Die neue Wohnung mit Kunst gefüllt

Er hat gemodelt und war als «Mister Streetparade» in den Medien. Als Künstler «Costas Monts» zeigt der gebürtige Korfiot auch sensible Seiten.
Künstler Konstantinos Montsenigos wagt mit 78 Jahren noch einmal einen Neuanfang. (Bild: is)

Pudel Eos (5) bellt, und Konstantinos Montsenigos strahlt, als er die Tür öffnet. «Willkommen in meinem neuen Zuhause», sagt der 78-Jährige. Er hat am Telefon nicht zu viel versprochen: Seine Wohnung ist gefüllt mit Kunst. An den Wänden hängen zahlreiche Bilder, weitere Werke hat der Künstler am Boden drapiert, auf den Fenstersimsen stehen Engelsfiguren, viele davon aus selbst trocknendem Ton angefertigt. Auf einem Sideboard thront der Kopf der griechischen Medusa mit blaugrünen Schlangenhaaren, neben dem Fernseher steht eine Büste des griechischen Götterboten Hermes, Sohn des Zeus, am Boden. Beide Büsten habe er gekauft und dann nach seinen Vorstellungen bemalt und ihnen so einen neuen Touch gegeben, erzählt er. 

In einem Zimmer hat Montsenigos sein Atelier eingerichtet, die Staffelei ist am Fenster platziert: «Hier habe ich viel Licht.» Alle Werke sind mit «Costas Monts» signiert. Ein Künstlername? Der gebürtige Korfiot schmunzelt: «Mein erster Galerist auf Korfu fand meinen Namen viel zu lang. Deshalb habe ich ihn halbiert, und dabei ist es bis heute geblieben.» 

Schicksalsschlag vor einem Jahr 
Pudel Eos folgt seinem Herrchen beim Gang durch die Wohnung auf Schritt und Tritt. «Manchmal wird er sogar eifersüchtig, wenn ich mich mit jemandem unterhalte», sagt Costas Montsenigos und meint dann: «Ich bin sehr froh, dass ich ihn habe.» Denn im September 2022 verlor der Pensionär seine Frau Ursula (77) – neun Monate nachdem bei ihr eine schwere Krankheit diagnostiziert worden war. Gemeinsam wohnten sie fast 35 Jahre in Zürich und weitere 14 Jahre in Regensdorf. Sohn Arsenios, der mit seiner Familie in Endingen lebt, überzeugte ihn schliesslich, zu ihm aufs Land zu ziehen. Seit Juni ist Costas Montsenigos nun ebenfalls im Surbtal zu Hause. «Es gefällt mir hier. Die Menschen grüssen einander.»

Seit seinem Umzug weiss Costas Montsenigos allerdings nicht mehr, wohin mit seiner Kunst. In Zürich konnte er seine Werke regelmässig in der Kronen-Galerie an der Froschaugasse oder am Rindermarkt in Zürich Oerlikon ausstellen. «Hier bin ich leider noch nicht vernetzt», stellt er fest. 

Der Tod seiner Frau vor einem Jahr hat Konstantinos Montsenigos nachdenklicher gemacht. Das zeigt sich in seiner Kunst. «In manchen Bildern übe ich Kritik, wie die Menschen mit der Natur umgehen», erzählt er. Oft malte er martialisch in Schwarz und Rot. «Momentan sind Gelb und Blau meine Farben.» Damit hat er einige Möbelstücke bemalt – hier eine blaue Kante, da eine gelbe Fläche. «Es sind nur Details. Aber ich brauchte Veränderung.» Zu sehr erinnerten ihn die Möbel an die Vergangenheit. «Ich trage Ursula in meinem Herzen und in meinem Kopf.» Das Leben muss weitergehen, und die Kunst hilft ihm dabei. 

