Perfektion bis zum letzten Schliff

Seit 18 Jahren schleift Severen Trösch die Schlittschuhkufen für Profis und Amateure. In seinem Geschäft führt er die Tradition fort.
Messerscharfe Kufen fürs Kurven. Der prüfende Blick des Fachmanns: Severen Trösch in seiner Werkstatt. (Bild: cd)

Severen Trösch (32) machte seine Lehre 2006 bei Bauer Sport in Wettingen zunächst als Zweiradmechaniker, später als Handelsfachmann für Sport-Lifestyle. Aufgewachsen ist er in Bözberg, und die Hügel vor seiner Haustür veranlassten den Velofahrer früh, sich intensiv seinem Hobby zu verschreiben, das ihn zu seiner Berufswahl führte. «Sport ist bei Bauer Sport nicht nur unser Beruf, wir alle üben ihn aus», erzählt Trösch. «Jeder aus unserem Team macht in seiner Freizeit Sport, wir leben das», erklärt der Velofahrer die Firmenphilosophie. Seit 2019 ist Trösch, der heute in Baden wohnt, Geschäftsinhaber. «Bauer Sport ist hauptsächlich ein Velofachhandel, wir führen in unseren Abteilungen jedoch auch Sportartikel für Teamsportarten wie Unihockey, Landhockey, Handball und Eishockey.»

Geschäftsinhaber Severen Trösch. (Bild: cd)

Severin Tröschs Lehrmeister Robin Bauer, ein ehemaliger Eishockeyprofi beim EHC Kloten und den ZSC Lions, brachte ihm während der Ausbildung ein ganz besonderes Handwerk bei: das Schleifen von Schlittschuhkufen. Geschäftsinhaber Trösch hat die Auswirkungen der Digitalisierung auf dieses Fachgebiet miterlebt: «Früher war es ein reines Handwerk, das Erfahrung und Wissen voraussetzte.» Der stetige Austausch mit den Athleten sei geblieben, selbst wenn der Kufenschliff heute zum grössten Teil von Maschinen ausgeführt werde. Was zudem geblieben ist: Der letzte Schliff am Schluss wird der Kufe von Hand verpasst. 

«Es gibt heute immer weniger Geschäfte, bei denen man Eishockey- und Eiskunstlaufschuhe schleifen lassen kann», bestätigt Trösch die Tendenz. Und das, obwohl der Eishockey- und der Eiskunstlaufbreitensport und erst recht der Spitzensport auf geschliffene Kufen angewiesen sind. «Auch viele Grosshändler bieten diesen Service nicht mehr an», weiss Trösch. Der Grund dafür ist, dass viele Eisbahnbetreiber heute selbst einen Schleifservice anbieten. «Bauer Sport ist ein Partner des Tägi in Wettingen.» Die Zusammenarbeit mit einem der grössten Freizeit-, Sport- und Eventzentren in der Schweiz, wo von Grümpelturnieren bis zu Trainings und Play-offs von Erstligisten wie den Argovia Stars alle Eishockeyniveaus den Puck übers Eis schicken, generiert dem Schleifmeister bis zu 50 Aufträge pro Tag. «Bei Bauer Sport werden die Eisen vor allem für die Hobbysportlerinnen und -sportler geschliffen. In unserer Werkstatt präparieren wir aber ebenfalls die Kufen für Profis», sagt Trösch, als er vor der halb automatischen Sparx-Schleifmaschine in der Werkstatt steht.

Nach dem Schliff in der halb automatischen Maschine wird das Eisen von Hand nachbearbeitet. Ein Handwerk, das erlernt sein will. (bild: cd)

Der Hohlschliff machts
In der Maschine werden verschiedene Schleifsteine eingesetzt; viele Mannschaften bringen ihre eigenen Steine zusammen mit den Eisen zu Trösch in den Service. Profis lassen ihre Schlittschuhe jeden Tag schleifen. «Bei den grossen Eishockeyclubs und bei der Nationalliga sind dafür teilweise mehrere Materialwarte verantwortlich», erzählt der Fachmann. In den Play-offs der Spitzenteams brauchen manche Spieler sogar für jedes Matchdrittel frische Eisen. «Hinter dem Schliff der Kufen steckt eine ganze Wissenschaft», erzählt der Schleifmeister über sein Handwerk. Er vergleicht das materialintensive Eishockey mit dem Skisport. Das Eis weist, genau wie der Schnee, verschiedene Konditionen auf. Alle Schlittschuheisen zeigen im Querschnitt den typischen Hohlschliff. «Durch die Reibung beim Gleiten auf dem Eis entsteht durch den Druck auf den Schuh eine dünne Wasserschicht zwischen Kufe und Eis, auf welcher der Eisläufer oder die Eisläuferin gleitet.» Je geringer dabei der Radius ist, der die Grösse des Hohlraums in der Kufe vorgibt, um so weniger Halt hat der Schlittschuh zwar auf dem Eis, umso höher ist aber die Gleitgeschwindigkeit. Umgekehrt gibt mehr Hohlraum mehr Halt. «Für die Kufen von Eishockeygoalies ist ein flacherer Hohlschliff richtig, damit sie nicht am Eis hängen bleiben», erläutert Trösch in seiner Werkstatt. Auch die Auflagefläche aufgrund der Kufenform müsse beim Schleifen des Stahls berücksichtigt werden. Die Eisen für den Eiskunstlauf haben eine grössere Auflagefläche – «Eistänzer und Eistänzerinnen brauchen weniger Agilität als die Hockeyaner». Nachdem Trösch die Kufen aus der Maschine ausgespannt hat, kommt das Handwerk zum Zug: Der Schliff wird genau geprüft, überstehende Metallspäne vom Eisen abgezogen und der Kufenschliff bis zur messerscharfen Perfektion vollendet. «Es ist eine Leidenschaft von mir. Ich werde diese Tradition weiterführen.»