Ein «Tabubruch» für den Museumserhalt

Das Museum Langmatt will mit der Versteigerung von ein bis drei Bildern in New York rund 40 Millionen Franken für die Museumsstiftung erlösen.
Bilds «Das Boot» von Pierre-Auguste Renoir. (Bild: Museum Langmatt, Baden)

Das Museum Langmatt besitzt und verwaltet eine der bedeutendsten Privatsammlungen des französischen Impressionismus in Europa. Angelegt wurde die Sammlung im Wesentlichen zwischen 1908 und 1919 von Sidney und Jenny Brown. Das Ehepaar Brown gehörte zu den ersten Schweizern, die systematisch damals noch zeitgenössische Werke französischer Impressionisten erwarben. Über einen längeren Zeitraum erwarben sie so Werke von Künstlern wie Cassatt, Cézanne, Degas, Gauguin, Monet, Pissarro, Renoir und Sisley. Seit 1990 ist die Sammlung im Museum Langmatt, dem einstigen Wohnsitz der Familie Brown, öffentlich zugänglich. Sie wird von der Stiftung Langmatt verwaltet. Weil deren Vermögen von Beginn an für den Betrieb des Museums unzu­reichend war und sich die Stiftung auch aufgrund jahrelanger baulicher Notfälle aktuell in einer finanziellen Notlage befindet, hat man sich dafür entschieden, die notwendigen 40 Millionen Franken durch den Verkauf von ein bis drei Bildern der Sammlung zu erlösen. Nun ist auch klar, wo das geschehen wird: Das renommierte Auktionshaus Christie’s wird die Bilder im November in New York versteigern. Welche Bilder unter den Hammer kommen, ist Gegenstand laufender Abklärungen. «Das Auktionshaus ist momentan dabei, Abklärungen zu den Bildern zu treffen, die möglicherweise verkauft werden könnten», erklärt der Direktor des Museums Langmatt, Markus Stegmann. «Schliesslich geht es um viel Geld. Vieles muss sorgfältig vorbereitet werden.» Die Wahl der Bilder werden Christie’s und das Museum Langmatt in der zweiten Septemberhälfte kommunizieren.

Der Schritt, Bilder der Sammlung zu veräussern, um den Fortbestand des Museums zu sichern, löste in der hiesigen Kunstszene teilweise heftige Kritik aus. Das International Council of Museums (Icom) hat angekündigt, das Museum Langmatt auszuschliessen, sollte der Verkauf der Bilder tatsächlich erfolgen. Kritisiert wird in erster Linie, dass durch den Verkauf der Bilder ein Präzedenzfall geschaffen werde, der das treuhänderische Verhältnis von Museen zu ihren Sammlungen infrage stelle. Eine Sorge, die Markus Stegmann zwar nachvollziehen kann, in diesem Fall aber für unbegründet hält: «Der Fall Langmatt taugt nicht als Präzedenzfall. Die Stiftung Langmatt und somit auch das Museum befinden sich in einer finanziellen Notlage. Dieser Fall, dass ein Museum in seiner Existenz bedroht ist, ist in den Richtlinien des Icom gar nicht vorgesehen. Ich bin absolut dafür, dass es für Museen bei der Veräusserung von Werken klare rote Linien gibt. Ich finde aber, dass es möglich sein muss, die Langmatt durch den Verkauf von Bildern zu retten, da es keinerlei Alternativen gibt und das den Charakter der Sammlung nicht verändern wird.»

Sidneys Südseesouvenirs
Unabhängig von den Diskussionen um den bevorstehenden Verkauf der Langmatt-Bilder startet am 13. August eine neue Kabinettausstellung in der Langmatt. Jahre bevor Sidney Brown (1865–1941) mit der BBC in Baden seine berufliche Heimat fand, suchte er sein Glück in Übersee. Die Kabinettausstellung «Schaufensterarchiv» in der Langmatt begleitet den jungen Ingenieur anhand von Originalbriefen, Dokumenten, Fotos und Objekten auf seiner 14-monatigen Reise in damalige Kolonien. Von Sri Lanka, Indonesien und Australien brachte Sidney Brown 1889 zwar nicht die erhofften Bodenschätze in die Schweiz mit, dafür aber eine Kiste mit rätselhaften Artefakten, die den Grundstein seiner exotischen Sammlung bilden sollten.

Die Speere, Zeremonialpaddel, Dolche und Gürtel lagerten lang in den Kellerräumen der Villa, bis 1965 der mittlere Sohn, John Alfred Brown, elf der melanesischen Artefakte dem Museum Rietberg in Zürich schenkte. Einen weiteren Teil des Konvoluts erhielt später die Privatgärtnerfamilie Schneider als Geschenk, die sechs Jahrzehnte lang in Diensten der Browns stand. In der Langmatt verblieb ein knappes Dutzend der Objekte aus der Südsee.

Die Kabinettausstellung «Schaufensterarchiv» beleuchtet Sidney Browns Reise anhand der in der Langmatt vorhandenen Originaldokumente und -objekte und setzt die neuen Forschungsergebnisse in Verbindung zur Familien- und Sammlungsgeschichte. Das Publikum nähert sich dabei einer vom Kolonialismus geprägten Epoche, die bis heute Fragen aufwirft. Die Ausstellung ist vom 13. August bis zum 10. Dezember zu sehen.

Ash Keatings Farbenpracht
Der 1980 in Melbourne, Australien, geborene und lebende Künstler Ash Keating hat sich international mit spektakulären Bemalungen ganzer Gebäude und riesiger Wände einen Namen gemacht. Als Kind flog er mit seiner Grossmutter in einem kleinen Flugzeug über die schier unendlichen landschaftlichen Weiten Australiens. Diese intensiven Farben zwischen Himmel und Erde haben ihn nachhaltig geprägt. Die energetische Farbigkeit seiner Malerei mit ihren flüssigen, vertikalen Verläufen legt davon Zeugnis ab.

In einer öffentlichen, performativen Aktion am 17. August – kurz vor der Badenfahrt – verwandelt Ash Keating das zeitlebens etwas stiefmütterlich behandelte Verwalterhaus im Park der Langmatt in ein gewaltiges dreidimensionales Gemälde. In den letzten Monaten seiner Existenz blüht das Haus Germann in ungeahnter Frische und Farbigkeit auf, bevor es im Rahmen der anstehenden Gesamtsanierung der Langmatt einem gläsernen, multifunktionalen Pavillon weichen muss. Die Langmatt präsentiert sich erneut als besonderer Ort für mutige Malerei.

Ash Keatings erste Einzelausstellung in Europa wird durch neue Bilder im Park und in der Gemäldegalerie ergänzt, was einen differenzierten Einblick in die Arbeit des Künstlers ermöglicht. Am 2. November erscheint eine Publikation mit Ausstellungsansichten und Texten von Markus Stegmann und Daniela Minneboo.

Performance Ash Keating:
Donnerstag, 17. August, ab 9 Uhr
Museum Langmatt, Baden