Bücher büffeln für den Buchpreis

Laurin Jäggi führt seit gut vier Jahren die Badener Buchhandlung Librium. Für die Verleihung des Buchpreises opferte er seine Freizeit.
Buchhändler Laurin Jäggi von der Buchhandlung Librium sitzt in der Jury für den Schweizer Buchpreis 2023. (Bild: sim)

Als Buchhändler nehmen Bücher aller Art natürlich einen zentralen Platz in Laurin Jäggis Leben ein. 2015 war bereits seine Mutter Susanne Jäggi, von der der 41-Jährige die Buchhandlung Librium 2019 übernahm, Mitglied der Jury für den Schweizer Buchpreis. Dieses Jahr wurde diese Ehre und anspruchsvolle Aufgabe nun Laurin Jäggi zuteil. «Ich freue mich natürlich über die Ernennung, selbst wenn es ein grosser zusätzlicher Aufwand ist. Und ich habe mich auf die Anfrage hin bei der Buchpreis-Organisation erkundigt, ob man wisse, dass meine Mutter schon einmal in der Jury gesessen habe. Ich wollte nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht.» Der Berufungsausschuss sah darin keinen Grund, Laurin Jäggi einen Sitz in der Jury zu verweigern, und so machte sich der Badener ab April daran, beinahe 50 der insgesamt etwa 85 eingereichten Bücher für den Buchpreis 2023 zu lesen. «Ich musste dafür tatsächlich fast meine gesamte Freizeit aufwenden. Es hat aber auch grossen Spass gemacht, da ich so viele Bücher las, die ich sonst wohl nie gelesen hätte», fasst Jäggi seine bisherige Erfahrung als Jurymitglied zusammen.

Möglichst objektive Bewertung
Die vom Berufungsausschuss des Schweizer Buchpreises jährlich bestimmte fünfköpfige Jury stellt aus der Gesamtliste der eingereichten Bücher eine Nominationsliste mit fünf Werken zusammen. Dieses Jahr ist der Berner Schriftsteller und Filmemacher Matthias Zschokke für seinen Roman «Der graue Peter» nominiert. Er debütierte 1982 mit dem Roman «Max» und gewann seither zahlreiche Preise. Die multimedial in Literatur, Musik, Virtual Reality, Hörspiel und Theater arbeitende Sarah Elena Müller hat es mit ihrem Roman «Bild ohne Mädchen» auf die Shortlist geschafft. Sie tritt im Mundart-Popduo Cruise Ship Misery als Ghostwriterin und Musikerin auf und ist Mitbegründerin des Kollektivs Rauf. Der Berner Archäologe Demian Lienhard, der in Baden aufwuchs, wurde für seinen Debütroman «Ich bin die, vor der mich meine Mutter gewarnt hat» aus dem Jahr 2019 mit dem Schweizer Literaturpreis 2020 ausgezeichnet. Dieser spielte sogar teilweise in Baden und Neuenhof, vor allem aber in Zürich. Er ist mit dem Roman «Mr. Goebbels Jazz Band» in der engeren Auswahl. Adam Schwarz studierte Philosophie und Germanistik in Basel und Leipzig und arbeitet als Kulturjournalist. Sein Roman «Glitsch» hat ihm dieses Jahr eine Nomination eingetragen. Der Laufenburger Christian Haller wurde für sein umfassendes Werk schon vielfach ausgezeichnet. Seine Novelle «Sich lichtende Nebel» komplettiert die diesjährige Shortlist für den Schweizer Buchpreis. «Das waren extrem spannende Diskussionen», schwärmt Jäggi von der Arbeit der Jury für die Nomination. «Grundsätzlich waren wir uns in vielen Punkten schnell einig, im Detail wurde aber durchaus intensiv und kontrovers debattiert.»

Aus den fünf nominierten Werken bestimmt die Jury, die in ihrer Entscheidungsfindung unabhängig agiert, die Preisträgerin oder den Preisträger des Schweizer Buchpreises 2023. Neben Laurin Jäggi entscheiden dieses Jahr Sieglinde Geisel, freie Kritikerin und Schreibcoach, Michael Luisier, Literaturredaktor SRF, Joanna Nowotny, Literaturwissenschaftlerin, Mitarbeiterin am Schweizerischen Literaturarchiv und Journalistin, sowie Yeboaa Ofosu, Kulturwissenschaftlerin und Literaturexpertin, wer den Schweizer Buchpreis am 19. November verliehen bekommt.

Ob und wie man Belletristik überhaupt objektiv bewerten kann, ist eine Frage, mit der sich die Jurymitglieder verständlicherweise intensiv auseinandergesetzt haben. «Am Ende ist es keine exakte Wissenschaft», räumt Laurin Jäggi ein. «Es gibt aber handwerkliche und logische Kriterien, die einer objektiven Bewertung zugänglich sind.»

Bücher behaupten sich
Die Buchhandlung Librium, die heute sechs Mitarbeitende beschäftigt und am Badener Theaterplatz zu finden ist, wurde 1979 von Susanne Jäggi an der Oberen Gasse gegründet. Seither wurden gedruckte Bücher aufgrund technischer Neuerungen verschiedentlich totgesagt. Trotz dieser Ankündigungen behaupten sich Bücher und Buchhandlungen heute noch gegenüber digitalen Alternativen.

Laurin Jäggi, der um die und mit der Buchhandlung seiner Mutter aufwuchs, hegte lang keine Absicht, das Geschäft dereinst zu übernehmen. Zwar arbeitete er während seines Studiums der Germanistik und der Geschichte aushilfsweise in der Buchhandlung, nach seinem Abschluss arbeitete er jedoch andernorts. Erst als die Frage nach der Zukunft der Buchhandlung aufgrund der anstehenden Pensionierung seiner Mutter konkret wurde, setzte sich Laurin Jäggi ernsthaft mit dem Gedanken auseinander und entschied sich schliesslich, die Nachfolge seiner Mutter anzutreten. «Die Entscheidung habe ich bisher nicht bereut. Ich habe immer noch sehr viel Freude an meinem Beruf. Einerseits weil er so abwechslungsreich ist, andererseits weil ich ein wirklich tolles Team habe.» Um die Zukunftsfähigkeit von Büchern an sich, die schon zahlreiche Neuerungen überlebten, macht sich Jäggi jedenfalls keine Sorgen.