Wirklich glücklich mit der Ausgangslage – mit dem vorliegenden Finanzplan 2023 bis 2032 und dem Budget für 2024 – war im Wettinger Einwohnerrat niemand. Aber die Frage des Steuerfusses – er bleibt für 2024 bei 95 Prozent, und der Voranschlag ist ausgeglichen – hat das Gemeindeparlament nicht erneut gespalten. Auch wenn je nach politischer Couleur gern in die eine oder andere Richtung an der Steuerschraube beziehungsweise an den Ausgaben gedreht worden wäre. Letzteres blieb nicht ganz aus.
Zahlen trotz Schulden
Zurück zur Ausgangslage. Christian Wassmer fand es namens der Mitte/EVP-Fraktion schade, dass nicht bereits nächstes Jahr mit einer an eine Steuererhöhung gekoppelten Vorfinanzierung des geplanten Oberstufenzentrums begonnen wird. Noch weniger Freude hatte Wassmer am Finanzplan. Dieser zeigt auf, wie Einnahmen und Ausgaben (Investitionen) mittelfristig in Einklang gebracht werden könnten. «Vor einem Jahr wurde noch mit einer Steuererhöhung in drei Schritten auf 105 Prozent im Jahr 2030 geplant.» Schritt eins sei an der Urne gescheitert, und auf eine dritte Erhöhung werde ganz verzichtet. Die Folge? «Die Nettoschuld pro Einwohnerin und Einwohner steigt so von für 2024 budgetierten 5420 auf 8580 Franken.» Es sei absurd, selbst immer mehr Schulden anzuhäufen und gleichzeitig wegen des tiefen Steuerfusses via Finanzausgleich andere Gemeinden mitzufinanzieren. Aus diesen Gründen nehme die Fraktion vom Finanzplan ablehnende Kenntnis.
Dass SP/Wettigrüen punkto Steuerfuss «dem Kaiser geben will, was des Kaisers ist» (Matthäus 22,21), hat die Fraktion in den Budgetdebatten der letzten Jahre immer wieder unterstrichen – verzichtete dieses Mal aber auf einen Antrag. Fraktionspräsidentin Christa Camponovo hofft jedoch, dass dieses Budget das letzte seiner Art ist und «ausstirbt wie die Dinosaurier». Nachdenkliche Worte gab es aus den Reihen der FDP. «Die Schuldenlast hängt wie ein Damoklesschwert über uns», sagte FDP-Fraktionspräsidentin Judith Gähler. In Zukunft gelte es, «erst Geld zu verdienen, bevor man es ausgibt». Dagegen sprach sich Orun Palit als Votant der GLP nicht aus, gab aber zu bedenken, dass die Beibehaltung des Steuerfusses aktuell richtig und wichtig sei: «Eine Erhöhung träfe die Bevölkerung aufgrund der massiv steigenden Lebenshaltungskosten schwer.»
Weniger Lohnerhöhung?
Und die SVP? Sie opponierte nicht gegen den Steuerfuss, machte aber aus ihrer Sicht Einsparungspotenzial aus. So wollte sie die Lohnsumme der Gemeindeangestellten nicht um 2, sondern nur um 1,5 Prozent erhöhen oder die Beiträge an Baden Regio um 50 Prozent kürzen, was laut Gemeindeammann Roland Kuster allerdings gar nicht möglich ist. «Der Beitrag ist eine gebundene Ausgabe, die sich aus der Mitgliedschaft ergibt.» Beide SVP-Anträge wurden abgelehnt sowie eine Anzahl Forderungen nach zusätzlichen Ausgaben aus den Reihen der SP/Wettigrüen-Fraktion. Unter diesen 46 000 Franken für zusätzliche Bäume – und damit mehr Schatten – auf dem Areal des Schulhauses Zehntenhof.
Vizeammann und Finanzvorstand Markus Maibach würdigte das vorliegende Budget als «Übergang», als «wichtigen Schritt zur Vorfinanzierung der Schulbauten». Diese bedingt höhere Steuern und eine entsprechende Sensibilisierung der Wettinger Bürgerinnen und Bürger. In der Schlussabstimmung gab es für Budget und Steuerfuss 46 Ja und 2 Nein. Ein unbestrittenes Geschäft waren 3,3 Millionen Franken für ein in Containern untergebrachtes Provisorium beim Schulhaus Altenburg, das diesem acht zusätzliche Klassenzimmer bringt («Rundschau» vom 12. Oktober). Vor dem Hintergrund anderer Schulprovisorien (Bezirksschule) meinte Alain Burger (SP): «Wettingen ähnelt mehr und mehr einem Containerschiff.»