«Alle können Teil vom Wandel sein»

Die junge Klimaaktivistin und Co-Präsidentin der Jungen Grünen Aargau ist eine der Festrednerinnen der Bundesfeier der Stadt Baden.
Mechthild Mus mit einem ihrer bevorzugten Transportmittel, dem Velo. (Bild: mpm)

«Es steht richtig viel auf dem Spiel.» Mit diesem Satz sagt Mechthild Mus, Co-Präsidentin der Jungen Grünen Aargau und Vorstandsmitglied der Jungen Grünen Schweiz, eigentlich alles, was sie bewegt. Die 19 Jahre alte Neuenhoferin, welche als Festrednerin für die kommende Bundesfeier der Stadt Baden eingeladen worden ist, hat sich schon als Kind für Tier- und Naturschutz interessiert; auch in ihrer Familie war das immer ein Thema. Zur Klimaaktivistin wurde Mechthild Mus im Januar 2019, als sie zum ersten Klimastreik in Baden eine Gruppe von Schülern und Schülerinnen koordinierte, welche vom Unterricht freigestellt wurde und an der Demonstration teilnahm. Im Sommer 2019, nach dem Wechsel an die Kanti Wettingen, trat sie dem «Green Team» bei, einer Klimagruppe der Schule, welche sich für mehr Bewusstsein für Umweltthemen (zum Beispiel weniger Fleisch in der Mensa) einsetzt. Kurze Zeit später kam sie auch zum «Klimastreik» (Climate Strike).

«Ich wusste schon immer, dass Umweltschutz wichtig ist», sagt Mus, «aber ich kam langsam zur Erkenntnis, dass es nicht reicht, im Alltag nachhaltig zu leben – denn die Probleme lassen sich nicht nur auf individueller Ebene mit Eigenverantwortung lösen.» Es braucht aus ihrer Sicht grundlegende Änderungen des Systems und des politischen Diskurses. Da sie sich auch immer für Politik interessierte und gerne diskutierte – in der Schule war sie Klassensprecherin – trat sie den Jungen Grünen Aargau bei, deren Präsidium sie sich inzwischen mit Álvaro Ullate teilt. Aber nicht nur Klimathemen liegen ihr am Herzen. «Ungerechtigkeiten regen mich auf», begründet Mechthild Mus ihr Engagement. Und Ungerechtigkeiten finden sich aus ihrer Sicht in vielen Themenbereichen: Beim Klima, bei der Gleichstellung sowie bei Migrationsthemen. Da diese Themen insbesondere auch die jüngere Generation betreffen, ist es ihr wichtig, Jugendliche stärker in die Politik einzubinden; so hat sie das Jugendparlament Baden mitbegründet und mit ihrer Partei und anderen Jungparteien Unterschriften für eine kantonale Initiative für das Stimmrechtsalter 16 gesammelt.

Niemand ist perfekt
Der Klimaschutz ist sicherlich eines der dringlichsten Themen, welche bei Mechthild Mus auf der Agenda stehen. Sie versucht, sich im Alltag möglichst nachhaltig zu verhalten. «Ich fahre mit Velo und Zug, kaufe meistens Second-Hand-Produkte und esse, mit einigen Ausnahmen, vegan», erklärt Mus. Doch auch sie ist nicht perfekt, denn dies ist im heutigen System fast nicht möglich. «Man muss nicht perfekt CO2-neutral leben, um Klimaaktivistin zu sein», ist sie überzeugt. «Denn im Grunde geht es uns genau darum: Die Systeme so zu verändern, dass alle ökologisch leben können und nicht auf Kosten anderer oder der Zukunft leben müssen.» Und zu den kontroversen Diskussionen rund um die Klimakleber meint sie: «Was mich nervt ist, wenn die Kritik von Personen kommt, die selbst überhaupt nichts machen und sich in keiner Weise engagieren. Da denke ich vor allem: Macht es doch besser, engagiert euch und werdet aktiv, statt nur zu kritisieren!»

«Man muss nicht CO2-neutral leben, um Klimaaktivistin zu sein.» (Bild: mpm)

Jeder kann aktiv werden
Aktiv werden können aus ihrer Sicht alle. «Es gibt sicherlich Menschen, welche kaum Ressourcen haben, um sich zu engagieren», gibt Mechthild Mus zu bedenken. Umso wichtiger sei es, dass die Menschen, welche über etwas mehr finanzielle und zeitliche Ressourcen verfügen, ihre Privilegien nutzen. Konkrete Handlungsmöglichkeiten gibt es viele: Im Umfeld über das Thema sprechen, zum Klimastreik kommen, Unterschriften sammeln, Veranstaltungen organisieren, sich einer Gruppe anschliessen, eine neue Gruppe gründen, eine Solaranlage aufs Dach bauen, die Bank wechseln, den Job wechseln. «Alle können anpacken und Teil vom Wandel sein», ist Mechthild Mus überzeugt.

Die Klimakrise ist da
Und was entgegnet sie den Menschen, welche die ganze Klimakrise als Humbug und Panikmache abtun? «Die Ergebnisse der Wissenschaft sind klar und eindeutig, die entsprechenden Berichte des IPCC (Weltklimarat) kann man im Internet finden.» Wem das zu abstrakt ist, der könne sich auch überlegen, wann das letzte Mal Schnee auf dem Hügel lag, auf dem man früher immer Schlitten fahren ging, oder wie häufig und heftig die Waldbrände sind, welche inzwischen jeden Sommer für Schlagzeilen sorgen. «Die Klimakrise ist angekommen. Die technischen Lösungen haben wir, jetzt müssen wir uns zusammenraufen und diese Transformation als Gesellschaft schnell und solidarisch schaffen.»

Die Kraft der Veränderung
Im Herbst wird Mechthild Mus ihr Geografiestudium aufnehmen und sich weiter mit den naturwissenschaftlichen Grundlagen, aber auch den politischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen der Erderwärmung befassen. Die Hoffnung darauf, dass es Lösungen gibt, will sie nicht aufgeben. «Hoffnungslosigkeit ist keine Option», zeigt sie sich kämpferisch. «Vielmehr gibt mir alles, was schon in Gang gekommen ist, Hoffnung und Zuversicht: Die vielen engagierten Leute, die selber Solaranlagen auf die Dächer bauen, Kleidertauschbörsen organisieren oder Systeme aufbauen, um gegenseitig Alltagsgegenstände auszuleihen.» Das Thema des Klimaschutzes ist in der breiten Bevölkerung angekommen und nicht mehr nur ein links-grünes Thema, davon ist sie überzeugt. «Die Veränderungen haben angefangen und gehen weiter – die Politik muss fast ein bisschen aufholen.»