Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste

Die aussen frisch renovierte Synagoge Lengnau bleibt «aus bautechnischen Gründen bis auf Weiteres geschlossen», wie die Gemeinde schreibt.
Der Innenraum der Lengnauer Synagoge während einer Führung im März. In ihr ist kürzlich ein Fragment der Deckendekoration abgeplatzt. Um keine Risiken einzugehen, bleibt die Synagoge derzeit für Besichtigungen geschlossen. (Bild: bkr)

Bautechnische Mängel zwingen zu einer Schliessung der Synagoge Lengnau. Ob dieser Nachricht auf der Webseite der Gemeinde Lengnau tauchen vor dem geistigen Auge Bilder aus den Jahren lange vor der Innensanierung des Gebetshauses auf. Der vom Eingang her gesehen linke Teil der Empore war mit dicken Baumstämmen abgestützt. «Nein, so schlimm ist es derzeit nicht.» Das sagt Franz Bertschi. Der Ehrenbürger und frühere Gemeindeammann ist Stiftungsrat der «Gemeindegüter von Neu-Lengnau». Dieser Stiftung obliegt der Unterhalt der Gebäude der ehemaligen jüdischen Bürgergemeinde. «An der Decke ist es zu einer Abplatzung gekommen.» Fachleute werden nun den Schaden begutachten und kontrollieren, ob an anderen Orten der Decke Schäden drohen könnten – Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Apropos Schäden: Letztes Jahr wurde eine aufwändige Aussensanierung der Synagoge abgeschlossen. Wie steht es um das Innere? «Da ist derzeit nichts geplant», sagt Bertschi. Nicht zuletzt ist dem so, weil man den aktuellen Erhaltungszustand bewahren möchte.

Gebetshaus ist das Altersheim
Eine geschlossene Synagoge: Was bedeutet dies für die Gläubigen? Ein Gebetshaus ist die vom Zürcher Architekten und Semper-Schüler Ferdinand Stadler 1847 erbaute Synagoge schon seit Jahren nicht mehr. Der Grund? Die Tora-Rolle – unverzichtbare Schriftquelle für Gottesdienste – der Lengnauer Synagoge befindet sich im jüdischen Alters- und Pflegeheim Margoa (auf Deutsch: «Geborgenheit, Erholung, Pflege»). Dort finden bereits seit einiger Zeit die Gebete statt und nicht mehr in der ohne Tora-Rolle quasi «verweltlichten» Lengnauer Synagoge.

Begegnungszentrum Doppeltür
Franz Bertschi ist neben seinem Amt als Stiftungsrat der «Gemeindegüter von Neu-Lengnau» auch Mitglied des Vereinsvorstands Doppeltür. Dieser – quasi ein Spross des bestehenden jüdischen Kulturwegs – will die lange jüdisch-christliche Geschichte des Zusammenlebens im Surbtal einem breiten Publikum zugänglich machen, aber auch «beispielhaft gesellschaftliche Fragen zur Gegenwart und Zukunft anregen». Herzstück ist dabei das geplante Begegnungszentrum in Lengnau, zu welchem der ehemalige Konsumladen im Norden des Zentrumsplatzes um­gebaut werden soll – ein entsprechendes Baugesuch ist aktuell bei den Behörden hängig. Was ist Stand der Dinge? Bertschi: «Es hat Einwendungen gegeben und wir hoffen, uns mit den Einsprechern gütlich einigen zu können.» Um was es in der Sache geht? Dazu wollte sich Bertschi angesichts des laufenden Verfahrens nicht äussern. Er hofft auf jeden Fall darauf, bis Jahresende eine Baubewilligung zu erhalten.

Das vormals strittige Thema der Parkierung von Gäste-Cars dürfte hingegen kein Problem mehr sein. Wie Gemeindeschreiber Anselm Rohner bestätigt, hat der Verein Kulturweg unabhängig vom Baugesuch dafür bereits eine Lösung gefunden – und diese funktioniere bisher absolut einwandfrei.