Die farbenprächtigen Kinder der Sonne

Im Sommer lassen sich Libellen bei der Paarung beobachten. Ihre Paarungsrituale sind dabei so vielseitig wie die Libellenarten selbst.
Der feuerrote Pfeil der Sommerlüfte. Die Feuerlibelle ist eine der auffälligsten unter den rund 70 Libellenarten, die in der Schweiz leben. (Bild: bhe)

Wir Menschen halten uns zur Sommerzeit gerne im und am Wasser auf, wir suchen vor allem die Abkühlung und den Spass am Baden. Aber auch andere Geschöpfe zieht es dann in die Nähe des Wassers, wenn auch aus ganz anderen Gründen. Es sind filigrane und farbenfrohe Wesen, die sich manchmal pfeilschnell, oft aber auch wie tanzende Feen, über das Wasser bewegen. Libellen sind Kinder der Sonne, ist ihre Aktivität an schönen, warmen Tagen doch bedeutend höher als bei feucht-kühler Witterung. Sie treffen sich zur Sommerzeit an allen möglichen Gewässern. Ein kleiner Weiher, Bachlauf, Kiesgrubentümpel oder ein Moorgewässer genügt ihnen. Hier haben sie nur ein Ziel: Paarung und Eiablage und damit Fortpflanzung und Erhalt ihrer Art.

Leben in zwei Welten
Libellen kehren dafür an den Ort ihrer Geburt zurück, denn sie verbringen ihren Lebenszyklus in zwei verschiedenen Welten. Alle Libellen schlüpfen aus einem im Wasser abgelegten Ei und leben zunächst als Larve im Wasser. Die gefrässige Libellenlarve häutet sich mehrmals und legt dabei an Grösse zu. Die Entwicklung zum flugfähigen Insekt kann je nach Libellenart zwischen einigen Monaten und fünf Jahren dauern. Typischerweise zwischen Mai und Juli steigt die Libellenlarve aus dem Wasser und verankert sich an einem Schilfhalm oder anderen Pflanzenstängeln. Nach einer Weile sprengt sie ihre alte Larvenhülle und schlüpft als noch weiche und blasse Libelle – eines der vielen Wunder der Natur. Sie entfaltet ihre Flügel und streckt den langen Hinterleib. Nun erhärtet sie allmählich, bekommt langsam ihre Farbe und startet zum Jungfernflug. Danach kann sie sich weit von jeg­lichen Gewässern entfernen und jagt zuweilen auch an trockenen Stand­orten wie blumenreichen Wiesen oder in Wäldern nach Fluginsekten, ihrer Hauptnahrung. Diese proteinreiche Kost benötigen die Libellenweibchen für die Eierproduktion.

Arttypische Paarungsrituale
Irgendwann im Juli oder August kehren sie zu ihren arttypischen Wasserlebensräumen zurück und werden dort bereits von paarungswilligen Männchen erwartet. Die Paarungsrituale sind so zahlreich und unterschiedlich wie die Zahl der Libellenarten, von denen es in der Schweiz ungefähr 70 gibt. Bei vielen Kleinlibellen, wie etwa der Hufeisen-Azurjungfer oder der Pechlibelle, packen die Männchen das Weibchen direkt aus dem Sturzflug mit ihren Hinterleibszangen am Hinterkopf. Das Weibchen biegt dann seinen Hinterleib und koppelt sich am Kopulationsapparat des Männchens an. Diese Konstellation bezeichnet man als «Paarungsrad». Die eigentliche Paarung dauert je nach Art zwischen wenigen Sekunden und mehreren Stunden. Danach fliegen Männchen und Weibchen im sogenannten Tandemflug von einer Wasserpflanze zur anderen und das Weibchen legt dabei seine Eier auf diese ab. Der Vorteil für das Männchen: Er hat sein Weibchen stets unter Kontrolle und schaltet jede Einmischung anderer Konkurrenten aus.

Nebenbuhler werden vertrieben
Bei anderen Liebellenarten, wie beispielsweise der knallroten Feuerlibelle oder der grünblauen Grossen Königslibelle, sind die Weibchen etwas freier. Sie fliegen allein über die Gewässer und werfen die Eier auf die Wasseroberfläche ab oder «kleben» sie unter Wasser an Wasserpflanzen. Aber auch diese Flüge werden von den Männchen eifersüchtig überwacht und allfällige Nebenbuhler aggressiv angegriffen. Ein eigentliches Balzritual, wie es bei den Vögeln üblich ist, kennen nur die wenigsten Libellenarten. Zu ihnen gehören die Prachtlibellen. Hier stecken die Männchen im Voraus ihre Reviere ab, indem sie ihren männlichen Konkurrenten die Pracht ihrer Flügel zeigen. Diese erkennen sofort, wenn da ein dominantes Männchen zugegen ist, und machen sich aus dem Staub. So oder so: die Weibchen legen ihre befruchteten Eier ins Brutgewässer ab und sorgen so für die nächste Libellengeneration. Danach sterben die sonnenliebenden Libellen noch vor dem Wintereinbruch.

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Bei den Grossen Königslibellen überwachen die Männchen ihre Weibchen bei der Eiablage.
(Bilder: bhe)

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Zwei Prachtlibellen-Männchen machen untereinander ihre Revieransprüche aus.

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Das Paarungsrad der Pechlibelle dauert bis zu 8 Stunden.

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Ein Paar der Hufeisen-Azurjungfer bei Tandemflug und Eiablage.

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