Brugg – Bei strömendem Sommerregen geht es los, wir statten dem lauschigen Freudenstein-Park einen Besuch ab.
Fritz Senn (77) aus Brugg, der seit 76 Jahren hier lebt, liegt die Geschichte und die Gegenwart des Parks am Herzen. «Als Kind war der Park einfach da, ich lief täglich hier durch, da dies mein Schulweg war», erzählt der pensionierte Arzt, der damals die Schulen Freudenstein, Stapfer und Hallwyler besuchte. «Den Park nahmen wir Kinder als Wald wahr, als unseren Spielplatz. An heissen Sommertagen hielten unsere Lehrer die Schule in ihm ab, er diente als Freiluft-Schulzimmer. Hier suchten wir auch das Eichenlaub, welches die Buben nach dem Zapfenstreich, der traditionell im Freudenstein endet, mit dem Jugendfestschatz gegen eine ‹Granate tüüschlete›.»
Die Bedeutung des Brauches habe in den letzten Jahren sicher nachgelassen, nicht zuletzt durch den Wegfall des Kadettenunterrichts, sagt Senn. «Die historische Bedeutung des Parks wurde mir erst in den letzten ein bis zwei Jahren durch das Auffinden von alten Fotos und Ansichtskarten klar.»
«Unter kantonalen Schutz»
Fritz Senn interessiert sich für schöne Gärten, bezeichnet sich als Gartenliebhaber, der noch nie so etwas wie diesen Park gesehen hat. Er begann zu recherchieren, fand alte Ansichtskarten, Fotos und Pläne. Er las alle Beiträge in den Brugger Neujahrsblättern und suchte das Stadtarchiv auf.
Mit den Lokalhistorikern Titus Meier und Max Baumann nahm er genauso Kontakt auf wie mit dem Brugger Stadtrat, der bis Ende August 2025 über eine kantonale Unterschutzstellung entscheiden will. Der kantonale Denkmalschutz wurde ebenfalls miteinbezogen: «Der Austausch mit den beiden Historikern und den Ämtern spornt mich an. Mein Wunsch ist, dass der Freudenstein-Park unter kantonalen Schutz gestellt wird. Ähnliche Parks im In- und Ausland stehen bereits unter Schutz, also wäre das auch für dieses Bijoux angebracht», findet er.
«Der Park ist ein historisches Baudenkmal. Ein Wäldchen, welches auf Malmkalkschichten des Brugger Berges liegt, an die Aareschlucht grenzt und verschiedenste Bäumen wie Eichen-, Ahorn-, Linden- und früher auch Kastanienbäume beheimatet. Selten findet man einen Park an einer Hanglage», erklärt Senn. Die vielen Wege sind architektonisch strukturiert und seitlich durch Bruchsteine aus Kalk begrenzt. Der Park ist auf unterschiedlichen Ebenen gestaltet und verbunden durch Treppen oder steile Wegverbindungen. Das «Känzeli» mit zwei Sitzbänken ist am tiefsten Punkt etwas versteckt gelegen. Es gibt die Sicht auf die Aareschlucht, welche seit 1996 als Naturdenkmal mit nationaler Bedeutung klassiert ist, und die rauschende Aare frei.
Leider zeigt sich das «Känzeli» wie der ganze Park als beliebt bei herumhängenden Personen: Unmengen an Abfall, meist Kiffer-Utensilien, Bierdosen, Weinflaschen und leere Energydrinks, zeigen klar, was für Leute den schönen Park missbrauchen. Deshalb ist es wichtig, dass er häufig von anderen Bevölkerungsschichten genutzt und belebt wird. Aktuell wird der Abfall jeden Tag von den Schulhaus-Abwarten weggeräumt, dabei sollte es gar nicht erst soweit kommen, dass hier Littering, also das achtlose Wegwerfen von Abfall, so zelebriert wird.
Die Geschichte des Parks
«Früher wurde hier Bohnerz abgebaut. Dies wurde bereits 1740 dokumentiert. Später gab es einen Steinbruch. Durch die schlechte Erschliessung und verbesserte Transportmöglichkeiten dürfte der Steinbruch bald unrentabel gewesen sein, denn er wurde bald durch die Brugger Bürger als Schutthalde benutzt», erzählt Senn.
