Kommt Hitachi nach Wettingen?

Wettingen und der Kanton Aargau hoffen, dass Hitachi Energy neben dem Tägi ­seinen neuen Schweizer Hauptsitz baut.
Auf der Wiese entsteht bis 2035 vielleicht ein neuer Industriecampus von Hitachi Energy. (Bild: Archiv)

Wettingen – Das internationale Hightechunternehmen, das einen neuen Schweizer Hauptsitz in Wettingen prüft, ist ­Hitachi Energy. Gelüftet wurde das Geheimnis letzte Woche an der Versammlung der Ortsbürgergemeinde Wettingen. Nach Angaben der Aargauer Standortförderung handelt es sich um ein Vorhaben mit Investitionen in Höhe von mehreren Hundert Millionen Franken und der Schaffung von bis zu 3000­Arbeitsplätzen. Die Standortförderung führt seit zwei Jahren Gespräche mit dem Weltkonzern, der 2021 aus dem Joint Venture zwischen Hitachi und ABB Power Grids hervorging und seit Ende des Jahres 2022 vollständig zu Hitachi Ltd. gehört. Hitachi Energy beschäftigt rund 45 000 Mitarbeitende in 90 Ländern. Derzeit ist das Unternehmen an mehreren Standorten im Aargau vertreten, so in Wettingen, Baden und Untersiggenthal.

Geplant ist die Errichtung eines neuen Campus auf zwei Parzellen mit insgesamt ungefähr 100 000 Quadratmetern östlich des Sport- und Eventzentrums Tägi. Das Land gehört der Ortsbürgergemeinde Wettingen und soll im Baurecht mit einer Laufzeit von 75 Jahren abgegeben werden. In einer ersten Phase ab 2030 sollen rund 2000 Arbeitsplätze entstehen. In einer zweiten Phase, die bis etwa 2035 oder 2040 vorgesehen ist, soll die Zahl der Mitarbeitenden auf bis zu 3300 steigen. Neben Engineering-, Produktions- und Logistikbereichen will Hitachi Energy potenziell zen­trale Verwaltungsfunktionen an diesem Standort konzen­trieren.

Investition ins Ungewisse
Für die Realisierung des Vorhabens ist nach wie vor eine Umzonung des heute landwirtschaftlich genutzten Gebiets notwendig. Das bedingt Anpassungen im kantonalen Richtplan sowie im regionalen Sachplan und in der kommunalen Nutzungsplanung. Die Gemeinde Wettingen hat bereits zahlreiche vorbereitende Arbeiten angestossen, darunter 15 Teilprojekte zur planerischen und rechtlichen Vorbereitung.

Die Ortsbürgergemeinde hat dem Vorhaben im Grundsatz zugestimmt und die Erarbeitung eines Baurechtsvertrags ermöglicht. Für diese Arbeiten bewilligten die Ortsbürgerinnen und Ortsbürger einen Kredit von 100 000 Franken. Der definitive Baurechtsvertrag soll an einer ausserordentlichen Ortsbürgergemeindeversammlung im Januar zur Abstimmung vorgelegt werden.

Entscheid im Sommer
Das Projekt hat potenziell weitreichende Konsequenzen auf die Verkehrsinfrastruktur von Wettingen. Vorgesehen sind eine neue Bushaltestelle, Taktverdichtungen und Shuttle-Lösungen. Zudem strebt die Gemeinde an, die geplante S-Bahn-­Haltestelle Tägerhard bis spätestens 2035 gemeinsam mit dem Projekt zu realisieren, sodass der Campus über einen eigenen Bahnanschluss erschlossen ist. Ergänzend ist eine grosszügige Tiefgarage geplant, die ausserhalb der Bürozeiten auch Besucherinnen und Besuchern des Tägi zur Verfügung stehen soll. Mit der Tägerhard Kies AG, die durch das Bauvorhaben betroffen ist, wurde eine Vereinbarung zur Kompensation der entgehenden Kiesausbeute ausgearbeitet. Die fünf landwirtschaftlichen Pächter des Areals werden im Rahmen eines Informationsanlasses über die konkreten Auswirkungen informiert.

Für Wettingen wäre die Ansiedlung von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung, sofern der Steuersitz der Energiesparte von Hitachi ebenfalls in den Aargau verlegt wird. Die Gemeinde rechnet mit jährlichen Unternehmenssteuern von mindestens 10 Millionen Franken sowie zusätzlichen Einnahmen aus dem Baurecht. Trotz den umfassenden Vorarbeiten seitens Gemeinde und Kanton ist der Standortentscheid von Hitachi Energy weiterhin offen, Gespräche mit anderen Schweizer Standorten dauern an. Das Unternehmen will bis Mitte des nächsten Jahres entscheiden, ob in Wettingen gebaut wird und ob es tatsächlich seinen Hauptsitz von Oerlikon ZH in den Aargau verlegt. Wettingen und der Kanton Aargau setzen sich entsprechend intensiv dafür ein, den Zuschlag zu erhalten.