«Den Kindern ein Erlebnis ermöglichen»

Werner Fink (74) präpariert seit Jahrzehnten das Eisfeld neben dem Bachmattschulhaus und hofft, dass die Tradition weiterleben wird.
Trugen Eishockey-Duelle auf dem Eisfeld von Nussbaumen aus: Die EHC Nusshoppers. (Bild: zVg)

«Das Eisfeld gab es schon vor meiner Zeit. Eine meiner frühesten Erinnerungen ist aus der zweiten Klasse im roten Schulhaus. Damals befand sich das Eisfeld dort, wo heute das Gemeindehaus steht – das war früher der Pausenplatz. Wir sassen alle im Schulzimmer, und Herr Baldauf, der Badmeister vom Chrottebädli unten, kam den Weg hoch. Er hatte in der Nacht das Eisfeld gespritzt, und wir rannten alle zum Fenster und riefen: ‹Danke, Herr Bald­auf, danke fürs Eisfeld!› Das war in den 1950er-Jahren. Die Erinnerungen an das Eisfeld gehen bei vielen Einwohnern und Einwohnerinnen weit, weit zurück. Wir hatten damals die ‹Schruubedampferli›, so nannte man die Eisen, die man an die Schuhe anschraubte. Als wir älter wurden, so richtige ‹Löffel­buben› waren, haben wir die ‹Schruubedampferli› an höhere Schuhe montiert, damit sie nicht abfallen, mit Riemen und so. Wenn es ein Eisfeld gab, waren wir jeweils tagelang dort.

Und einmal bekam man dann richtige Schlittschuhe vom Christkindli zu Weihnachten, die nannten wir ‹Böde›. Ich kann mich erinnern, als ich die Schlittschuhe bekommen habe, gab es am 25. Dezember Eis – jemand hatte das in der Nacht gemacht. Und mein Kollege kam auch, denn auch er hatte Schlittschuhe unter dem Christbaum. Das waren Highlights, das war damals unsere Unterhaltung.

Etwas später wurde der Eishockeyclub ‹Nusshoppers› gegründet, dessen Mitglieder dann auch die Banden aufstellten. Auf dem Foto sieht man die Mannschaft in den 1960er-Jahren. Es gab den ‹Modehaus C+P Senn Cup›: Ennetbaden hatte eine Mannschaft, Brugg hatte eine, und man traf sich dann hier, um zu spielen. Das ganze Dorf war da, der Metzger hatte einen Wurststand. Es gab eine riesige Euphorie für das Eisfeld und auch für das Eishockey. Unsere Ausrüstung war nur sehr rudimentär, teilweise stopften wir sogar die ‹Schweizer Familie› oder Zeitungen in die Socken, um unsere Beine zu schützen. Es ist ein Wunder, dass auf dem Foto manche schon einen Helm tragen. Die Hockeystöcke waren aus Holz und mit gerader Schaufel.

Als wir in der Lehre waren, durften wir nachts draussen bleiben, wenn es ums Eisfeld ging. Wir schauten denjenigen ‹Spritzspezialisten› zu, die das Eis machten, und haben so das richtige, effiziente Spritzen gelernt. Teilweise haben wir auf der Bühne in der Turnhalle in den Spritzpausen geschlafen, abwechselnd Wasser gespritzt. Die Eltern waren froh, dass die Jungen etwas Gutes machen, und wir haben uns über eine Freinacht gefreut.

Ich kann mich auch an meine Schulzeit, an das Jahr 1963, erinnern, da gab es die ‹Seegfrörni› in Zürich; da durfte man nur noch alle zwei, drei Tage Wasser spritzen, weil es so trocken war, und auch die Beleuchtung durfte man nur reduziert in Betrieb nehmen – das gab es also alles schon einmal.

Zuerst hatten wir einen geteerten Platz. Leider hat die Sonne dann das Eis gleich weggeschmolzen. 1985 wurde das Gemeindehaus auf den bestehenden Teerplatz gebaut, den wir als Eisplatz nutzten. Am Eisfeld wollte man festhalten, und so konnte man erreichen, dass der heutige Kiesplatz geschaffen wurde. Damit der Platz gross genug wurde, versetzte man die Wiese des Kindergartens etwas zurück. Heute ist der Kiesplatz offiziell der Reserveparkplatz für Veranstaltungen im Gemeindesaal, offiziell aber auch der Pausenplatz der Schule – und im Winter, wenn die Bedingungen stimmen, eben das Eisfeld. Das Material, das man damals für die Bande verwendete, gibt es heute noch, es wird durch die Gemeinde gelagert. Der Baudienst stellt die Banden dann auf.

Die Zeit, in der das Eisfeld in Betrieb genommen werden kann, wenn das Wetter stimmt, ist von Anfang Dezember bis Ende Februar. Es gab Jahre, da konnte gar nichts gemacht werden, weil das Wetter nicht passte, und dann gab es Jahre, da konnten die Leute während 28 Tagen auf den Platz. Die Wetterprognose muss über rund fünf Tage einen Temperaturdurchschnitt in den Minus­graden haben, damit es gelingt.

Für neunzehn Tage Eisfeld wende ich rund hundert Stunden Arbeit auf. Das ist, auf die gesamte Zeit gerechnet, nicht so viel. Wenn die Temperaturen um minus 3 Grad sind, dauert es rund 20 Minuten zwischen den einzelnen Spritzvorgängen, bis das Wasser gefroren ist. Aber erst ab minus 8 Grad ist es möglich, das Eisfeld in einer Nacht zu präparieren. Sobald hier das Licht angeht und ich zu arbeiten beginne, kommen sehr bald schon die ersten Kinder, schauen über die Bande und fragen, wann das Eisfeld aufgeht. Wenn es dann offen ist, muss ich auch tagsüber oft dort sein und es hüten, da man es beispielsweise wegen der gesalzenen Strassen und Trottoirs nicht mit den Schuhen betreten darf. Die Leute halten sich grösstenteils an die Regeln; Probleme machen ohnehin nicht die Kinder, sondern grundsätzlich die Eltern. Manchen muss ich dann sagen, dass sie die Kinder nicht mit Schuhen aufs Eis begleiten dürfen, dass die das schon allein können. Jetzt habe ich einen ‹Stift›, den Willi Alois oder ‹Wysi›. Er hat bis zur Pensionierung Heizöl geführt und tauscht jetzt, wie er sagt, den schweren Heizölschlauch gegen den leichteren Wasserschlauch. Aber ich denke, über kurz oder lang stirbt das Ganze vielleicht, wenn nicht mehr die nötige Leidenschaft da ist. Das wäre aber schade und darf eigentlich nicht passieren. Wir konnten das Eisfeld geniessen, meine Kinder konnten es geniessen, die nächsten Generationen sollen es auch geniessen können. Das ‹Erlebnis Eisfeld› und die Erinnerungen daran, das muss man den Kindern einfach weitergeben.»