Älplermagronen, Pastetli, Panoramablick

Mit Schweizer Spezialitäten und heimeliger Atmosphäre wollen Nicole Brack und Gian Riederer ihre Gäste auf der Allmend verwöhnen.
Die Ortsbürgerin Nicole Brack und der ehemalige «Schartenfels»-Gastgeber Gian Riederer sind auch privat ein Paar. (Bild: zvg)

Nicole Brack und Gian Riederer stehen auf der Terrasse ihres Restaurants «Belvédère», von der man über die ganze Region bis nach Zürich und in die schneebedeckten Voralpen blicken kann. «Hier sass ich als Kind oft mit meinem Grosspapi, denn meine Mutter hat hier in den 1980er-Jahren im Service gearbeitet. Er rauchte Zigarre und jasste, und für mich gabs Sirup und Chips», erinnert sich die 46-jährige Ortsbürgerin mit glänzenden Augen. Auch der gebürtige Toggenburger Riederer fühlte sich dank der Lage des «Belvédère» sofort zu Hause. «Ich bin einfach gern in der Höhe und brauche den Weitblick irgendwie», sagt der Spitzenkoch, der in den letzten fünfzehn Jahren das Restaurant Schloss Schartenfels in Wettingen geführt hat. Und Nicole Brack ergänzt lachend: «Sogar das Hotel in der Karibik, das du mit deiner Schwester hattest, stand auf einem Hügel.»

Karte und Website in Mundart
Mit dem «Belvédère» auf der Allmend, das seit gestern Mittwoch geöffnet ist, haben sich die beiden Vollblut-Gastronomen einen gemeinsamen Traum erfüllt. Das Motto «Schwiizer Chuchi» lag für das neue Pächterpaar auf der Hand. «Die Schweizer Küche hat alles und ist sehr vielseitig», ist Küchenchef Riederer überzeugt. Auf der Speisekarte sind von Älplermagronen über Pastetli bis hin zu Rüeblitörtchen und Tessiner Torta di pane ausschliesslich helvetische Spezialitäten zu finden – die Riederer mit seinem Team modern interpretiert. Die Karte fällt kleiner aus als vorher. «Aber wir kochen alles frisch», betont der Küchenchef. Täglich sind drei Mittags­menüs im Angebot – Fleisch, Fisch, Vegi.

Die Speisekarte ist, ebenso wie die neu gestaltete Website belvedere-baden.ch, in Mundart verfasst. Auch das Interieur soll heimelig und heimatverbunden sein. Beim Betreten des Gastraums fällt der Blick direkt auf eine Wand, die mit Rezepten und Bildern aus alten Schweizer Kochbüchern bekleistert wurde. Im Gastraum mit rund achtzig Plätzen steht eine antike Bauerntruhe, die Nicole Brack im Internet ersteigert hat. «Die stand vorher im Restaurant Baldegg oben, aber die neuen Pächter wollten sie nicht», sagt Brack.

Nur vier Wochen Zeit
Im Hintergrund läuft Musik von «Plüsch» und Polo Hofer. Über der Theke hängt eine echte Greyerzer Kuhglocke – eine Reminiszenz aus Nicole Bracks Kindheit, in der die Familie viel Zeit in ihrem Fribourger Chalet verbracht hatte. «Die karierten Vorhänge hat meine Mutter genäht», erzählt die Gastgeberin. Das Holz für die Verkleidung an der Theke und einer Wand hat die Schreinerei Bruggisser aus Wettingen geliefert.

Auf der Suche nach einem neuen Wirkungsort haben sich Brack und Riederer mehrere Häuser angesehen. Das «Rössli» in Würenlos gefiel ihnen, aber war zu weit weg von Baden. Bei der «Baldegg» stiegen sie bald wieder aus dem Rennen aus, aus Respekt vor der Siebentagewoche: «Gerade bei dem aktuellen Fachkräftemangel hatten wir Zweifel, ob wir genug qualifiziertes Personal finden werden», sind sie sich einig. Im «Belvédère» können sie nun auch zwei Lernende ausbilden.

Im traditionsreichen Restaurant auf der Allmend passte alles sofort. Michael und Maria Moser seien auf der Suche nach Nachfolgern auf sie zugekommen, erzählt Nicole Brack. Bereits im Oktober gaben auch die Eigentümer der Liegenschaft, die Stiftung Belvédère der Schützengesellschaft der Stadt Baden, ihr Einverständnis. Am 22. Dezember konnten die neuen Pächter das Gasthaus übernehmen – für einen Monat später war die Eröffnung geplant. Das war eine grosse Herausforderung, denn über Weihnachten kamen weder Handwerker noch Lieferungen ins Haus. «Wir haben am 25. Dezember den ganzen Tag zu zweit hier Wände gestrichen», erzählt Nicole Brack lachend.

Hunde und Kinder willkommen
Die Mutter dreier erwachsener Kinder ist im Meierhof-Quartier und im Kappelerhof aufgewachsen. Nach ihrer Ausbildung in der Gastronomie hat sie jahrelang in Badener und Zürcher Betrieben gearbeitet. 2018 eröffnete sie die «Walter»-Bar in der Weiten Gasse. Dort haben sich vor drei Jahren auch die Wege der beiden 46-Jährigen gekreuzt, als Riederer mit Kollegen zu Gast war. Eigentlich wollte er nach seinem Weggang vom «Schartenfels» eine Auszeit nehmen und half gelegentlich in anderen Restaurants der Region aus. Stattdessen servierte er über den Sommer in der Bar seiner Freundin. «Er hat es sehr gut gemacht mit den Gästen», lobt Nicole Brack. Der direkte Kontakt war für Gian Riederer eine neue Erfahrung: «Es hat Spass gemacht. Trotzdem bin ich lieber in der Küche. Der Teller zählt – er bringt meine Gefühle zum Gast», so der erfahrene Spitzenkoch.  Im Restaurant Belvédère sind nun beide wieder dort, wo sie sich am besten entfalten können: Nicole Brack an der Front und Gian Riederer in der Küche. Sie wollen offene und unkomplizierte Gastgeber sein. «Bei uns sollen sich alle wohlfühlen, von Jung bis Alt.» Als Hundehalter sind bei ihnen auch Vierbeiner willkommen. Für Kinder stehen schon bunte Malstifte und Lollis bereit. Damit auch die nächste Generation später schöne Erinnerungen an das «Belvédère» hat.