«Pharmacie»: Diese Leuchtschrift am Haus Zürcherstrasse 24 machte seit Herbst 1958 auch Automobilisten, die zwischen Zürich und Basel unterwegs waren, darauf aufmerksam, wo Medikamente und Verbandsmaterial erhältlich waren. Karl Josef Laupper hatte die Apotheke kurz zuvor eröffnet. Geboren am 14. Mai 1910, entstammte Laupper einem alten Windischer Geschlecht, wuchs aber in einer Arbeiterfamilie in Sarnen auf und besuchte dort das «Kollegi», die Mittelschule. Nach dem Pharmaziestudium in Basel lebte er viele Jahre in Bangkok, wo er für die Niederlassung der Berner Firma Wander tätig war – heute ist Thailand der weltweit grösste Markt für deren bekanntestes Produkt, die Ovomaltine.
Gemeinderat stellt Pult zur Verfügung
Während des Zweiten Weltkriegs konnte er nicht nach Europa zurückreisen, stattdessen arbeitete er als Flüchtlingsbesucher für das IKRK. Während eines kurzen Heimaturlaubs nach dem Krieg lernte er in Bern seine zukünftige Frau kennen. Die erste Tochter wurde 1952 in Bangkok geboren, 1955 kehrte die Familie in die Schweiz zurück und liess sich in Sigriswil nieder. Mit dem Entschluss, die Arbeit bei Wander an den Nagel zu hängen und eine eigene Apotheke zu eröffnen, fährt Karl Laupper mit dem Velo in seine Heimatgemeinde. 1957 kann er von den Gebrüdern Seeberger das 1950/51 für die Post erstellte Wohn- und Geschäftshaus an der Zürcherstrasse erwerben. Dem Lokal auf der Seite gegen die Harmonie, wo die Seebergers ein Kleidergeschäft führten, fügt er auf der Südseite einen Anbau für die Offizin an. Im Februar 1958 erhält er von der Polizeidirektion des Kantons Aargau das Apothekerpatent, und im März öffnet die Vindonissa-Apotheke ihre Türen. Der Gemeinderat fördert das Vorhaben auch praktisch, indem er ein «vorübergehend nicht benötigtes Pult» zur Verfügung stellt. Als Dank für dieses Entgegenkommen spendet Karl Laupper bei der Rückgabe 20 Franken «zuhanden des Altersasylfonds», der erste seiner regelmässigen, zum Teil ganz erheblichen Beiträge zugunsten des zukünftigen Altersheims. Mit den Windischer Ärzten Dr. Baur und Dr. Prantl pflegt er von Anfang an eine gute Zusammenarbeit und erfreut sich in Windisch grosser Beliebtheit. Die Vindonissa-Apotheke wird in den Sechzigerjahren die grün leuchtende Wegmarke an der Zürcherstrasse.
Umzug ins Nachbarhaus
Zunehmende Schwerhörigkeit veranlasst Karl Laupper, die Apotheke nach fast zwei Jahrzehnten an Hans Reinhard Koller zu übergeben. Unter dessen Leitung folgt 1999 der Umzug an den heutigen Standort im Nachbarhaus, in die einstige Schmitte Braun, wo zwischenzeitlich Werkzeuge, Schrauben und Nägel, danach Damenmode verkauft wurde. Im alten Lokal brachte Blueme Kari Farbe in die Gemeinde, seit 2016 sorgt die Physiotherapiepraxis von Evelyn Speidel dafür, dass der Bewegungsapparat in Schuss bleibt.
2012 übernimmt Angelika Oleas – 2013 Mitbegründerin des regionalen Gemeinschaftsunternehmens Zentraler Notfalldienst Apotheke Süssbach in Brugg. 2023 feiert Sarah Ali, Inhaberin seit 2020, zusammen mit ihrem 22-köpfigen Team das ganze Jahr über das 65-jährige Bestehen der Vindonissa-Apotheke. Im Geschäft sind vier Apothekerinnen, eine davon in Ausbildung, sowie elf Pharmaassistentinnen und vier Lernende tätig. In bester Tradition der Verbundenheit mit der Gemeinde ist die Bevölkerung am kommenden Samstag zum Tag der offenen Apotheke eingeladen.
Bei Führungen, welche die Inhaberin Sarah Ali selbst übernimmt, kann man zwischen 9 und 12 sowie 13 und 16 Uhr alle 20 Minuten die umgebauten Räumlichkeiten der Apotheke kennenlernen, zudem erklärt das Team, wie der Medikamentenroboter funktioniert. Für die Kleinen gibt es ein Kinderprogramm und Ballone, und wer am Glücksrad dreht, kann auf einen der zahlreichen Gewinne hoffen. Verpflegen kann man sich am Grillstand und am Glacewagen.
Samstag, 24. Juni, 9 bis 16 Uhr
Vindonissa-Apotheke, Windisch
vindonissa-apotheke.ch