Realisiert wurde der Freudenstein-Park, der vorher einfach ein verwildertes Wäldchen war, 1893 von der Gemeinde Brugg unter dem studierten Forstverwalter Rudolf Geissberger. Er plante die Oase als Ruheplatz für Erwachsene. Kinder durften nur in Begleitung von Erwachsenen in den Park, dies mit der Begründung, dass in der Gegend genügend andere Tummelplätze zu finden seien. Ein solcher Park würde sicher auch heute auf grosses Interesse stossen.
Bereits 1884 fanden sich erste Hinweise für den zukünftigen Park. Der Brugger Stadtrat bat die Erwachsenen, zukünftig ihre Kinder von Beschädigungen der platzierten Ruhebänke, Kastanien- und Lindenbäume sowie Hecken abzuhalten. Es scheint, dass schon vor hunderten Jahren alles gleich war wie heutzutage.
Eine lauschige Atmosphäre
Der engagierte Forstverwalter Rudolf Geissberger ermöglichte 1895 einen Teichbau im unteren Teil des Parks. «Damals wurde er mit Wasser aus dem Pfarrgarten gespeist, der 180 Meter entfernt ist», so Fritz Senn. Das Plätzchen beim eingezäunten Teich hat eine spezielle Atmosphäre, da zusätzlich Wasser über einen begrünten Felsen in den Teich fliesst, einem kleinen Wasserfall gleich. Als Absturzschutz in die Aare steht an diesem Platz auch ein Teil des massiven, steinernen Geländers vom Obertorturm, der 1840 abgebrochen wurde. Die Masswerkbrüstung wurde wahrscheinlich beim Neubau des Obertorturms um 1574 gebaut und bereits 1905 wie viele andere Details in den Park gebracht.
1912 wurde der sogenannte Schützenbrunnen, der 1603 gebaut wurde, im Park aufgestellt. Zuvor stand er im Parterre des Schützenhauses. «1980 siedelte man den Brunnen auf das Eisi um, ich verstehe nicht, warum. Er passte gut in den Park», zeigt sich Senn enttäuscht. Zwei Brugger Grenzsteine befinden sich als Monumente ebenfalls im Park.
Klar geregelter Unterhalt
Der Unterhalt des Parks war schon immer klar geregelt. In einer Anweisung von 1895 steht, dass ohne Erlaubnis des Forstverwalters von Akkordarbeitern keine stärkeren Äste entfernt werden dürfen. «Junge Bäume sind, so lange es nötig erscheint, mit starken Baumstangen zu versehen und gut anzubinden», ist da etwa zu lesen. Eine Pflege, die man sich heute in Pärken und an bepflanzten Plätzen manchmal wünschen würde. 1936 wurde der Park, der damals bis zum Hallwyler-Schulhaus reichte, verkleinert. Dies, um die Turnhalle Hallwyler bauen zu können. Von der Bevölkerung wurde dies teilweise nicht verstanden, was absolut nachvollziehbar ist, da man sich den Freudenstein-Park weiterhin grosszügig und unberührt wünschte.
«Der Park wurde in den letzten Jahren etwas vernachlässigt. Seitdem ich interveniert habe, pflegt der Werkdienst der Stadt Brugg unter Jonas Stucki ihn verstärkt. Die Baumpflege, die Säuberung des Teiches und die Sanierung der Trockenmauern wurden bereits erledigt. Ich bin Mitglied im Kiwanis-Club Brugg, dort habe ich im Juni zwei Pflegeaktionen organisiert. Das Ziel war, nichts zu verändern, das Denkmal zu erhalten und zu pflegen. Im September folgen bereits zwei weitere Pflegeaktionen», berichtet Senn über die aktuelle Situation.
Bei diesem Engagement verschiedener Menschen kann auf dem Weg zum neu erstrahlenden Bijou nichts schiefgehen.
Führung durch den Freudenstein-Park:
Samstag, 23. August, 10 Uhr,
Westecke Hallwyler-Turnhalle
Anmeldung: tourismusbrugg.ch