Zwischen dem Alterszentrum Kehl in Baden und dem Feuerwehrmagazin in Dättwil liegen nur wenige Hundert Meter. «Das sind exakt zweieinhalb Minuten mit dem Velo», sagt Florian Immer und fügt schmunzelnd an: «… mit dem E-Bike.» Bei einem Alarm muss es ganz schnell gehen: Der Geschäftsführer des «Kehls» streift seine neongelbe Velojacke über, schwingt sich aufs Rad und ist oft als einer der Ersten in der Einsatzzentrale. Als Kommandant der Stützpunktfeuerwehr Baden, die pro Jahr rund 300 Einsätze und 200 Übungen durchführt, trägt Immer die Gesamtverantwortung für Mensch und Maschine im Einsatz. Seit dem 1. April ist er für ein nun 210-köpfiges Korps zuständig, das aus der Fusion der drei Feuerwehren Baden, Gebenstorf-Turgi und Birmenstorf-Mülligen hervorgegangen ist. Ausgelöst wurde dieser Zusammenschluss durch die Fusionsbemühungen von Baden und Turgi.
Ehemaliger Spitzenfechter
Dass der 52-Jährige designierter Kommandant ist, war schon lang klar, zumal er seit 2014 im Rang eines Majors das Badener Korps führte. «Als ehemaliger Leistungssportler weiss ich jedoch: Gejubelt wird erst, wenn abgepfiffen ist», sagt der frühere Spitzenfechter, der es bis ins Nationalkader geschafft hat. Am 30. März fand nun der offizielle Überführungsanlass statt. Dort wurde Immer einstimmig in seinem Amt bestätigt – und meinte: «Jetzt bin ich schon erleichtert.» Mit der Fusion verfügt die neue Grossfeuerwehr auch in Zukunft über genügend Freiwillige und hat eine zum Teil schnellere Anfahrt zum Einsatzort. «Es gibt leider immer weniger junge Leute, die sich engagieren wollen. Dafür müssen wir jetzt die Weichen stellen», ist Immer überzeugt.
Er wird die Grossfeuerwehr (Einzugsgebiet: rund 35 000 Menschen) weiterhin im Milizamt führen und hauptberuflich im 90-Prozent-Pensum als Leiter des Alterszentrums Kehl tätig bleiben. Dort trägt er seit einem Jahr als Geschäftsführer und Leiter Hotellerie die Verantwortung für rund hundert Mitarbeitende, die sich um das Wohl der 68 Bewohnenden sowie der 80 Mieterinnen und Mieter kümmern. Dabei legt er Wert darauf, den Mitarbeitenden auf Augenhöhe zu begegnen: «Sie sollen sich hier wohlfühlen, ernst genommen werden und fair entlöhnt sein», findet er.
Sowohl im Job als auch in der Feuerwehr ist Florian Immer täglich mit der Vergänglichkeit des Lebens konfrontiert. Seine Philosophie im Altersheim ist, dass die Menschen sorgenfrei leben können. «Dennoch erlebt man in der Pflege natürlich hautnah ebenfalls die andere, weniger schöne Seite des Lebens. Das macht nachdenklich, aber versöhnlicher in Bezug auf sein eigenes Dasein», sagt der 52-Jährige: «Es lehrt einen, das Leben in jedem Moment bewusst zu schätzen.» Als Ausgleich hat er zum Beispiel 2019 das Wirtepatent erworben, und er war über 25 Jahre lang Mitleiter des Skilagers der Kanti Limmattal – anfangs als J+S-Leiter Ski und Snowboard, später war er für die Verpflegung von bis zu 90 Personen verantwortlich.
Schutzjacke als Gefühlspanzer
Als Feuerwehrmann ist Florian Immer oft mit Schicksalsschlägen konfrontiert. «Wenn ich aber meine Brandschutzjacke überziehe, ist das wie ein Panzer, an dem vieles abprallt», sagt er. An Unfallstellen gibt es zusätzliche Strategien, um das Erlebte nicht zu nah kommen zu lassen: «Nie einer verstorbenen Person in die Augen schauen, damit man keine Verbindung herstellt», rät der Wirtschaftsingenieur FH, der in Aesch bei Birmensdorf (ZH) aufgewachsen ist und einen Hochschulabschluss der Universität Zürich (Philosophische Fakultät) hat.
Nach der Uni war Florian Immer unter anderem bei einer Bank, in der Gebäudetechnik und in der Projektberatung bei der UBS tätig, bevor er am Unispital Zürich als Manager Viszeral- und Transplantationschirurgie (innere Organe) anheuerte. Nach Baden kam er vor 16 Jahren, als er 2006 eine Stelle als Klinikmanager im Departement Chirurgie des Kantonsspitals Baden (KSB) antrat. «Damals suchten meine Frau und ich im Umkreis des KSB nach Wohneigentum und fanden im Segelhof etwas, in dem wir alle Platz hatten», erzählt der Vater von drei Kindern (16, 18, 21).
Bei der Stützpunktfeuerwehr Baden sei er schon Mitglied gewesen, bevor er seine Schriften in der Kanzlei deponiert habe, sagt Immer. Er ist mit Herz und Seele Feuerwehrmann – selbst wenn er mittlerweile nicht mehr zuvorderst an der Front steht. Die Stützpunktfeuerwehr Baden ist nach Buchs-Dällikon (ZH), Langenbruck (BL) und Bremgarten-Hermetschwil seine vierte Station im dritten Kanton. «Die grösste Herausforderung wird es nun sein, aus drei Feuerwehren eine Einheit zu machen und eine neue gemeinsame Kultur zu entwickeln», ist ihm bewusst. «Wichtig ist, dass wir Vertrauen zueinander haben.»