Nicht überall kommt das Christkind

Guetsliduft und Kerzenschein: Weihnachten steht kurz bevor und gilt in der Schweiz vor allem als wichtiges Familienfest. Welche Traditionen pflegen unsere Nachbarländer an diesen Festtagen?
Der Guetzliduft erfüllt an Weihnachten so manche Stube. Bild: Archiv

Weihnachten – Für viele Menschen ist die Weihnachtszeit mit all ihren Traditionen und Bräuchen das beliebteste Fest des Jahres. Seine religiöse Bedeutung spielt heutzutage eine eher untergeordnete Rolle. Im Laufe der Zeit hat sich Weihnachten mehr und mehr zu einem Familienfest etabliert, an dem man einfach in geselliger Runde eine gute Zeit verbringt. In unseren Nachbarländern Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und Liechtenstein werden die Festtage zwar ähnlich begangen wie in der Schweiz, einiges ist aber besonders in kulinarischer Hinsicht anders und variiert von Ort zu Ort. 

Ursprung des Christbaums
Eines der wichtigsten Symbole von Weihnachten hat einen deutschen Ursprung: der Weihnachtsbaum. Er führt auf einen heidnischen Brauch der Germanen zurück, die zur Wintersonnenwende sogenannte Wintermaien in ihren Heimstätten aufhängten. Die grünen Zweige symbolisierten das immerwährende Leben und boten Schutz gegen mächtige Wintergeister. Erste Berichte über geschmückte Bäume stammen aus dem Jahr 1419 aus Freiburg im Breisgau, wo Bäcker einen Baum mit Naschwerk behängten, den die Kinder an Neujahr ernten durften. Der erste Weihnachtsbaum, wie er in heutiger Form bekannt ist, stand aber wahrscheinlich im 16. Jahrhundert im Elsass. Kulinarisch ist der einfache Kartoffelsalat mit Würstchen in Deutschland der unumstrittene Favorit für den Heiligabend. Es wird angenommen, dass dieses einfache Gericht auf die Armut von Maria und Josef hinweisen soll. Ein weiterer beliebter Klassiker ist die Martinsgans, die am ersten Weihnachtsfeiertag serviert wird. An St. Martin wurde als letzte üppige Mahlzeit vor der adventlichen Fastenzeit eine Gans gegessen. Die Weihnachtsfastenzeit hat zwar heute kaum noch Bedeutung, aber die Tradition des Gänsebratens hat sich gehalten. Ein klassisches Festmahl in deutschen Landen ist auch der Weihnachtskarpfen. 

Vorreiterrolle
Weinachten in Liechtenstein wird im Grossen und Ganzen mit Bescherung am 24. und Familienfesten am 25. und 26. Dezember wie bei uns und in den Nachbarländern gefeiert. Der viertkleinste Staat Europas hat mit der Veranstaltung «Weihnachten für Alleinstehende» aber eine Vorreiterrolle bei der Bekämpfung von Einsamkeit an Heiligabend eingenommen. Jedes Jahr wird im Treff am Lindarank in Schaan ein festliches Beisammensein für alle Menschen organisiert, die nicht allein sein möchten. Das Projekt erhält Unterstützung von lokalen Freiwilligen, der Vorsteherkonferenz der Gemeinden und Sponsoren, die ein gemeinsames Essen, Unterhaltung und Geschenke ermöglichen. Besonders gern wird an Weihnachten das typische Liechtensteiner ­Nationalgericht Käsknöpfle (Spätzli mit Käse und karamellisierten Zwiebeln) serviert.

Weihnachten Sonderthema

Torrone aus Italien

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Gansl und Blutwurst
Das Weihnachtsessen ist auch in Österreich für viele das Highlight der Weihnachtszeit. In den Burgenländern gibt es oft Gansl mit ­Rotkraut und Erdapfelknödeln. In Kärnten Selchwürstel, Sauerkraut und Schwarzbrot. Viele Familien essen an Heiligabend Fisch wie zum Beispiel Karpfen. Besonders deftig geht es in Tirol zu. Der Schweinsbraten gehört dort einfach dazu, aber ebenso Würstel und Blutwurst. Als eher skurriler Brauch zählt in der Vorweihnachtszeit der Krampus-Lauf. Am 5. Dezember ist es in Österreich Tradition, im gruseligen Krampus-Kostüm mit grossen ­Glocken möglichst viel Lärm zu machen und Passanten zu erschrecken. 

Geschenke vom Père de Noël
Der Heiligabend ist in Frankreich kein Feiertag, und die Geschäfte haben im Normalfall bis 18 oder 20 Uhr geöffnet. Erst mit der Mitternachtsmesse beginnt der Zauber des Weihnachtsfestes. Das klassische Weihnachtsessen ist ein mit Kastanien gefüllter Truthahn oder ein Kapaun mit Pflaumen. Dazu gibt es oft Foie gras oder Austern. Ebenfalls auf den Speiseplan gehört in Frankreich rund um Weihnachten der Bûche de Noël (Weihnachtsbaumkuchen). Er geht auf den Brauch zurück, dass am Weihnachtsabend ein Baumstamm verbrannt und dessen Asche auf den Feldern verteilt wurde. Das sollte eine gute Ernte bringen. Die Geschenke bringt der Père de Noël und nicht wie bei uns das Christkind. Die Bescherung findet üblicherweise am 25. Dezember in der Früh statt, nachdem der Weihnachtsmann die Geschenke in der Nacht unter den geschmückten Baum gelegt hat. In der Provence wir oft ein opulentes Weihnachtsmenü mit 7 Haupt- und 13 Nachspeisen zu­bereitet. Es soll Glück bringen, wenn man von jedem Dessert etwas probiert. 

Weihnachtshexe Befana
Moderne Traditionen, verbunden mit Über­resten aus römischer Zeit, kennzeichnen die Feiern von Natale, dem italienischen Weihnachten. Am 8. Dezember wird das «Hochfest der Unbefleckten Empfängnis» gefeiert. Ab diesem Tag werden Weihnachtsbäume und Krippen aufgestellt. An Heiligabend wird die Christmesse besucht. Das traditionelle Weihnachtsessen besteht aus Meeresfrüchten und Süssigkeiten wie den typischen italienischen Weihnachtskuchen Pandoro, Panettone oder Torrone (weisser Nougat). In einigen Teilen Italiens werden die Geschenke vom Christkind an Heiligabend gebracht, in anderen erst von der guten Hexe Befana, einer alten Witwe, am Dreikönigstag. Sie ist eine berühmte Figur aus dem italienischen Volksglauben, die jedes Kind kennt. Den Braven unter ihnen bringt sie Süssigkeiten und Geschenke. Unartige werden mit Asche und Kohle bestraft. Selbstverständlich handelt es sich dabei aber nie um echte Kohle, sondern um schwarz gefärbte ­Zuckermasse, die wie echte Kohle aussieht.