«Es ist wichtig loszulassen»

Röbi Koller erzählt, warum die Zeit reif war, seine Fernsehkarriere an den Nagel zu hängen – und was ihm heute wichtig ist.
«Ich würde fast alles wieder gleich machen»: Röbi Koller kommt nach Lupfig. (Bild: zVg | Oscar Alessio)

Lupfig – Röbi Koller erzählt Episoden aus seiner langjährigen Fernsehkarriere.

Guten Morgen, Röbi Koller. Es ist vor 8 Uhr, und Sie sind bereits unterwegs nach Aarau zu einem Veranstalter. Haben Sie ein Ritual, um morgens in die Gänge zu kommen?
Kalt duschen (lacht). 

Was hat Sie diese Woche besonders gefreut? 
Meine Frau und ich sind mit einem Camper durch ganz Deutschland bis an die Ost- und die Nordsee gefahren. Es war wunderbar.

Was hat Sie in den letzten Tagen ­geärgert? 
Noch nicht viel. Grundsätzlich ärgere ich mich, dass man beim Telefonieren zunehmend auf eine Kunden-Hotline geschaltet wird und keine direkte Ansprechperson mehr hat. Oder dass die Zeitungen immer dünner werden. Journalismus ist den Leuten offenbar nicht mehr viel wert. Das bedaure ich sehr.

Am 6. September treten Sie im ­Altersheim Haus Eigenamt in Lupfig auf. Was darf das Publikum erwarten?
Ich werde aus meinem Buch «Backstage» lesen und dazu persönliche Geschichten aus meinem Alltag erzählen.

«Backstage» erschien letzten April und rangierte in den Top Ten der Sachbuchliste. Was immer Sie an­packen, scheint von Erfolg gekrönt zu sein. Haben Sie in Ihrem Leben schon einmal einen Flop gelandet?
Es gab immer wieder Projekte oder Ideen, die gescheitert sind. Wir wollten zum Beispiel am Anfang von «Happy Day» auch Comedy in der Sendung einbauen und mussten einsehen, dass es nicht funktioniert. Man gerät immer wieder einmal in eine Sackgasse. Trotzdem ist es für mich wichtig, Neues auszuprobieren und ab und zu ein Risiko einzugehen. Misserfolge gehören zum Leben und haben mich stets weitergebracht.

Sie haben nach 18 Jahren und 86 Sendungen mit «Happy Day» aufgehört. Ist Ihr Motto «Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist», oder gab es einen anderen Grund?
Es ist besser, aufzuhören, solange man noch selbst merkt, dass die Zeit dafür reif ist. Wenn dir das andere sagen müssen, ist es zu spät. Alles im Leben ist endlich. Ein Ende kann im Moment schmerzhaft sein, bietet aber auch Chancen, etwas Neues anzufangen. Es ist wichtig, loslassen zu können.  

Ein Markenzeichen von Ihnen ist Ihre Ruhe und Gelassenheit, die Sie in Ihren Sendungen immer ausstrahlten. Gab es Situationen, in denen Sie Blut und Wasser geschwitzt haben?
Ja, immer wieder. Überraschungen funktionierten nicht, weil das Wetter nicht mitspielte. Oder es wurde dunkel, und wir konnten nicht mehr drehen. Es gab unzählige Situationen, die das Nervenkostüm ganz schön strapazierten. Aber ich war ja nicht allein und hatte ein tolles Team im Rücken.

Welcher «Happy Day»-Gast hat Sie besonders beeindruckt?
In der allerersten Sendung hatten wir den Weltstar Michael Bublé zu Gast. Das war aussergewöhnlich. Aber mich beeindruckten vor allem die Menschen, die Schicksalsschläge erlitten und trotz widriger Umstände positiv blieben. Sie haben mich gelehrt, etwas demütiger durchs Leben zu gehen.

Gibt es ein Schicksal, das Sie bis heute beschäftigt?
Mehrere. Wir bekamen oft Geburts- und Heiratsanzeigen, aber leider ebenfalls Todesnachrichten von Leuten aus unseren Sendungen. Das war jedes Mal ein Schock.

Wie könnte man Röbi Koller einen «Happy Day» bescheren?
Ich habe viele «Happy Days». Grundsätzlich reicht mir ein gutes Essen, ein Treffen mit Freunden oder ein gutes Buch. Es gibt viele Möglichkeiten, ohne grossen Aufwand glücklich zu sein. Ich finde es wichtig, nicht ständig dem vermeintlichen grossen Glück hinterherzujagen, sondern das wertzuschätzen, was man hat. 

Sie sind eine öffentliche Person – gehören sozusagen zum «Schweizer Kulturgut». Nervt Sie das manchmal?
Nein. Ich kann mich gut abgrenzen. Die Leute sind in der Regel ja nett und nicht aufdringlich. Und sie geben mir viel zurück. Das weiss ich zu schätzen. 

Welche Privilegien geniessen Sie als prominente Person?
Ein grosser Vorzug ist das breite Netzwerk an Menschen in verschiedensten Fachgebieten, die ich mittlerweile kenne. Dadurch kann ich öfter als viele andere auf eine persönliche Beratung oder Unterstützung bei einer Sache hoffen. Ein grosses Privileg ist natürlich die Freundlichkeit, die mir entgegenkommt. Aber es ist ein Geben und Nehmen, und es hat viel damit zu tun, wie man selbst auf die Leute zugeht. 

Was wäre Ihr Traumberuf gewesen, wenn Sie keine Fernsehkarriere ­gemacht hätten?
Wenn ich jetzt nochmals anfangen könnte, fände ich einen handwerklichen Beruf wie Schreiner sehr schön. Als Kind wollte ich Pilot oder Musiker werden. 

Über was definieren Sie sich neben dem Beruf?
Über meine Familie und meine Freunde. Sie sind diejenigen, die mich unterstützen und deshalb ganz wichtige Grundpfeiler in meinem Leben sind. 

Haben Sie Zukunftspläne?
Ich versuche, einen vernünftigen Lebensstil zu pflegen und gesund zu bleiben. Zudem wäre es schön, noch ein paar gute Projekte an Land zu ziehen. Diesen Herbst gehe ich auf Tournee mit meiner Überraschungsshow «Zugabe I» und beschere dem Publikum einen Abend mit Überraschungen. Vor allem aber möchte ich meine Agenda nicht sinnlos füllen, aus lauter Angst, dass nichts mehr läuft. Das ist für viele Menschen im Pensionsalter eine echte Herausforderung.

Worauf sind Sie im Rückblick ­besonders stolz?
Dass ich auch in schwierigen Situationen nicht aufgab und dranblieb. Die 18 Jahre «Happy Day» und davor 6 Jahre beziehungsweise 200 Sendungen «Quer» waren oft enorm anstrengend. Aber es war alles in allem eine tolle Zeit. 

Was würden Sie anders machen?
Ich würde fast alles wieder gleich machen. Je ne regrette rien (lacht).

Haben Sie ein Lebensmotto?
Ich bin grundsätzlich positiv eingestellt und gebe jedem Menschen eine Chance. Das hat sicher auch mit meiner Kindheit zu tun. Meine Mutter musste wegen ihrer Kinderlähmung viele Herausforderungen im Leben meistern und war trotzdem stets optimistisch.