Die Hänge der Lägern – auch in Richtung Ehrendingen – gehören unbestritten zu den schützenswerten Landschaften im Kanton Aargau. Wichtig in diesem Zusammenhang: Es geht nicht primär um Naturschutz, um Standorte für Tiere und Pflanzen, sondern um das Landschaftsbild. Was soll Vorrang haben? Ein tiergestütztes Therapieangebot für sozial benachteiligte, psychisch kranke und körperlich behinderte Menschen oder die Landschaft? Würden zusätzliche, künftig für Therapien nötige Bauten die Anmutung des Längernhangs beeinträchtigen? Mit solchen Fragen hatte sich der Wettinger Einwohnerrat zu befassen.
Überführung in eine Stiftung
Die Vorgeschichte in Kürzestform (in der «Rundschau» vom 31. August wurde ausführlich berichtet): Die Familie Eva und Luz Sozzi hat vor vielen Jahren auf ihrem Bauernhof Therapieangebote zum Betriebszweig gemacht, was sie auch in einer Schutzzone dürfte. Mit der geplanten Überführung des Therapieangebots in eine Stiftung sieht das nun anders aus. Der Kanton (er ist Hüter der Schutzzone) und der Wettinger Gemeinderat sahen jedoch Gründe für eine Ausnahme, was in Wettingen zu heftigen Reaktionen führte.
Dass Gemeinderat Sandro Sozzi – er nahm an der Einwohnerratssitzung nicht teil – Sohn des Hofs ist, machte die Diskussion nicht einfacher und führte bei SVP-Fraktionspräsident Martin Fricker im Vorfeld der Debatte zu folgender Einschätzung: «Für die Eigentümer, im kommunalen Esta-blishment verankert, werden rechtliche Vorgaben uminterpretiert und grosszügig ausgelegt.» In der Sitzung kam Fricker auf die kantonale Zustimmung für eine Ausnahmeregelung zu sprechen, in der es «knapp vertretbar» heisst. Für ihn bedeute das, dass die Fachleute vom Regierungsrat «politisch übersteuert» würden.
So sah es ebenfalls Leo Scherer (WettiGrüen). In jungen Jahren arbeitete der Jurist beim Rechtsdienst des Baudepartements. «Es gab damals Dossiers mit einem Zettel und dem Auftrag, vor einem Entscheid mit dem Departementsvorsteher Kontakt aufzunehmen.» Solche Mutmassungen waren nicht Sache von EVP-Mann Lukas Rechsteiner, Mitglied der Geschäftsprüfungskommission: «Das ist zu viel der Polemik.» Als einzige Fraktion stellte sich Mitte-EVP grossmehrheitlich hinter die Sonderzone: «Es geht uns um Menschen, die ansonsten keine Stimme haben.»
Zum Stichwort «knapp vertretbar» äusserte sich zudem Manuela Ernst von der GLP. Ihr ging es um den Begriff «massvoll»: «Sind 4500 Quadratmeter massvoll? Das Wettinger Rathaus hat eine Grundfläche von 630 Quadratmetern.» SVP und FDP sahen es nicht als zwingend an, dass das unbestritten gute Therapieangebot nur am Berg und nicht ebenso an einem anderen Standort angeboten werden könnte. Judith Gähler (FDP) fasste die Debatte mit «die Suppe der Emotionen kocht» zusammen.
Da es bei der ein oder anderen Fraktion «noch Wackelkandidaten geben könnte», beantragte die SVP (unterstützt von der GLP) eine geheime Abstimmung, was der Rat dann auch beschloss. So stimmten 22 der 46 anwesenden Einwohnerrätinnen und -räte für die Spezialzone, 23 dagegen. Eine Person enthielt sich der Stimme.
Weitere Traktanden der Einwohnerratssitzung
– Sophie Bürgler (Die Mitte) wurde als Nachfolgerin von Ariane Dieth in Pflicht genommen.
– Der Rat bewilligte brutto 3,5 Millionen Franken für die Sanierung der Tägerhardstrasse West samt Werkleitungen.
– 630 000 Franken wurden für die Anschaffung eines neuen Tanklöschfahrzeugs der Feuerwehr bewilligt.
– Die SVP war mit der Beantwortung einer Interpellation zum Thema Spitex-Verein Wettingen-Neuenhof nicht zufrieden.
– Beantwortet wurde eine Interpellation von Robin Rast (SVP) zum Thema «Wechselgeschirr am Wettingerfest 2023».