni (1866–1924). Seine brillante Bearbeitung von Mozarts Ouvertüre zur «Zauberflöte» und die tiefgründige «Fantasia contrappuntistica» für zwei Klaviere zu vier Händen sind der Rahmen zu einem äusserst spannenden Konzert.

Fugen von Fröhlich
Der Mittelteil setzt sich aus den beliebten Variationen über ein Thema von Joseph Haydn op. 56b von Johannes Brahms für zwei Klaviere und aus jenen «Trois fugues pour le pianoforte à quatre mains» op. 12 von Theodor Fröhlich zusammen, mit denen das international erfolgreiche Klavierduo Soós-Haag schon 2023 am 7. Fröhlich-Tag in Brugg aufhorchen liess. Der dort 1803 geborene, in Berlin ausgebildete und 1836 in Aarau freiwillig aus dem Leben geschiedene Komponist ging als einziger Frühromantiker der Schweiz zwar in die Musikgeschichte, jedoch nicht ins kulturelle Bewusstsein des Konzertpublikums ein.

An vergessene Musik zu erinnern und sie in Konzerten und auf CDs darzubieten, gehört zu den vielen Verdiensten des aus Adrienne Soós und Ivo Haag bestehenden Klavierduos. Die drei pianistisch sehr anspruchsvollen, bislang unveröffentlichten ­Fugen von Fröhlich, der darin ein Thema aus Bachs «Wohltemperiertem Klavier» zitiert, haben die beiden kürzlich als Ersteinspielung auf der Doppel-CD «Piano Discoveries» (Prospero) festgehalten.

Das ungarisch-schweizerische Klavierduo Adrienne Soós und Ivo Haag. (Bild: Irene Zandel)

Meilenstein des Kontrapunkts
Mit seinen effektvollen Transkriptionen und heute umstrittenen Editionen von Bachs Klavierwerken erzielte Busoni weltweite Berühmtheit. Als ­Visionär sah er im «Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst» (1907) Mikrotöne voraus, als Komponist entwickelte er, besonders stark von Bach und Mozart geprägt, eine neue Klassizität. Von seinem Ringen um formale Klarheit und um kontrapunktische Meisterschaft zeugt kein Werk so plastisch wie die in vier Fassungen überlieferte, ausgesprochen monumentale «Fantasia contrappuntistica» (1921) mit dem Untertitel «Choralvariationen über ‹Ehre sei Gott in der Höhe›», danach folgt eine Quadrupelfuge über ein Bach-Fragment.

Aargauer Busoni-Schüler
Der als Sohn einer Deutschen und eines Italieners in der Nähe von Florenz geborene und als angesehener Komponist, Pianist, Bearbeiter, Musiktheoretiker, Herausgeber und Klavierpädagoge in Berlin gestorbene Musiker Ferruccio Busoni lebte während des Ersten Weltkriegs in Zürich. Mit seinen vorwiegend Bach, Mozart, Beethoven und Liszt gewidmeten Konzerten in der Tonhalle übte er einen grossen Einfluss auf jüngere Generationen von Pianistinnen und Pianisten aus. Damals pflegte er auch Kontakte zu seinem Berufskollegen Hans Huber in Basel, dessen «Präludien und Fugen in allen Tonarten für das Pianoforte zu vier Händen» op. 100 vom Duo Soós-Haag vor einem Vierteljahrhundert erstmals auf CD eingespielt wurden.

Als Busoni in Berlin von 1920 bis 1924 die legendäre «Meisterklasse für musikalische Komposition» an der Preussischen Akademie der Künste leitete, zählten neben Kurt Weill und Wladimir Vogel zwei Musiker mit ­Aargauer Wurzeln zu seinen wenigen Schülern: Robert Blum, der mit Filmmusik bekannt wurde und spätere ­Dirigent der Orchestergesellschaft Baden, und Walther Geiser, der in ­Zofingen geborene Komponist und Bach-Chorleiter.

Sonntag, 14. Dezember, 16 Uhr
Einführung von Hans-­Joachim Hinrichsen, 15.15 Uhr
Aula Margeläcker, Wettingen,
w-kk.ch