Dein Freund und Helfer in der Not

Die neue Produktion der Jugendbühne Neuenhof handelt von der Krise eines Polizisten – und davon, wie er zum Verbrecher wird.
Szene aus den Proben für das neue Stück «Polizeiruf 117». (Bild: jor)

Buchstabe für Buchstabe tippt Hauptwachtmeister Alois Keller (Thierry Engel) die Personalien des Einbrechers in seinen Computer. Dabei legt er die Stirn in Falten und kneift konzentriert die Augen zusammen, während er auf den Bildschirm blickt. Beim eben verhafteten Richard Graber (Pirmin Ursprung) handelt es sich um niemand Geringeren als einen alten Schulfreund Kellers. Sein ehemaliger Mitschüler sitzt, mit Handschellen gefesselt, gelangweilt auf einem Drehstuhl am Schreibtisch des Hauptwachtmeisters und schaut sich auf der Polizeiwache um. Immer wieder verdreht er die Augen, weil er es kaum aushält, dass Keller so lang dafür braucht, seine Daten ins Polizeisystem einzutragen. Ungeduldig greift er ihm bei einigen Formulierungen unter die Arme. Verhaftet wurde Graber wegen eines Einbruchs ins Pelzparadies Wyssbrod an der Zürcher Bahnhofstrasse, wo er einen Mantel aus dem Fell eines sibirischen Wüstenzobels im Wert von 32 000 Franken für seine Ehefrau stahl. Als die Personalien endlich abgehandelt sind, gibt es nur noch ein Problem: Wo soll Graber untergebracht werden? Nach einem Telefonat erfährt Keller nämlich, dass keines der umliegenden Gefängnisse ihn aufnehmen kann. Graber ist inzwischen von seinem Stuhl aufgestanden, um sich auf der Wache umzusehen, und entdeckt dabei eine Zelle, die mit gemütlichen Möbeln ausgestattet wurde. Als Keller das bemerkt, versucht er krampfhaft, den Delinquenten von dieser Zelle fernzuhalten. Was hat es mit dieser Geheimniskrämerei auf sich?

«Polizeiruf 117» – so heisst die neueste Produktion der Jugendbühne Neuenhof. Kurz vor Abschluss der Proben feilen die Schauspielenden lediglich an den letzten Szenen, denen, wie es Regisseurin Pascale Späni ausdrückt, noch etwas «Drive» fehlt. Die einstudierte Mundartkomödie in zwei Akten, geschrieben von Beat Schlatter und Stephan Pörtner, behandelt auf humorvolle Art das moralische Dilemma, in dem sich Hauptwachtmeister Keller befindet. Nach der Zufallsbegegnung mit seinem Schulfreund Richard Graber fragt er sich immer häufiger, ob nicht vielleicht der Verbrecher die richtigen Entscheidungen im Leben getroffen hat und warum er als Hüter des Gesetzes eine Niederlage nach der anderen einstecken muss.

Folgenschwerer Deal
Denn im Leben des Hauptwachtmeisters läuft es gerade alles andere als rund: Nach der Scheidung von seiner Ehefrau hat er sich auf unbestimmte Zeit in der einzigen Zelle der Polizeiwache einquartiert, was er mit allen Mitteln vor seiner Mitarbeiterin Renate Strittmatter (Pascale Späni) zu verheimlichen sucht. Als wäre es nicht schon peinlich genug, dass er als Polizist in einer Zelle wohnt, hat die Stadt nun auch noch drastische Sparmassnahmen beschlossen. Kellers Polizeiposten soll geschlossen werden, weil es an Geld für Sanierungen fehlt. Immer häufiger vergleicht Keller sein Leben mit dem des Einbrechers Graber. «Du, als Gauner, hast alles, was du brauchst», meint Keller zu ihm und klingt dabei fast ein wenig neidisch. Zum Glück hat Graber einen Plan, wie er Keller aus der Patsche helfen kann. Er soll so tun, als hätte es in der Zelle gebrannt, damit die Versicherung für die Sanierungskosten aufkommt. Der gut vernetzte Verbrecher hat zudem Kontakte zu einer Schweizer Versicherung. «Ein Telefonat, und du bist all deine Sorgen los!», lockt der Gauner. Doch auch für ihn soll bei diesem Deal etwas herausspringen: Seine Strafe für den Einbruch im Pelzparadies Wyssbrod soll unter den Tisch fallen. Der Hauptwachtmeister zögert: «Und da kommt wirklich keiner vorbei, um nachzuschauen?», hakt er nach. «Nein, wenn du ihnen einen Gruss von mir ausrichtest, wissen sie, worum es geht», beruhigt ihn Graber. Und schliesslich lässt sich Keller auf den Deal ein.

Simpler, aber effektiver Humor
Für die Regisseurin und Schauspielerin Pascale Späni ist es die dritte Theaterproduktion bei der Jugendbühne Neuenhof. Momentan besteht die Schauspielgruppe aus fünf Personen zwischen 22 und 29 Jahren. Es sei nicht leicht gewesen, ein abendfüllendes Stück für so wenige Schauspielende zu finden, erklärt Späni. Die Spielkommission habe ihnen schliesslich mehrere Stücke zur Auswahl vorgeschlagen. Die Wahl sei auf die Komödie «Polizeiruf 117» gefallen, weil sie die typischen Jugendbühne-Witze enthielte. «Die simplen Witze, die jeder lustig findet», führt die 26-jährige Lehrerin aus. Dank den humorvollen Dialogen und einem ausgeklügelten Plot kommt das Stück ohne tiefgründige Message aus. Der eingespielten Gruppe bleiben nur noch wenige Proben, bis sie an der Premiere die Früchte ihrer Arbeit zum ersten Mal einem Publikum präsentieren darf.

Die Premiere von «Polizeiruf 117» findet am Samstag, 13. Januar, statt. Weitere Aufführungstermine sind Freitag, 19. und 26. Januar, und Samstag, 20. und 27. Januar. Beginn um 20 Uhr im katholischen Pfarreisaal, Neuenhof.