Künstlerin mit klarer Handschrift

Die junge Kunstschaffende Isabelle Morton zeigt ihre Werke bei der «Auswahl 25». Sie verbindet Zeichnung, Raum und Experiment.
Die Werke von Isabelle Morton sind zurzeit in Aarau zu sehen. (Bild: Frano Karlovic)

Ehrendingen – Im Aargauer Kunsthaus läuft noch bis zum 18 Januar 2026 die Jahresausstellung «Auswahl 25». 164 Kunstschaffende hatten sich beworben, 50 Positionen wurden ausgewählt, 10 davon erhielten einen Werk- oder Förderbeitrag. Unter den Ausgezeichneten: die junge Kunstschaffende Isabelle Morton aus Ehrendingen. Sie erhält einen Förderbeitrag von 10 000 Franken und ist die Jüngste der diesjährigen Geehrten.

«Ich war positiv überrascht, als mir mitgeteilt wurde, dass ich einen Förderbeitrag erhielte», reflektiert die ambitionierte Künstlerin. «Es ist ein Zeichen dafür, dass man mein Potenzial erkennt und an mich glaubt. Die Auszeichnung ermutigt und unterstützt mich zudem, meinen künstlerischen Weg intensiv weiterzugehen.» 

Ein Moment in ihrer Jugend markierte den Beginn ihres künstlerischen Wegs: Ihr damaliger Lehrer im Fach Bildnerisches Gestalten ermutigte sie und eröffnete ihr erstmals die Vorstellung, dass Kunst ein Beruf sein könnte. Von da an verbrachte sie viele Stunden mit Papier und Stift und näherte sich dem Zeichnen als einem Prozess des Suchens, des Verdichtens und des Weglassens – ohne zu ahnen, dass sich so bereits ihre eigene Bildsprache formte. Stets gab es diese Neugier, die sie antrieb und die sie bis heute trägt.

Von Zürich nach London
2018 schreibt sich Isabelle Morton für den Vorkurs an der Zürcher Hochschule der Künste ein. Ein Jahr später zieht die Ehrendingerin nach London und absolviert ein dreijähriges Bachelorstudium am renommierten Camberwell College of Arts. Ihren Kunstschwerpunkt legt sie auf das Zeichnen. Zurück in der Schweiz ergreift sie die Chance und macht ein einjähriges Praktikum in der Galerie Francesca Pia in Zürich, was sie rückblickend als bahnbrechend und höchst aufschlussreich sieht.

Isabelle Morton kommt in Kontakt mit namhaften internationalen Kunstschaffenden, blickt hinter die Kulissen und erfährt, was es zwingend braucht, um eine Galerie überhaupt zu führen. «Ich vertiefte praxisnah mein Wissen über zeitgenössische Kunst, die Galerieabläufe und die beruflichen Rahmenbedingungen für Künstlerinnen, und ich nutzte die Gelegenheit, über den berühmten Tellerrand hinauszublicken», erzählt die sympathische Frau. Noch heute ist sie freundschaftlich mit den Galerieverantwortlichen verbunden.

Im Anschluss an das Praktikum drückt Isabelle Morton ein zweites Mal die (Kunst-)Schulbank und macht die Ausbildung zum Master of Fine Arts, erneut an der Zürcher Hochschule der Künste. Diesen Sommer hat sie die Ausbildung abgeschlossen. Derzeit arbeitet die 27-Jährige in der Kunsthalle Winterthur als Assistenzkuratorin. Sie laufe und lebe teilweise wie auf zwei Ebenen, bestätigt ­Isabelle Morton. Die Tätigkeit als ­Kuratorin beflügle und inspiriere sie gleichzeitig in ihrer eigenen Arbeit als Künstlerin. «Eine schöne Kombination», wie sie spontan zugibt.

Reduktion und Nachahmung. (Bild: Luca Klett)

Mit Bleistift und Papier
Isabelle Morton hat sich in ihrem künstlerischen Schaffen auf das Zeichnen spezialisiert – das sei eigentlich immer die Grundlage, wenn sie mit einer Arbeit beginne. Auf dieser Basis entwickeln sich Überlegungen und Reflektionen, wie man ihre Werke überhaupt wahrnimmt und in welchem Kontext diese stehen. Es gehe ins Räumliche, ins Szenografische über. Die Themen, denen sie nachgeht, sind von Überlagerungen und Wiederholungen durchzogen. Da wäre zum Beispiel dieses Tor beim Friedhof Sihlfeld, das sie als Ausgangsmotiv nimmt. Davon hat sie 50 Varianten hergestellt. Für eine entsprechende Weiterentwicklung benutzt Isabelle Morton schon einmal Spraydosen und arrangiert das vorgegebene Tormuster so ganz neu. Drei unterschiedliche Motive wurden schliesslich eingescannt und auf Papier gedruckt. So entstehen Collagen, und auch Linien und Flächen werden zu Räumen. Dieses Werk, das Isabelle Morton zurzeit an der «Auswahl 25» zeigt, heisst «Insider 1» und gehört zu einer Serie. Ausserdem rahmt Isabelle Morton ihre Bilder selten ein. Die ausgestellte Arbeit ist lediglich mit einem Museumsglas geschützt. Ein Rahmen würde zu sehr eingrenzen: «Meine Werke zeigen Übergänge, ohne Anfang und Ende.»

«Ausschliesslich mit den Händen»
Momentan richtet Isabelle Morton in einem Zürcher Vorort ihr Atelier ein. Sie sei eine eher strukturierte Künstlerin, und oft mache sie vor dem eigentlichen Arbeitsbeginn Skizzen oder ein Modell, um sich bildhaft auf den Prozess einzustimmen. «Ich arbeite ausschliesslich mit den Händen», ergänzt sie später, «und wenn ich Modelle vorher anfertige, wird gleich der räumliche und kompositorische Aufbau meiner Arbeit erfahrbar.»

Ihr künstlerisches Schaffen gleiche zwischendurch einem ganz normalen Arbeitstag. Kunst könne man nicht ­erzwingen, und auf Druck unbedingt etwas herstellen und produzieren zu wollen, funktioniere überhaupt nicht. Auch Stress sei ein sehr schlechter Begleiter. Sie höre oft Musik, so könne sie sich aus festgefahrenen Bahnen lösen. Ausserdem zieht Isabelle Morton ihre Arbeitskleidung an: eine Jeans und ein Werkhemd. Schliesslich könne es sogar vorkommen, dass sie auf ­allen vieren an ihren Werken tätig sei, und dann brauche sie unbedingt ­Bewegungsfreiheit, um ungehemmt arbeiten zu können. Weiter benötige sie immer einen Fokus, ein Ziel oder einen nächsten fixen Ausstellungstermin, auf den sie hinarbeiten könne. Einfach so Kunst zu machen, sei eher herausfordernd.

Ein neues Ziel hat die junge Künstlerin bereits angepeilt. Sie wird ab ­Februar 2026 ihre Werke im Kunsthaus Biel anlässlich der «Plattform 26» zeigen. Derzeit befindet sie sich gerade in Produktion, und das Lampenfieber wird täglich grösser. «Und das ist ganz gut so.»