«Ich bin so froh, dass ich ihn habe»: Pudel Eos gibt Costas Montsenigos Halt und Motivation. (Bild: is)

Schreiner statt Künstler
Seine Leidenschaft entdeckte Montsenigos schon in Jugendjahren auf der griechischen Insel Korfu: «Mit 14 Jahren habe ich mein erstes Ölbild gemalt.» Doch der Vater war gegen ein Leben als Künstler. «Er schickte mich zu einem Schreiner. Dabei mache ich mich gar nicht gern schmutzig, ich bin ein Ästhet und habe meine Schwester stets bei der Kleiderwahl beraten», erzählt er amüsiert. Später führte er mit einem Bruder eine Café-Bar am Strand. Vier Jahre lang besuchte er ohne das Wissen seines Vaters eine Kunstabendschule. 

Gemeinsam eröffneten die Brüder zwei Geschäfte, wo sie handbemalte Tonwaren und Stofftaschen verkauften. «Ich designte auch Kleider und brachte die Entwürfe zu einer Schneiderin.» Schliesslich musste Costas Montsenigos zweieinhalb Jahre Militärdienst als Koch leisten. Danach habe er beschlossen, sein Leben selbst zu bestimmen, sagt er heute. Er wollte nach Brindisi (Italien), um in einem Hotel zu arbeiten. 

Als er mit 23 Jahren einen Kollegen nach Basel begleitet, um dessen Freundin zu besuchen, bleibt er jedoch in der Stadt am Rheinknie hängen. Einige Jahre arbeitet er in Restaurants – und trifft dort eines Tages Ursula. Zwar verlieren sie sich wieder aus den Augen, doch beim Wiedersehen ist es um den Griechen geschehen: «Ein Jahr später haben wir geheiratet.» Ursula wird schwanger, und vor der Geburt zieht das Paar nach Korfu, wo es ein zweites Mal vor den Altar tritt. Glückliche Jahre mit der Familie folgen – und als Künstler kann sich Costas endlich verwirklichen. 

Die Erinnerungen übermalt 
Als Sohn Arsenios viereinhalb Jahre alt ist, will Ursula zurück in die Heimat, und die Familie zieht nach Zürich. Mit 31 wird Costas Montsenigos Verkäufer in der Herrenkonfektion bei Jelmoli an der Bahnhofstrasse, 29 Jahre lang bleibt er dort. 

In Zürich entdeckt er auch seine verrückte Seite und nimmt jedes Jahr mit aufwendigen Kostümen an der Streetparade teil. Er holt einen Umschlag aus dem Schrank und zeigt Fotos: Costas mit Plastikkleid, Costas mit grüner Irokesenperücke, Costas mit Gummipenis – «meine Kostüme waren alles. Von einfach bis sexy», sagt er verschmitzt. Schnell wird der Paradiesvogel mit dem silbernen Haar ein beliebtes Fotosujet der Pressefotografen, und 2006 kürt ihn das OK offiziell zum «Mister Streetparade». Vor 15 Jahren, mit 63, tanzt er das letzte Mal auf dem Bürkliplatz.

Parallel modelt Costas Montsenigos für Herrenkataloge und läuft an Modeschauen. Genauso gern ist er aber Familienvater und spielt gemeinsam mit seiner Frau in Zürich Affoltern viele Jahre lang Kasperlitheater. Die Kleidchen nähen sie selbst, auch die Puppengesichter bemalen sie selbst. Später entdeckt er das Laientheater. «Die Leute lachten immer, wenn ich auf die Bühne kam, und so erhielt ich grössere Rollen», erzählt der 78-Jährige.

Eos bellt. Zeit zum Gassigehen. «Viermal pro Tag gehen wir raus», sagt Konstantinos Montsenigos stolz. Demnächst will er mit seiner Schwiegertochter Öznur ein Hallenbad in der Gegend ausfindig machen, um regelmässig schwimmen zu können. Und er hofft, bald wieder ausstellen zu können. «Ich fühle mich überhaupt nicht wie 78», sagt er beim Abschied. Eos bellt. Das Leben ist zu kurz, um Zeit zu verschwenden.

Der Künstler Costas Monts ist gern bereit, seine Werke zu zeigen. Ein Termin kann unter 044 361 72 18 vereinbart werden.