Sogar Fasnacht ist nicht heilig

Das Parlament sagt im Grundsatz Ja zu einem umweltverträglichen Wachstum und zu weiteren Aufwertungen der städtischen Freiräume.
Einladend ist anders. Die Passage vom Bahnhof zum Schlossbergplatz soll punkto Aufenthaltsqualität den Charakter eines Platzes bekommen. (Bild: bkr)

Baden – Mit etwa 7000 neuen Einwohnerinnen und Einwohnern muss die Stadt Baden bis 2040 rechnen. Davon gehen die Wachstumsszenarien des Kantons aus. Wie sollen diese Menschen untergebracht werden? Bauliche Verdichtung bestehender Quartiere ist eine Lösung, die jedoch an ihre Grenzen stösst, wie in der letzten Einwohnerratssitzung des Jahres mehrfach festgestellt wurde.

Diskutiert hat man Fragen rund um das Turgemer Wohnentwicklungsgebiet am Bahnhof und die Genehmigung eines Masterplans, der den Weg für die Einzonung des Galgenbucks in Dättwil ebnen soll. Auch wenn in Turgi Fragen offen sind, und die Zahl der raumplanerisch gewollten Verdichtung des Neubauareals deshalb zwischen 650 und 800 Personen schwankt, wird hier in absehbarer Zeit gebaut.

Drohender Verkehrskollaps
Anders auf dem Galgenbuck in Dättwil. Tobias Zeier (GLP) als Sprecher der Finanzkommission (Fiko): «Ob dieses Gebiet je eingezont werden kann, ist derzeit eine offene Frage.» Zeier spricht die Erschliessung an. 2200 neue Einwohnerinnen und Einwohner – das entspricht einem veritablen Dorf mit der Bevölkerungszahl von Mägenwil oder Remetschwil. Wie können die Transportbedürfnisse der neuen Dättwilerinnen und Dättwiler erfüllt werden? Die Mellingerstrasse in Richtung Autobahn gehört mit ihren 27 000 Fahrzeugen pro Tag bereits heute zu den meistbefahrenen Strassen im Aargau. Damit es nicht zum Verkehrskollaps kommt, will der Kanton für die Einzonung des Galgenbucks erst grünes Licht geben, wenn eine Erschliessungslösung gefunden ist, die den erwarteten Mehrverkehr markant ab­federt.

Eine autofreie Siedlung? Ist eine solche für Grundeigentümerinnen und Bauherren wirtschaftlich interessant? Aus diesen und anderen Gründen befürwortete der Rat den Weg über einen 750 000 Franken teuren Masterplan, der die Verkehrsfrage als Sollbruchstelle definiert. Kommt es hier zu keiner Lösung, verschwindet das Erschliessungsvorhaben Galgenbuck – wie bereits für viele Jahre – wieder in den Schubladen der Planerinnen und Planer. 

Badener Steine aus Portugal
Als weitere Geschäfte standen die ­Sanierung des Cordulaplatzes und der südlichen Bahnhofstrasse auf der Traktandenliste, welche die Aufenthaltsqualität eines Platzes bekommen soll. Tobias Zeier (GLP) lobte letzteres Projekt namens der Fiko als «ge­lungene Lösung, indem die neu kon­zipierte Strasse den Bahnhof besser an die Altstadt anbindet». Claudia Frigo Mallien, ebenfalls GLP, sah im 2,315-Millionen-Franken-Projekt «eine Aufwertung der Stadt». Ins Auge gestochen ist ihr aber der für die Fussgängerbereiche gewählte Natursteinbelag. Dieser soll nicht mit einem einheimischen Stein, sondern mit Pedras Salgadas, einem Granit aus Portugal, ausgeführt werden – was mit umweltbelastenden Transporten verbunden ist.

Einen anderen Wermutstropfen in der Vorlage machte Alexandra Sterk (Mitte) aus. Die Zahl der Veloabstellplätze sinkt um 25 Prozent. Stadtrat Beni Steiner: «Die Wahl des Steins haben wir uns nicht einfach gemacht.» Der portugiesische Granit sei bevorzugt worden, weil er qualitativ gut und preislich attraktiv sei und er punkto Umwelt gar nicht schlecht abschneide. Die Reduktion bei den Veloabstellplätzen habe man vorgenommen, weil die SBB diesen aus Sicherheitsgründen nicht mehr Raum geben wollten. Dennoch: «Die Detailplanung ist nicht abgeschlossen.» Das Parlament vertraut dem Stadtrat und genehmigte den Kredit einstimmig.

Cordulaplatz ohne Fasnacht?
Um Steine – und um Bäume – ging es auch auf dem Cordulaplatz. Dieser soll im Zuge der Bauarbeiten am Fernwärmenetz der Regionalwerke mit grauen Steinen aus dem Alpnacher Steinbruch Guber gepflastert werden. Was geschieht mit dem bisherigen roten Porphyr? Werden die Steine irgendwo weiterverwendet? «Porphyr», mussten sich die Fragenden von Stadtrat Beni Steiner sagen lassen, «ist ein nicht sehr belastbarer vulkanischer Stein und kommt heute nur noch für Randabschlüsse zum Einsatz.»

Aus anderen Gründen zu Steinen des Anstosses wurden zwei geplante Bäume. Werden sie künftige Feiern auf dem Cordulaplatz behindern, oder muss gar die Badener Fasnacht auf einen anderen, weniger stimmungsvollen Platz ausweichen? Trotz Kritik und Befürchtungen: Der 550 000-Franken-Kredit wurde mit 30 gegen 24 Stimmen bewilligt.