«Frauen sollen in sich investieren»

Manuela Morelli stärkt als Midlife-Coach Frauen und begleitet sie durch Umbrüche. Ihr Credo: Die Lebensmitte ist ein schöner Ort für Neues.

Manuela Morelli, Sie sind Midlife-Coach. Warum fokussieren Sie sich gerade auf diesen Lebensabschnitt?
Die Lebensmitte ist oft eine Zeit der Krise und des Umbruchs. Gerade Frauen waren über viele Jahre mit Aus- und Weiterbildung, Beruf und Familie sehr eingespannt. Gleichzeitig haben sie beruflich und privat etliche Ziele erreicht. Oft schleicht sich in diesem Lebensabschnitt eine unterschwellige Unzufriedenheit ein. Viele fragen sich, ob sie wirklich so weitermachen wollen – und getrauen sich häufig dennoch nicht, genauer hinzuschauen.

Warum fällt es vielen schwer, sich grundlegende Fragen zu stellen?
Es braucht Mut, innezuhalten und sich nach den langen Jahren des Kümmerns um andere zu fragen: «Was will ich, und was will ich nicht mehr?» Das Neue ist noch nicht greifbar, hat vielleicht nicht einmal richtig Gestalt angenommen. Das kann verunsichern. Manche Frauen verlassen bestehende Strukturen auch nicht, weil ihnen Perspektiven oder Ideen fehlen – obwohl sie sich nicht mehr wohlfühlen.

Gibt es Warnsignale, die darauf hindeuten, dass in der aktuellen Lebenssituation etwas nicht mehr stimmt?
Manchmal verspüren Frauen eine Leere, weniger Lebensfreude oder Selbstzweifel – obwohl sie viel leisten. Es können sich auch körperliche Symptome bemerkbar machen wie etwa Migräne, Spannungskopfschmerzen oder Atemnot. Zusätzlich können hormonelle Veränderungen durch die Wechseljahre das Wohlbefinden beeinträchtigen.

Was raten Sie Frauen, die solche Symptome bei sich wahrnehmen?
Häufig reagieren Frauen erst dann, wenn die Erschöpfung schon gross ist. Hier können kleine Inseln im Alltag helfen, um sich etwas Gutes zu tun.

Wie könnten diese aussehen?
Es ist für Frauen wichtig herauszufinden, wie sie auch ohne grossen Aufwand Momente schaffen können, die sie zur Ruhe kommen lassen. Vielleicht hilft eine Runde schwimmen, ein Kinobesuch mit Freundinnen oder ein bewusstes Geniessen der Natur bei einem Spaziergang. Frauen, die nicht viel Energie und Zeit für Veränderung haben, suchen sich am besten etwas aus, das sich mit wenig Effort erreichen lässt. Und wenn es nur die Tasse Kaffee ist, die sie morgens in Ruhe trinken – ohne dabei bereits an all die Sachen zu denken, die sie erledigen müssen.

Eine Veränderung lässt sich also auch mit kleinen Schritten anstossen?
Für persönliche Veränderung gibt es kein Rezept. Es können kleine Schritte sein, die zum Ziel führen, manchmal ist aber auch ein radikaler Schnitt die passende Lösung. Entscheidend ist, dass die Frauen ihr eigenes Glück in die Hand nehmen und in sich investieren.

Was heisst das konkret?
Frauen haben ein grosses Potenzial, das sie ausschöpfen dürfen. Sie sollten sich den Raum nehmen und ihre Stärken ausleben. Eine Frau könnte sich etwa überlegen, ob sie in der jetzigen Lebenssituation die Zügel in der Hand hält und ihr Leben selbst gestalten kann. Am effektivsten ist diese Selbstreflexion im Austausch mit einer externen Person, die über die nötige emotionale Distanz verfügt.

Warum ist eine externe Sicht besser als etwa ein Gespräch mit einer vertrauten Person?
Personen aus der Familie oder dem engeren Umfeld sind oft zu nahe dran. Eine externe Sicht hilft, aus einer anderen Perspektive auf sich und die eigene Situation zu schauen. Mit professioneller Unterstützung fällt es den Frauen oft leichter, für sich zu definieren, was ihnen wichtig ist und was nicht mehr stimmt.

Warum finden Sie die Auseinandersetzung mit solchen Fragen wichtig?
Jeder Mensch braucht Sinnhaftigkeit im Leben. Und bei jedem sieht diese anders aus. Für Frauen in der Lebensmitte ist es wichtig zu realisieren, dass sie aus dem Hamsterrad aussteigen können. Sie haben ihr Leben in der Hand und können für sich entscheiden, was sie verändern und wie sie ihr Leben gestalten wollen.

Und wenn eine Frau in einer Situation ist, die sie nicht einfach verändern kann?
Manchmal ist ein Rahmen einfach gegeben und lässt sich momentan oder auch auf längere Sicht nicht verändern. Da bringt es nichts, daran zu rütteln. Innerhalb dieses Rahmens kann die betroffene Frau allerdings durchaus bestimmen, was sie wie gestalten möchte – und dadurch ihre Situation trotz schwieriger Rahmenbedingungen verbessern. 

Wie kann Veränderung gelingen?
Etwas zu verändern, braucht Energie. Wer einen Sinn in der Verän­derung sieht, ist auch bereit, diese Energie zu investieren. Manchmal ist Veränderung ein schmerzhafter Prozess – zum Beispiel, wenn es nötig ist, sich von Dingen, Personen oder Situationen zu lösen, die einem nicht guttun. Doch Veränderung kann und soll auch Spass machen. Frauen können neue Dinge ausprobieren, sich mit Gleichgesinnten austauschen und Visionen erarbeiten. Indem sie sich Raum geben für ihre Bedürfnisse, finden sie zurück in die eigene Kraft und stärken das Vertrauen in sich selbst.

Aufblühen in der Lebensmitte
Mittwoch, 1. und 15. März, 19 Uhr
Volkshochschule Region Brugg, Brugg
vhsag.ch