In der Küche des reformierten Gemeindehauses Windisch herrscht beschaulicher Betrieb. «Wir kochen heute wieder mehrere Gerichte», erklärt Stéphanie Lichtsteiner zur Begrüssung. «Ein Tessiner Safranrisotto und Quesadilla, ein Gericht aus Spanien, sowie eines aus dem Iran», informiert die 35-Jährige weiter, bevor wir Anabel Marques treffen, die sich im Saal mit einem jungen Paar unterhält.
Die Freundschaft zwischen Stéphanie Lichtsteiner (35) und Anabel Marques (34) begann während des Studiums der Politikwissenschaft in Zürich. Der Wunsch, sich sozial zu engagieren, zeigte sich bald als verbindendes Interesse. Gemeinsam organisierten sie zunächst Deutschkurse für Fremdsprachige in Zurzach, wo es an entsprechenden Angeboten mangelte, oder Sportangebote für Flüchtlinge und Asylsuchende. «Beim Sport braucht man wenig Sprachkenntnis und erreicht trotzdem ein hohes Mass an Verständigung untereinander und Verständnis füreinander», erzählt Lichtsteiner von den Erfahrungen, die vor zwei Jahren zur Projektrealisierung von «Brugg kocht» geführt haben. «Essen und kochen wirken sehr verbindend auf die Beteiligten. Im Kanton Thurgau gibt es ein ähnliches Angebot, das uns inspiriert hat, etwas Vergleichbares nach Brugg zu holen», gibt Marques Auskunft. Beim Jugendrotkreuz Kanton Aargau fanden die beiden Freundinnen schliesslich die nötige Unterstützung für ihre Idee, sodass die Spesen gedeckt sind. Nun wird seit zwei Jahren etwa alle zwei Monate ein Kochanlass durchgeführt, vorwiegend im reformierten Gemeindehaus Windisch. «Wir waren jedoch auch schon zu verschiedenen Jahreszeiten im Wald und haben über dem Feuer gekocht.»
Austausch an Herd und Tisch
Ein Hauptziel des Projekts ist es, der Lokalbevölkerung und zugezogenen Menschen verschiedener Herkunft über das Kochen und das Essen einen niederschwelligen und unkomplizierten Austausch zu ermöglichen. Mit ihrer Idee wollen sie ein breites Publikum ansprechen. «Die Lokalbevölkerung ist jedoch schwieriger zu erreichen», haben die beiden Projektleiterinnen festgestellt. «Doch durch das Essen lernt man eine andere Kultur intuitiver kennen, und nebenbei können die Deutschkenntnisse vertieft werden», haben Lichtsteiner und Marques beobachtet: «Manche möchten Deutsch lernen und ihre Sprachkenntnisse verbessern, andere suchen Anschluss am neuen Wohnort oder haben Fragen zum Beispiel zur Kinderbetreuung oder möchten wissen, an wen sie sich mit administrativen Fragen wenden können.» Auch aus dem Bundesasylzentrum in Brugg kämen regelmässig Teilnehmerinnen und Teilnehmer an die «Brugg kocht»-Anlässe.
Rezepte aus aller Welt
Bei der Rezeptauswahl gibt es keine Vorgaben. «In unserer ‹Brugg kocht›-Küche werden Rezepte aus aller Welt gekocht, sie bilden die kulturelle Vielfalt ab», erklärt Lichtsteiner das Konzept. Die Küchencrew, die sich vor einem Kochanlass formiere, gehe dann jeweils zusammen einkaufen. Meistens werden drei oder vier verschiedene Gerichte für dreissig bis vierzig Teilnehmende zubereitet. «Es ist schön zu erleben, mit wie viel Hingabe, Stolz und manchmal ein bisschen Heimweh die Gerichte gekocht werden und man einander erklärt, welche weiteren kulinarischen Besonderheiten die Küchen der Heimatländer ausmachen.» So kämen eine grosse Varietät an Gerichten, Gebäck, Desserts und Spezialitäten auf den und viele Nationen gemeinsam an einen Tisch – das wirke nicht nur sehr verbindend, sondern damit würden zudem sprachliche Hürden spielend überwunden, und zwar meist schneller als erwartet. Selbst die beiden Projektleiterinnen staunen immer wieder, wie rasch man sich verständigen kann: «Zusammen essen funktioniert immer!»
Gemeinsamkeiten betonen
Auch Schweizer Rezepte werden regelmässig zubereitet oder mit solchen aus anderen Ländern kombiniert. «Indem wir die Kulturen verbinden und Menschen zusammenbringen, zeigen wir auf, welche Gemeinsamkeiten bestehen und wie wenig es manchmal braucht, um sich gegenseitig zu verstehen oder zu unterstützen», bekräftigen die beiden Projektleiterinnen. So werde die «Brugg kocht»-Tafel zu einem Ort, an dem man an Informationen und Ratschläge gelangen und vom Erfahrungsaustausch profitieren könne – «ein grosser integrativer Kraftfaktor», wie Lichtsteiner sagt.
Während das Essen zubereitet wird, organisieren die Leiterinnen manchmal Spiele für Gross und Klein. «Das Wichtigste ist: Man darf auch einfach nur zum Essen kommen, sich an unseren Tisch setzen und dabei sein.»
Samstag, 3. Juni, 14 Uhr, vor der Migros Brugg,
oder 14.45 Uhr, ref. Kirchgemeinde Windisch, Dorfstrasse 27
Anmeldung: 079 763 71 65