Der Biss in den sauren Apfel

Haifischzähne und Ferienheim Ftan – zwei Themen, die an der letzten Sitzung im Wet­tinger Einwohnerrat für Emotionen sorgten.
Der eine lehnte die Wahl im Januar ab, der andere nahm sie nun an: Leo Scherer (WettiGrüen) und der neue Fiko-Präsident Adrian Knaup (SP). (Bild: bkr)

Niemand wollte im Januar das Präsidium der Wettinger Finanzkommission (Fiko) übernehmen. Leo Scherer (WettiGrün) liess sich dennoch «drängen» und wurde bei einem absoluten Mehr von 21 Stimmen mit exakt 21 gewählt. Scherer empfand das Resultat als Demütigung («Rundschau» vom 2. Februar) und nahm die Wahl nicht an. Letzte Woche sprang Adrian Knaup (SP) in die Bresche, kandidierte für das Amt und wurde mit 35 von 44 Stimmen gewählt. Eine Fussnote aus der Wettinger Geschichtsschreibung: Knaup ist der erste Fiko-Präsident, welcher nicht der Mitte (früher CVP) angehört.

Das Haar in der Suppe
In seiner Erklärung zur Annahme der Wahl betonte Knaup, dass er das Amt antrete, um mitzuhelfen, das Funktionieren der politischen Institutionen zu gewährleisten. «Aber ich hole keine Kastanien aus dem Feuer» – womit er die Auseinandersetzungen um den Steuerfuss und die Finanzierung anstehender Investitionen gemeint haben dürfte. Diese hatten dazu geführt, dass das Budget 2023 im November an der Urne zurückgewiesen wurde. Die Neuauflage des Budgets – diesmal ohne Steuerfusserhöhung – wurde am Sonntag mit deutlicher Mehrheit angenommen.

Um Emotionen und Sachzwänge ging es bei einem Kreditantrag über rund drei Millionen Franken für ein Regenklärbecken im Bereich Kloster (zwischen Schwimmbadstrasse und Alberich-Zwyssig-Strasse), welches über die Abwassergebühren finanziert werden muss. Die Notwendigkeit der Investition war unbestritten. Wettingen Ost ist ohne Regenbecken nicht gewässerschutzkonform entwässert – und es fehlt ein Havarieschutz (Unfälle mit gefährlichen Substanzen). Das Haar in der Suppe fand sich in einer Kreditreserve für «Unvorher­gesehenes», genauer bei einem Betrag von 200 000 Franken für eine eventuelle Sicherung eines Kunstwerks, das der Volksmund als «Haifischzähne» bezeichnet.

Skulptur gehört dem Kanton
Über Kunst lässt sich trefflich streiten, besonders über zeitgenössische – und was deren Erhalt wert sein darf. Pikant: Die «Zähne» wie auch der Baugrund gehören gar nicht der Gemeinde Wettingen, sondern der Stiftung Kulturweg respektive dem Kanton. Unter dieser Prämisse sich mit Wettinger Gebührengeldern engagieren? Christian Wassmer (Mitte) würde für dieses Geld lieber den Wettinger Fussballerinnen und -ballern einen Kunstrasenplatz zur Verfügung stellen. Fragezeichen zur Qualität und zum Wert der Zähne gab es auch aus den Fraktionen von SVP und GLP.

Schliesslich bissen alle in den sauren Apfel und genehmigten den Kredit einstimmig, wobei die zuständige Gemeinderätin Kirsten Ernst betonte, dass sie alles daransetzen wird, damit die 200 000 Franken nicht benötigt werden.

Abschied vom Ferienheim
Emotionen weckte auch das Thema Ferienheim Ftan. Dessen Verkauf debattierte der Einwohnerrat bereits vor Jahresfrist, exakt vor 364 Tagen, wie Fiko-Präsident Adrian Knaup vorrechnete und die Gründe für die zweite Auflage des Geschäfts schilderte («Rundschau» vom 2. März). Zwar gibt es nach der zweiten Ausschreibung der Liegenschaft einen nur unwesentlich höheren Erlös – «dafür wird nun aber dem Öffentlichkeitsprinzip Rechnung getragen», sagte Knaup.

In der Debatte wurde logischerweise die Frage aufgeworfen, weshalb nicht mehr Geld resultiert (der Markt hat nicht mehr hergegeben) – und auch Erinnerungen an schöne Tage in Ftan wurden nochmal geweckt.