Die Sänger schrieben Kulturgeschichte

Nach 172 Jahren hat sich der Männerchor Endingen am vergangenen Samstag auf­gelöst. Sein Vermächtnis schenkt er dem Jugendchor Surbtal.
Die Sänger des Männerchors Endingen mit den Vertreterinnen des Jugendchors Surbtal vor dem «Hirschen». (Bild: pg)

Was bereits an der Generalversammlung vom 12. März beschlossen war, wurde am vergangenen Samstag nun umgesetzt: Im einstigen Restaurant Hirschen, dem Stammlokal der Endinger Sänger, wurde die Auflösung des Männerchors Endingen voll­zogen. Es war nach 172 Jahren ein schmerzlicher, aber unabwendbarer Schritt für den traditionsreichen Verein.

Nach dem Begrüssungsapéro und einem gemeinsamen Mittagessen konnte Präsident Ernst Hausherr nebst elf Sängern auch Gäste zur letzten Generalversammlung willkommen heissen. Der Männerchor habe über all die Jahre viel zur Kultur im Dorf beigetragen, sagte Hausherr in seinen einleitenden Erklärungen. Es sei unbestritten, dass der Chor von der Bevölkerung getragen wurde. «Der Hauptgrund für die Auflösung ist im Mitgliederrückgang und der schleichenden Überalterung zu suchen. Gerade für jüngere Männer sind der steigende Berufsdruck, oft viel längere Arbeitswege und ein überaus grosses Freizeitangebot Gründe, sich gegen eine wöchentliche Bindung in einem Gesangverein zu entscheiden», so Hausherr weiter. Trotz verschiedener Anstrengungen sei es deshalb nicht gelungen, Nachwuchs zu rekrutieren.

Highlights aus dem Vereinsleben
Ehrenpräsident Louis F. Keller, der die Aktivitäten des Vereins als Sänger über sechzig Jahre mitgestaltet hat und dem Chor über zwanzig Jahre als Präsident vorstand, würdigte den Männerchor Endingen in seiner Ansprache und blickte auf einige Höhepunkte zurück. So waren die Endinger gemeinsam mit Tegerfelden und Leuggern 1851 die treibende Kraft bei der Gründung des Bezirksverbands Zurzach. Nicht weniger als sieben Mal hat der Chor auch das Bezirksgesangsfest organisiert. Im Jahr 1933 wurde zum Preis von 720 Franken eine neue Fahne erworben. Sie ersetzte das wertvolle Seidenbanner aus dem Jahr 1889.

Das finanzielle Ergebnis aus dem Auftritt der Mainzer Hof­sänger erlaubte es, einen Jugendchor zu gründen, mit dem unvergessene Auftritte bestritten wurden.

Auch die «Ritterburg», welche anlässlich des 1200-Jahr-Jubiläums der Gemeinde Endingen als Fischbeiz geführt wurde, dürfte nicht nur den ­Sängern in guter Erinnerung bleiben. Mit seinen Aktivitäten habe der Männerchor Endingen über all die Jahre viel zur Förderung und zum Erhalt des Chorgesangs beigetragen, so Keller.

Zustupf für den Jugendchor
Die Abarbeitung der statutarischen Geschäfte war Formsache. Die einstimmig beschlossene Auflösung vermochte auch das engagierte Votum des ehemaligen Sängers Franz Senn nicht abzuwenden. Ebenfalls einstimmig wurde die durch Matthias Bärtsch vorgelegte Rechnung genehmigt. Die Versammlung beschloss, das Restvermögen von über 5000 Franken dem Jugendchor Surbtal zu überlassen, der durch Präsidentin Daniela Hausherr und Esther Marley vertreten war.

Zum Abschluss der letzten Generalversammlung stimmten die Sänger ein bekanntes Lied an, dessen Text zum Anlass passte: «Als Freunde kamen wir, als Freunde gehen wir! Ein solches Wort zum Abschied macht alles halb so schwer.» Dass in Endingen wieder ein Chor gegründet wird, bezweifeln die Teilnehmenden. Sie beschlossen jedoch, sich monatlich einmal zu treffen. Diese Perspektive dürfte zum Erhalt langjähriger Freundschaften beitragen.