«Die Chancen überwiegen die Risiken»

Die Projektsteuerung der ­Fusion hat den 2020 erstellten Finanzbericht anhand der ­aktuellen Finanzdaten überprüfen lassen.
Markus Schneider und Adrian Schoop vor dem Badener Stadthaus. (Bild: Archiv | sha)

Vor zwei Jahren hat die Projektsteuerung der Fusion zwischen Baden und Turgi, bestehend aus den Gemeindeammännern und Gemeindeschreibenden beider Gemeinden, beim St. Galler Treuhandunternehmen OBT eine Analyse der finanziellen Ausgangslage der geplanten Fusion in Auftrag gegeben. Die Analyse stützte sich damals vor allem auf die Rechnungs­abschlüsse beider Gemeinden aus dem Jahr 2019. Nun hat das Unternehmen den Bericht anhand der Rechnungsabschlüsse 2021 und der Finanzpläne 2023 bis 2032 überprüft. Gleichzeitig war der Einwohnerrat ­Baden aufgefordert, in diesem Zusammenhang konkrete Fragen und Anregungen zum Zusammenschlussvertrag vorzubringen.

Sechs der acht Fraktionen im Badener Einwohnerrat sind der Aufforderung nachgekommen und haben ihre Anregungen und Änderungsvorschläge eingereicht. «Ich bin sehr froh darüber, dass keine wesentliche Kritik am Vertag geäussert wurde», kommentiert Adrian Schoop, Gemeindeammann in Turgi, die Ergebnisse des Mitwirkungsprozesses. «Das spricht dafür, dass wir einen Vertrag gemacht haben, der insgesamt auf Zustimmung stösst», so der Turgemer Ammann weiter.

Sehr detaillierte Vorschläge
Schoops Einschätzung deckt sich mit den angebrachten Änderungsvorschlägen, die sich auf einzelne Formulierungen oder spezifische Aspekte innerhalb des Vertrags bezogen. Die meisten angenommenen Änderungsvorschläge waren denn auch lediglich Präzisierungen. Ein weiterer Teil der Wünsche wurde durch die Projektsteuerung mit der Begründung zurückgewiesen, dass die geforderten Regelungen inhaltlich nicht in den Zusammenschlussvertrag gehören, der die Fusion lediglich in ihren Grund­zügen regeln soll. Auch wurde kritisiert, dass der Einwohnerrat Baden das Budget 2024 beschliessen wird, bevor die acht Turgemer Vertreter für die Übergangsphase dazustossen werden. Doch dieser Punkt sei letzten Endes nicht entscheidend, findet Schoop: «Der Vertrag sichert unser Mitwirken in vielen Bereichen, und ich glaube, es braucht keine zusätzlichen Instrumente, durch die die Turgemer ihre Stimme erheben können.»

Eine weitere aufgeworfene Frage betraf das Schicksal der Ortsbürgergemeinden, die im Falle von Turgi bereits vor einigen Jahren in die Einwohnergemeinde inkorporiert worden war. Es wurde vorgetragen, dass Ortsbürgergemeinden nicht mehr zeit­gemäss seien und die Fusion einen willkommenen Anlass biete, damit abzuschliessen. Die Idee stiess in der Projektsteuerung allerdings auf wenig Gegenliebe. «Die Ortsbürger­gemeinde in Baden funktioniert gut, und wir arbeiten erfolgreich mit ihr zusammen», erläutert Badens Stadtammann Markus Schneider.

Fazit bleibt unverändert
Die Analyse des Treuhandunternehmens OBT anhand der neusten Finanzdaten führt zum selben Ergebnis wie noch vor zwei Jahren. Danach wird die neue Einwohnergemeinde nach der Fusion Steuereinbussen von knapp 1,4 Millionen Franken im Jahr hinzunehmen haben, weil Turgis Steuerfuss von momentan 113 Prozent auf das Niveau von Baden (92 Prozent) gesenkt werden soll. Die Einsparungen aufgrund antizipierter Synergieeffekte aus der Fusion hingegen werden bis zum Jahr 2026 mit 0,5 Millionen Franken jährlich beziffert. Damit ist nach der Fusion mit Mindereinnahmen von knapp einer Million Franken im Jahr zu rechnen.

Gemäss der Projektsteuerung werden diese Mindereinnahmen in den ersten Jahren nach dem Zusammenschluss allerdings durch Zahlungen des Kantons kompensiert, die im Fusionsfall ausgelöst werden. Für die Fusion zwischen Baden und Turgi belaufen sich diese kantonalen Beiträge insgesamt auf 4,3 Millionen Franken, wie die Gemeinden in ihrer gemein­samen Medienmitteilung schreiben. Zudem ist man sowohl in Baden als auch in Turgi zuversichtlich, dass die Mindereinnahmen durch die Steuerfusssenkung in Turgi mittelfristig durch höhere Steuereinnahmen im neuen Ortsteil Turgi kompensiert werden.

Die Mehreinnahmen werden aufgrund der Revision der Bau- und Nutzungsordnung in Turgi, der Ab­senkung des Steuerfusses um 21 Prozentpunkte und aufgrund des Potenzials als neuer Industriestandort der Stadt Baden erwartet. «Wir sind der festen Überzeugung, dass der Standort Turgi ein grosses Entwicklungspotenzial aufweist», erläutert Markus Schneider. Er hofft für Turgi auf eine analoge Entwicklung, wie sie in Baden schon im Zuge des Zusammenschlusses mit Dättwil beobachtet werden konnte. Nach der Fusion hatte sich Dättwil innerhalb weniger Jahre zum bedeutenden Industriestandort für Baden entwickelt. Die Voraussetzungen dafür sind auch in Turgi gegeben. «Turgi verfügt über schienenerschlossene Wohn- und Gewerbegrundstücke im mittleren Preissegment, woran es in Baden mangelt», betont Adrian Schoop einen der Vorteile der Fusion. Insgesamt ist man in der Projektsteuerung nach wie vor der Meinung, dass die Chancen die Risiken der Fusion bei Weitem überwiegen. Und auch aus der Legislative kam bisher erst vereinzelter Widerstand. Bleibt abzuwarten, ob die Stimmbevölkerung zum selben Ergebnis kommt. Die Gemeindeversammlung in Turgi findet am 17. November statt, der Badener Einwohnerrat zieht am 6. Dezember nach.