Eine friedliche Form der Revolution

Mit einer liturgischen Feier vor der Kirche St. Georg ­forderten am Montagabend Frauen und Männer Gleich­berechtigung in der Kirche.
Begleitet von Verena Keller am Piano, singen die Teilnehmenden Lieder zum Motto «Ich darf seine Stimme sein». (Bild: is)

Unter einer mächtigen Tanne beim Eingang zur Kirche in Unterendingen haben am Montagabend rund 20 Frauen und 5 Männer Platz genommen. «Wir sind hier draussen, weil Frauen in der Kirche noch immer nicht gleichberechtigt sind. Weil wir an Weihnachten noch immer den Mann und nicht den Menschen feiern. Weil Frauen immer noch diskriminiert werden.» Es ist keine Frau, die da spricht, sondern Alois Metz von der Fachstelle Bildung und Propstei der Katholischen Landeskirche Aargau, welche die Initiative «Gleichberechtigung.Punkt.Amen» initiiert hat.

Apostelin Magdalena
Immer am 22. des Monats, angelehnt an den Gedenktag der Apostelin Maria von Magdala am 22. Juli, feiern Menschen irgendwo in den Kantonen Aargau, Bern und Zürich vor den katholischen Kirchentüren. Sie wollen damit verdeutlichen, dass Menschen aufgrund der Strukturen der Kirche und ihrer Lehren aussen vorgelassen werden. Auch im 21. Jahrhundert ist es Frauen noch nicht erlaubt, eine Eucharistie zu feiern – geschweige denn, die sieben Sakramente (Taufe, Erstkommunion, Firmung, Eheschliessung usw.) zu spenden. «Dabei würde es die Kirche ohne die zahllosen Frauen, die sich ehrenamtlich engagieren, heute gar nicht mehr geben», ist Lydia Spuler vom Frauenbund Unterendingen überzeugt.

In der rund 30-minütigen Feier unter dem Motto «Ich darf seine Stimme sein» werden ganz besondere Frauen aus der Bibel beleuchtet – Beispiele, die heute noch Mut machen sollen auf dem Weg zu einer gerechteren Gesellschaft. Zum Beispiel Junia, die im Römerbrief genannt und von Paulus als angesehene Apostelin bezeichnet wurde. «Viele Jahre hat man dich verheimlichen wollen, und heute bist du eine wichtige Botschafterin für Gleichberechtigung», liest Alois Metz vor.

Anna, Verena, Lydia …
Die heilige Anna, Mutter von Maria und Grossmutter von Jesus, und nicht zuletzt Verena, die aus einer reichen ägyptischen Familie nach Europa kam und via Solothurn in Zurzach landete, wo sich ihr Grab befindet, das heute noch verehrt wird. Lydia – eine befreite Sklavin und spätere Geschäftsfrau, die erste Christin in Europa. Alles starke Frauen, denen Gott damals zu ihrer Zeit bereits seine Stimme gegeben habe, wie Lydia Spuler ausführt.

Begleitet von Vreni Keller am E-Pia­no, singen die Teilnehmenden zwischen den einzelnen Teilen gemeinsam Lieder – und beten für einmal nicht das Vaterunser, sondern «Gegrüsst seist du, Maria». Mit «Maria, breit den Mantel aus» geht die Feier nach rund 30 Minuten zu Ende. Es sei eine der schönsten Formen der Revolution, gemeinsam hier zu sitzen, zu singen und zu beten, findet Alois Metz.

maria-von-magdala.ch