Wettingen – In Wettingen klaffen Einnahmen und Ausgaben auseinander. Im regionalen Vergleich treffen unterdurchschnittliche Steuereinnahmen seit geraumer Zeit auf steigende Ausgaben. Den Steuerfuss nach oben anpassen? In den letzten fünf Jahren haben die Stimmberechtigten drei Mal Nein zu höheren Steuern gesagt. Grosse Posten für Einsparungen hat der Gemeinderat in seinem Entwurf zum Voranschlag 2026 nicht gefunden – aber die Möglichkeit, Werte von Liegenschaften nach oben zu korrigieren und so den Budgetausgleich zu erreichen.
Mutloses Budget
Auf Begeisterung stiess das weder in der Finanzkommission (Fiko) noch im Plenum des Einwohnerrats, wo der Budgetentwurf als «mutlos» bezeichnet wurde. Adrian Knaup (SP), Präsident der Fiko: «Aus finanzieller Sicht würde sich eine Steuerfusserhöhung aufdrängen.» Seine Kommission hat im Budget durchaus kleinere Einsparungsmöglichkeiten gefunden: Elf Positionen mit einem Gesamtbetrag von 280 000 Franken. Darunter eine Kürzung um 100 000 Franken beim Projekt «Verwaltung 2030». In dessen Rahmen sollte unter anderem geprüft werden, ob bei einer Sanierung des Rathauses diesem ein sechstes Stockwerk aufgesetzt werden könnte. Markus Zoller, Fraktionspräsident der Mitte, bezeichnet das Vorhaben als «Blackbox» und beantragte, die ganzen 300 000 Franken zu streichen, was eine Ratsmehrheit auch tat.
Stichentscheide des Präsidenten
Benötigen die Einwohnerdienste zusätzliche 15 Stellenprozent? Der Gemeinderat forderte sie vor dem Hintergrund des Bevölkerungswachstums. Die Mitte sprach sich dagegen aus. In der Abstimmung kam es zu einem Patt von 23 zu 23 Stimmen, und Ratspräsident Christian Oberholzer (SP) genehmigte die Personalaufstockung per Stichentscheid. Zu einem solchen kam es zudem bei einem anderen Antrag der Mitte. Mit ihm sollten die Beiträge an Kulturinstitutionen um 10 000 Franken gekürzt und dieses Geld dem Bereich Sport zur Verfügung gestellt werden – wozu Oberholzer Nein sagte. Andrea Kleger (GLP) machte beliebt, den Sparstift bei der IT ansetzen, Martin Fricker (SVP) bei der Entschädigung von Nebenämtern der Lehrerschaft. Beides wurde abgelehnt – Frickers Antrag durch einen erneuten Stichentscheid des Präsidenten. Die Fraktion SP/Wettigrüen setzte den Hebel bei den Einnahmen an und beantragte eine Erhöhung des Steuerfusses auf 98 Prozent. Unterstützung fand das einzig bei der EVP und scheiterte an der Mehrheit der bürgerlichen Parteien.
Am zweiten Abend der Doppelsitzung des Einwohnerrats standen unter anderem zwei Kreditbegehen auf der Traktandenliste. Die Anschaffung eines neuen Höhenrettungsfahrzeugs der Feuerwehr für 1 Million Franken, an die das Versicherungsamt einen Beitrag von 300 000 Franken leistet, und die Sanierung der Jurastrasse mit Totalkosten von 2,6 Millionen Franken («Rundschau» vom 9. Oktober). Beim Feuerwehrauto wollte man kein Risiko eingehen und genehmigte den Kredit.
Jurastrasse zurückgewiesen
Bei der Jurastrasse war im Rat einzig das hohe Alter der Wasserleitungen unbestritten. Bereits die Fiko sprach sich mit 4 zu 2 Stimmen für eine Rückweisung des Geschäfts aus. Fiko-Sprecherin Ema Savic (Wettigrüen): «Kritik wurde im Rahmen der Neugestaltung der Strasse an der Aufhebung von Parkplätzen geübt. Das insbesondere, weil Wettingen noch nicht über ein Parkierungskonzept verfügt.» Robin Rast (SVP) sprach von einer «grünen Velo-Wokeness» und meinte neben den Parkplätzen auch die geplante Geschwindigkeitsreduktion auf 30 Kilometer pro Stunde: «Es handelt sich hier um kurzes Strassenstück, umgeben von Tempo 50 – hier eine 30er-Zone zu schaffen, ergibt wenig Sinn.» Stephan Williax (FDP) fand, «der Abbau von Parkplätzen in einem Quartier mit wachsender Wohnnutzung ist ein gröberer Eingriff in die Mobilität».
Entlang der Jurastrasse sollen sechs Einfamilienhäuser der Überbauung «Drei Könige» weichen. Zwischen der Gestaltung der Strasse und diesem Projekt gibt es Zusammenhänge. Simona Nicodet (Mitte): «Eine Kooperation mit einem privaten Investor darf nicht dazu führen, dass öffentliche Mittel und Planungen beeinflusst werden.» Während sich die GLP unschlüssig zeigte und Stimmfreigabe beschloss, standen SP und Wettigrüen hinter der Vorlage, die vom Rat mit 24 zu 21 Stimmen zurückgewiesen wurde.
Zum Glück blieb die kommunale Gewässerraumplanung unbestritten. Zum Glück deshalb, weil ohne sie der Einwohnerrat im Dezember im Rahmen einer Sondersitzung die neue Bau- und Nutzungsordnung nicht behandeln könnte. Das eidgenössische Gewässerschutzgesetz verpflichtet, die Gewässerräume festzulegen und in der Richt- und Nutzungsplanung zu berücksichtigen. Die Arbeit des Gemeinderats wurde in kurzen Wortmeldungen aus den Fraktionen gelobt.