Seit über 131 Jahren stark im Umzug

Anlässlich des 30-Jahr-Jubiläums lud Onkel Tom zum Tag der offenen Tür. Der Firmenrundgang zeigte alle Phasen der Wiederverwertung.
Der Meister der Wiederverwertung. Seit dreissig Jahren betreibt das Familienunternehmen Emil Schmid & Partner nun schon Onkel Toms Brocki in Wettingen. Emil Schmid gibt Einblick in die Philosophie des Unternehmens. (Bild: isp)

An gesamthaft sechzehn Stationen auf dem Firmenrundgang durch die Räumlichkeiten der Brockenstube an der Tägerhardstrasse in Wettingen konnte die Bevölkerung einen Eindruck davon gewinnen, wie die Firma Emil Schmid & Partner AG wirtschaftet und Dinge wiederverwertet. Den Anfang machte ein Lastwagenposten, der aufzeigt, wie der Hausrat einer 3-Zimmer-Wohnung bei ihrer Auf­lösung für die Sortierung eintrifft. Noch verkäufliche Ware – in der Regel rund 15 Prozent des Volumens – geht direkt in den Laden. Das sind im Fall von Onkel Toms Brocki jährlich 105 Tonnen.

Was nicht verkauft und nicht re­cycelbar ist, kommt in den Presscontainer. Alles Übrige wird fachgerecht sortiert und der Weiterverwendung zugeführt. So landet der Hausrat entweder im Sondermüll oder wird nach den Kategorien Glas, Bücher, Zeitung, Papier, Leuchtstoffröhren, PET-Flaschen, Erde, Kleider, Holz, Eisen und Metalle, Elektroschrott sowie Garten- und Freizeitartikel eingeteilt.

Deutlich weniger Bücher
Bücher beispielsweise machten einst einen grossen Teil des Volumens in Onkel Toms Brocki aus. Deren Verkauf ist aufgrund des Internets aber um 50 Prozent eingebrochen. Deshalb werden jährlich gegen 60 000 Bücher entsorgt – rund 28 Tonnen. «Hausrat ist schliesslich Wertstoff», weiss Emil Schmid, «und praktisch alles verdient eine zweite Chance.» So verhalte es sich auch bei den Menschen. Nicht alle stünden auf der Sonnenseite des Lebens, einige gerieten gar auf die schiefe Bahn, und er gebe diesen Menschen immer wieder gern die Möglichkeit, die «Kurve zu kriegen» und in ein geordnetes Leben zurückzufinden. So arbeitet Schmid mit ehemaligen Häftlingen aus Lenzburg oder dem «Schöngrün» in Solothurn zusammen. Einer sozialen Institution hat sich der Firmeninhaber hingegen nie angeschlossen.

Wieso der Name Onkel Tom? «Ich wollte keinen neumodischen Namen für die Brockenstube. Der Roman der US-amerikanischen Autorin Harriet Bee­cher Stowe, ‹Onkel Toms Hütte›, hat mir zugesagt, und so habe ich mich vor dreissig Jahren kurzerhand für diesen Namen entschieden», erläutert der Firmeninhaber. «In ihrem Protagonisten habe ich mich wiedererkannt.» Es erstaunt nicht, dass die Emil Schmid & Partner AG 2011 für ihr Engagement mit dem Aargauer Sozialpreis der drei Landeskirchen ausgezeichnet wurde. «Das hat mich sehr demütig gemacht», berichtet der heute 86-Jährige. Zu seiner Unternehmensphilosophie gehörte immer schon, die Firma familiär zu führen. «Das gutmütige Herz habe ich wahrscheinlich von meinem Vater geerbt», ergänzt Emil Schmid. «Ich bin überhaupt kein strenger Chef.» Das Unternehmen Umzugslogistik Schmid existiert inzwischen bereits seit 131 Jahren und beschäftigt 40 Mitarbeitende.

Emil Schmid, heute 86-jährig, ist stolz darauf, was er erreicht hat. Ein Buch über sein Lebenswerk ist in Planung. (Bild: isp)

Alles unter einem Dach
Josef und Kunigunde Schmid-Meier aus Lengnau liessen sich 1892 als Wirtsleute und Fuhrhalter in Wettingen nieder. Ihr Sohn Johann Schmid trat in die Fussstapfen seiner Eltern und übernahm 1920 die Fuhrhalterei. 1922 erwarb er einen Möbel-Fourgon, um Wohnungsumzüge anbieten zu können. Johann war anschliessend über 980 Tage lang im Militärdienst, und als er kränklich wurde, stieg sein Sohn Emil zur Verstärkung in der Fuhrhalterei ein. Das war 1952. Obschon Emil noch drei Geschwister hatte, eignete er sich am ehesten, um in die Fussstapfen des Vaters zu treten.

Eine Lehre habe er nie absolviert. Zuerst baute sich Schmid ein kleines Refugium im alten Schlachthof in Wettingen an der Schwimmbadstrasse auf. Später zog das Unternehmen in eine leer stehende BBC-Halle, bevor es seinen endgültigen Standort an der Tägerhardstrasse in Wettingen fand. Mit der Zeit wurden die Pferdefuhrwerke von motorisierten Gefährten abgelöst. Zeitweise operierte das Unternehmen im Ausland. «Ich hatte sogar geschäftliche Beziehungen zu Saudi-Arabien», erzählt Schmid. Mit der Firmendevise «Alles unter einem Dach» liegt das Unternehmen der Emil Schmid & Partner AG mittlerweile voll im Trend. So bilden die vier Säulen Umzüge, Räumungen, Reinigung und Onkel Toms Brocki das Kerngeschäft in Wettingen.

Mit der Zeit gehen
Unlängst wurde die Sparte Reinigung erweitert und umfass nun auch Solaranlagen. «Wir erfinden uns ständig neu und passen uns der Wirtschaftslage an», führt der umtriebige Pensionär aus. Schmid ist derzeit stark beschäftigt, seine Memoiren zu schreiben. Einen Co-Autoren sowie einen Verlag hat er dafür bereits gefunden. Die Veröffentlichung soll Ende des Jahres erfolgen. «Jeder ist seines eigenen Glückes Schmid» würde sich doch bestens als Buchtitel eignen, witzelt der umtriebige Unternehmensleiter zum Abschluss des Firmenrundgangs.

emil-schmid.ch