Klangerlebnis an der Badenfahrt

Sich für die Badener Grossanlässe etwas Besonderes einfallen zu lassen, hat beim BBW Tradition. Angekündigt ist ein musikalisches Spektakel.
Mit ausgefallenen Ideen will Christian Noth frischen Wind in die Welt der ­Blasmusik bringen. (Bild: zVg | Blasorchester Baden Wettingen)

Ein Klangspektakel ohne Anfang und Ende – schwebend, verschmelzend, verwirrend, Neues erschaffend, Altes aufgreifend. So beschreibt das Blasorchester Baden Wettingen (BBW) sein Badenfahrt-Projekt «Neo-Wind!», mit dem das Orchester einmal mehr neue Wege beschreitet. «Mir war immer schon die Art eigen, Blasmusik neu zu denken», meint der Dirigent des BBW, Christian Noth. «Und ich versuche stets, einem breiten Publikum zu zeigen, was die Blasmusik alles zu bieten hat.» Dadurch will das BBW auch den angestaubten Ruf der Blasmusik, die – nicht ohne eigenes Zutun – heute in erster Linie Assoziationen zu militärischem Drill und Marschmusik weckt, wieder aufpolieren. Wer daran denkt, wird bei «Neo-Wind!» eine Überraschung erleben. Das Projekt markiert bereits den vierten Beitrag, den das BBW extra für einen Badener Grossanlass auf die Beine stellt. 2012 erhielt der Verein für sein damaliges Projekt «Klangschichten – Schichtklänge» den Ukurba-Kulturpreis. «Die Badenfahrt ist immer eine gute Gelegenheit für uns, mit unserer Musik Leute zu erreichen, die sonst nicht mit Blasmusik in Kontakt kämen», sagt Christian Noth, der sich der Chancen bewusst ist, die Projekte wie «Neo-Wind!» dem Verein eröffnen. Durch die Erfolge, die Christian Noth mit den bisherigen Badenfahrt-Projekten feiern durfte, geniesst er bei seinem Orchester grosses Wohlwollen, selbst wenn seine Ideen anfangs ausgefallen anmuten – was in der Regel der Fall ist.

Orchestrale Minimalmusik
Für «Neo-Wind!» fusioniert das Orchester die symphonische Musik mit elektronischen Klängen und schafft so eine Kombination, die nur selten zu hören ist. Die Badenfahrt lässt oft Neues entstehen und führt verschiedene Welten zusammen. Bei «Neo-Wind!» wird dieser Prozess hörbar. Der künstlerische Leiter Christian Noth entwickelte gemeinsam mit dem Schweizer Jazzmusiker Stefan Aeby ein repetitives Klangkonzept, das an der Badenfahrt nahtlos aneinandergereiht zur Aufführung kommt. Der Schweizer Komponist Stephan Hodel schrieb dafür extra ein Orchesterwerk, das am Samstag im Mättelipark uraufgeführt wird.

«Wir haben uns erst kurzfristig beim Badenfahrt-Organisationskomitee (OK) gemeldet, ob wir einen Beitrag machen könnten. Trotzdem wurden wir vom OK ermuntert und erhielten Unterstützung, so wie wir es uns nur hätten wünschen können», sagt Christian Noth.

Sphärisch windige Klänge durchdringen die Stille, nehmen Fahrt auf und integrieren das Orchester fliessend. Stetig entwickelt das Blasorchester zusammen mit dem Musiker Stefan Aeby das immersive Klangereignis. Verstrickungen, Ergänzungen, Überlagerungen – neue Klangwelten entstehen. Die Musik fliesst unaufhörlich, mal fein, mal vehement. Nach 40 Minuten wiederholt sich das Klangkonzept, bis der Schlussakkord im Treiben der Badenfahrt verhallt. Die Wiederholung ist Programm. Durch kleinste Veränderungen in Melodik und Rhythmik entwickeln sich die musikalischen Motive repetitiv und drängen unaufhörlich voran. Stefan Aeby steuert die elektronische Musik bei, improvisiert spontan und schafft ein noch nie da gewesenes Klangerlebnis. Mit seinen Überleitungen verzahnt er die Stücke des Orchesters zu einem steten Klangteppich. Der Höhepunkt der Darbietung ist das neue Werk von Stephan Hodel, das an der Badenfahrt uraufgeführt wird. Ausserdem wird das Stück «On my way home» von Théo Schmitt – das heute als erstes Werk der Musikrichtung Minimal gilt – erstmals von einem Harmonieorchester aufgeführt, gepaart mit anderen Werken der Minimalmusik. Für die Musikerinnen und Musiker war diese Form der Zusammenarbeit eine Herausforderung: «Das Orchester spielt – auch bei ‹Neo-Wind!› – ab Noten. Das können wir gar nicht anders. Stefan Aeby hingegen wird fast alles improvisieren. Um das miteinander in Einklang zu bringen, habe ich versucht, den Musikerinnen und Musikern durch spezielle Proben diese Art des Musizierens zu vermitteln. Das war ein total spannender Prozess», beschreibt der Dirigent die Entstehung des Werks. «Weil wir uns von den Noten der Werke etwas lösen, lassen wir – natürlich immer mit Respekt vor den Originalwerken – mit ‹Neo-Wind!› etwas Neues entstehen.»

Insgesamt wird das BBW «Neo-Wind!» viermal zur Aufführung bringen. Jeweils samstags und sonntags an beiden Badenfahrt-Wochenenden. Unter der Woche wird das Stück zudem in die Audioausstellung des Baus-100 integriert und dort hörbar sein.

Das andere Blasorchester
Das BBW spielt mit gut 50 Musikerinnen und Musikern in Harmoniebesetzung. Der Verein ging nach dreijähriger Spielgemeinschaft 2015 aus der Fusion der beiden Vereine Stadtmusik Baden und Jägermusik Wettingen hervor. Das Orchester ist bekannt für seine thematischen Konzerte, die rege Zusammenarbeit mit Solistinnen und Solisten und seine Experimentierfreudigkeit. Darin unterscheidet es sich von den meisten anderen Blasorchestern, «Neo-Wind!» passt also ausgezeichnet ins Konzept.

Samstag, 19. und 26. August, 12 Uhr
Sonntag, 20. und 27. August, 14 Uhr
Theaterplatz, Baden