Mehr als 60 Jahre alt sind die Kanalisationsleitungen in der Neustrasse – und sanierungsbedürftig. Zudem hat die Entwässerungsplanung der Gemeinde Wettingen aufgezeigt, dass die heutigen Rohre stark überlastet sind und vergrössert werden müssen. «Auch die bestehenden Leitungen der Stromversorgung haben ihre Kapazitätsgrenzen erreicht», sagt Gemeinderätin Kirsten Ernst, die für den Bereich Tiefbau zuständig ist. Zudem sollen die Trinkwasserleitungen erneuert und die Strassenbeleuchtung auf LED umgerüstet werden.
Da andere Strassen im Quartier ebenfalls einen «Refresher» benötigen, hat der Gemeinderat beschlossen, ein «koordiniertes» Bauprojekt ausarbeiten zu lassen. Dieses umfasst neben der Neustrasse (Abschnitt Altenburg- bis Utostrasse) die westlichen Teile der Au- und der Feldstrasse sowie die Alpenstrasse. Letztere ist ein Spezialfall, da es sich um eine Privatstrasse handelt. Aus diesem Grund nimmt die Gemeinde laut Ernst keine Arbeiten am Strassenoberbau vor – lediglich der bestehende Fahrbahnzustand wird nach dem Einbau der Werkleitungen wiederhergestellt.
Spricht der Einwohnerrat den benötigten Bruttokredit von 3,68 Millionen Franken, sollen die Arbeiten – abhängig vom Baufortschritt bei der Sanierung Schönaustrasse – im Frühling 2024 in Angriff genommen werden. 3,68 Millionen? Im Finanzplan sind für dieses Projekt doch nur 2,7 Millionen Franken vorgesehen. Ja, aber netto, so Kirsten Ernst. Die gebührenfinanzierte Abwasserbeseitigung (Eigenwirtschaftsbetrieb) muss die Kosten für die Sanierung ihrer Leitungen der eigenen Kasse entnehmen. So verbleiben dem Steuerzahler 1,4 Millionen Franken für den Strassenbau. Genau betrachtet, kostet das gesamte Vorhaben sogar 4,7 Millionen Franken. Eine runde Million müssen Energie Wettingen sowie Kommunikationsunternehmen in ihre Anlagen investieren.
Vorstösse zum Thema Finanzen
Um das Thema Finanzen geht es in der Einwohnerratssitzung vom 29. Juni bei einem Bündel von Vorstössen. Eigentlich sei es unüblich, dass sich der Gemeinderat im Vorfeld einer Sitzung des Gemeindeparlaments zu Motionen oder Postulaten äussere, sagt Gemeindeamman Roland Kuster. Im Sinne einer Gesamtschau wurde eine Ausnahme gemacht, und Vizeammann und Finanzvorstand Markus Maibach zeigte an einer Medienorientierung die Haltung des Gemeinderats auf. Einen Vorstoss, der deckungsgleich mit Zielen der Behörde ist, hat die Mitte-Fraktion eingereicht. In einer Motion fordert sie, dass mit dem Budget 2024 die Vorfinanzierung des neuen Oberstufenzentrums begonnen werden soll. Vorfinanzierung heisst, dass die Stimmberechtigten über einen zweckgebundenen Steuerzuschlag zu beschliessen haben. Im Raum stehen fünf Steuerfuss-Prozentpunkte. Diese möchte man aber erst zur Abstimmung bringen, wenn man Konkretes zum Projekt weiss – und das ist nicht vor 2025. Deshalb will der Gemeinderat den Vorstoss nicht als verbindliche Motion, sondern als Postulat entgegennehmen.
In einem Postulat aus den Reihen der SVP wird eine Reduktion der Ausgaben verlangt. «Das nehmen wir entgegen und beantragen gleichzeitig Abschreibung des Vorstosses», sagt Maibach. «Wir bemühen uns Budget für Budget um Einsparungen.» Die Mitte-Fraktion verlangt, dass die Nettoschulden maximal 6000 Franken pro Einwohnerin und Einwohner betragen – eine Art Schuldenbremse also. Der Gemeinderat ist bereit, das Postulat entgegenzunehmen, möchte diese Zahl aber mit Blick auf eventuelle unumgängliche Investitionen nicht in Stein gemeisselt sehen.