Nach einem Corona-bedingten dreijährigen Unterbruch stiessen die Mitglieder der Freisinnigen Bezirkspartei Brugg in rekordverdächtiger Zahl auf das neue Jahr an – diesmal im ehrwürdigen Festsaal von Königsfelden, der bald für längere Zeit geschlossen bleibt, weil das alte Hauptgebäude der Klinik umgebaut wird. Das von den Co-Parteipräsidentinnen Martina Sigg und Anita Bruderer moderierte Treffen markierte zugleich den Start in ein befrachtetes Politjahr. Es wurden bereits erste Entscheide für eine Bezirksrichter-Ersatzwahl am 12. März und für die Nationalratswahlen im Oktober getroffen.
Aber die FDP bereitet sich nicht nur auf aktuelle politische Herausforderungen vor. Sie gedenkt im 2023 auch zweier wichtiger Ereignisse für unser Land, die damals massgebend von liberaler Seite vorbereitet wurden, nämlich der Gründung des schweizerischen Bundesstaats vor 175 Jahren sowie der Einführung der AHV vor 75 Jahren.
Nominationen für Wahlen
Den frei werdenden Sitz ihres bisherigen Bezirksrichters Urs Herzog-Stocker, Brugg, will die FDP wieder besetzen. Sie schlägt den Unternehmer Marco Leber, dipl. Ing. HTL, Remigen, vor. Der 50-jährige verheiratete Vater dreier Kinder (20, 16, 13) leitete einen Betrieb im Bereich Lüftung, Klima, Heizung und machte sich nach der Nachfolgeregelung kürzlich selbständig, was ihm nach eigenen Worten mehr Zeit für öffentliche Aufgaben gibt. Für die Ersatzwahl zeichnet sich ein Wahlkampf ab; die Mitte-Partei portiert eine Kandidatin. Die FDP tendiert bewusst auf eine Männerkandidatur, weil das Bezirksgericht Brugg sonst aus sieben Richterinnen und nur noch zwei Richtern bestünde.
Weiter wurden zu Handen der FDP-Kantonalpartei zehn Kandidierende aus dem Bezirk für die Hauptliste und mehrere Unterlisten bei den kommenden Nationalratswahlen nominiert. Es sind Beat Bechtold, 48-jährig, Direktor AIHK, Birr; Titus Meier, 41, Historiker, Lehrer und Grossrat, Brugg; Anita Bruderer, 56, Unternehmerin und Gemeinderätin, Windisch; Stephan Burkhard, 58, FH-Dozent und Vizeammann, Schinznach; Maurizio Galati, 42, Informatiker und Unternehmer, Schinznach; Peter Haudenschild, 75, pensionierter Dozent und Wirtschaftsexperte, Brugg; Rosmarie Keller-Haller, 74, ehemalige Friedensrichterin, Brugg; Stefano Potenza, 42, Senior Business Analyst und Vizeammann, Hausen; Marco Suter, 54, Geschäftsführer, Habsburg. Für die Jungfreisinnigen kandidiert Alex Heinemann, 22, Student/Einwohnerrat, Windisch.
«Dreckig, laut, nötig»
Neben dem Fabrikareal der General Electric in Birr wird gegenwärtig ein 470 Millionen Franken teures Öl/Gas-Notkraftwerk mit acht mobilen Turbinen bis zu 250 Megawatt Leistung aus dem Boden gestampft. Es soll ab Februar bis 2026 betriebsbereit sein und bei akuten Strommangellagen Notabschaltungen verhindern. Solche Situationen wären für die Wirtschaft, das öffentliche und private Leben verheerend, sagte der frisch gebackene Nationalratskandidat Beat Bechtold, Direktor der Aargauischen Industrie- und Handelskammer (AIHK), in seiner Information über das momentan grösste Bauprojekt in der Region Brugg.
Mit dem Reservekraftwerk, das ungefähr der Leistung des stillgelegten Kernkraftwerks Mühleberg entspricht, leistet der Aargau neben seinen drei Kernkraftwerken und 26 Flusskraftwerken einen zusätzlichen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung des Landes. «Die neue Anlage ist leider dreckig und laut, aber unverzichtbar», hielt Bechtold fest. Sie verbrauche in 24 Stunden 1500 Tonnen Heizöl und stosse fast so viel CO2 aus wie die die Stadt Zürich. Mit einer riesigen Lärmschutzwand sowie mit Schalldämpfern versuche man die Auswirkungen auf die angrenzenden Birrer Wohngebiete und das Schulquartier zu begrenzen. Die Energiemangellage werde uns jedoch weiterhin begleiten, weil nach heutigen Erkenntnissen bis 2050 mit einer Verdoppelung des Stromverbrauchs zu rechnen sei. Um die Wortführer einer 2000-Watt-Gesellschaft ist es inzwischen recht still geworden.
Aktuelle Grossratsgeschäfte
In einem weiteren Kurzreferat informierte Grossrat Titus Meier über aktuelle gesetzgeberische Geschäfte im Kantonsparlament. Für die in der Aargauischen Pensionskasse (APK) Versicherten stehen zur Sicherung der beruflichen Vorsorge höhere Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge an. Das kostet den Kanton als Arbeitgeber zusätzliche 7,8 Millionen, die Gemeinden 2,3 Millionen und die Arbeitnehmenden 5,4 Millionen Franken. Zu entscheiden ist sodann über das von der FDP als nicht zwingend nötig erachtete neue Gesetz für die Schaffung einer Ombudsstelle. Im Weiteren stehen Korrekturen am Kulturgesetz, am Waldgesetz und am Gesetz über die Einwohnergemeinden an. Ein besonderes Augenmerk wird die FDP auf die kantonale Steuerstrategie haben.
Für die Region Brugg von direktem Interesse sind die anstehenden Entscheide über einen weiteren Mittelschulstandort, eventuell in Brugg-Windisch, sowie über die künftige Platzierung der kantonalen Gesundheits- und Sozialschulen.