«Unsere Stärke ist Präsenz in der Region»

Die Repol stellt bei Delikten, Anzeigen und Festnahmen Steigerungen fest. Wie die Szene am Bahnhof und das BAZ damit zusammenhängen. Jahresrückblick 2023 der Regionalpolizei (Repol) Brugg.
Patrik Lehmann, Polizeichef Stv. I, Andreas Lüscher, Polizeichef der Regionalpolizei und André Scheidegger, Polizeichef Stv. II, an der Pressekonferenz. (Bild: zVg)

Die Unsicherheiten des Weltgeschehens sowie internationale Konflikte wirken sich auch auf die Sicherheitslage in der Region aus. Andreas Lüscher, Polizeichef der Regionalpolizei (Repol) Brugg, registriert das bei seiner täglichen Arbeit: «Wir wissen, dass die Leute die Weltlage beschäftigt, und spüren Verunsicherungen und Ängste», sagte er einleitend zum Jahresrückblick 2023.

Situation am Bahnhof Brugg-Windisch
Zusammen mit der Kantonspolizei (Kapo) übt die Repol einen hohen Kontrolldruck auf die Szene am und rund um den Bahnhof aus. Die Hotspots werden im Dienstbetrieb der Repol überwacht. «In den letzten vier Monaten war eine stetige Beruhigung feststellbar», gab Lüscher bekannt.

Gerade am Bahnhof finde eine starke repressive Bearbeitung durch die Polizei statt, sagte Lüscher. «Das Thema ist aber kein reines Polizeithema», stellte der Polizeichef klar. Um die ganze Thematik und auch die politische Sphäre zu erfassen, hat eine Arbeitsgruppe unter der Federführung der Abteilung Gesellschaft der Stadt Brugg bislang zwei Sitzungen durchgeführt. Die Abteilung Gesellschaft entstand im letzten Juni aufgrund einer Neuorganisation der Sozialen Dienste und umfasst seither die Fachbereiche Gesellschaft, Schulsozialarbeit und Soziale Dienste.

Aufgrund der repressiven Bearbeitung der Hotspots durch die Repol sind seit Oktober letzten Jahres 172 Personenkontakte registriert. Dabei wurden 80 Anzeigen mit Sicherstellungen im Bereich Betäubungsmittel ausgestellt. Es sei ein Anstieg von Delikten im Bereich der Kleinkriminalität sowie von Streitigkeiten oder Körperverletzungen innerhalb der Szene am und um den Bahnhof verzeichnet worden, jedoch keine Entreissdiebstähle oder Strassenraub­delikte, informierte Andreas Lüscher in Anwesenheit seiner beiden Stellvertreter Patrik Lehman und André Scheidegger.

Die Repol auf Patrouille im Mausloch am 29. Januar. (Bild: cd)

«Massive Erhöhung von Strafanzeigen»
Der Dienstleistungsrapport der Repol Brugg zeigt bei den Anzeigen nach Strafgesetzbuch eine Veränderung im Vorjahresvergleich auf: 2023 wurden 485 Anzeigen gemeldet, davon 411 geklärt und 74 ungeklärt. 2022 waren es noch 351. «Die Fälle von Festnahmen und Polizeigewahrsam stiegen massiv», so Lüscher. Sie haben sich 2023 im Vergleich zum Jahr davor mehr als verdoppelt.

Deutliche Steigerung der Delikte
Auch im Zusammenhang mit dem Bundesasylzentrum (BAZ) in Brugg sprach Lüscher von einer deutlichen Steigerung der Deliktzahlen seit letztem Herbst und im generellen Vorjahresvergleich. Das vor allem in den Bereichen Ladendiebstahl sowie Diebstahl aus Fahrzeugen. Das BAZ Brugg ist derzeit mit 303 Personen belegt. «Die Bundesasylzentren haben landesweit eine sehr hohe Belegung», machte Lüscher den Druck bewusst und ergänzte: «Wir passen uns der Lage an.» Seit Sommer 2023 seien verstärkte Kontrollen im BAZ-Umfeld durchgeführt worden, und auf der Wegstrecke Mülimattsteg–Geissenschachen–Ländistrasse wurde seit Dezember 2023 die Beleuchtung ausgebaut.

Wegweisungen zeigen Wirkung
Im Jahresrückblick am letzten Donnerstag informierte Lüscher zudem über die Situation am Neumarkt und in der Bahnhofunterführung, dem Mausloch. «Wir haben festgestellt, dass sich Gruppierungen gebildet haben und dass das Littering zugenommen hat. Wir erhöhten den Kontrolldruck durch die Repol», betonte Lüscher. Wie am Bahnhof gelte auch auf dem Neumarktplatz: «Wir haben während der letzten Monaten eine Beruhigung festgestellt.» Dazu beigetragen haben auch die winterlichen Temperaturen.

Die vermehrten Kontrollen im Bahnhofsraum durch die Repol werden vorwiegend mit dem Instrument der Wegweisung nach Polizeigesetz sowie durch Aufklärung umgesetzt. «Wegweisungen wirken stark – und sofort», sagte Lüscher, der seit fünf Jahren Polizeichef in Brugg ist. Die Verfügungen dürfen nur von der Repol oder der Kantonspolizei erlassen werden: «Wir klären aber auch auf, weshalb wir was machen.»

Die Arbeit der Repol findet in Zusammenarbeit mit der Alpha Security Sicherheitsdienste AG (City-Patrouille) und der Protectas AG statt, die wiederum vom Staatssekretariat für Migration (SEM) mandatiert ist.

Littering und Sachbeschädigung
Die City-Patrouille ist seit November 2020 im Raum Neumarktplatz und Bahnhof sowie auf dem Campusareal im Einsatz. An diesem Sicherheitsprojekt sind nebst der Gemeinde Windisch und der Stadt Brugg sechs weitere Partner, wie Geschäfte in Raum Neumarktplatz, beteiligt. Auf dem Auszug des Jahresrapports 2023 der Alpha Security Sicherheitsdienste AG führt Littering, also das Wegwerfen oder Hinterlassen von Abfall, ohne die dafür bereitstehenden Entsorgungsstellen zu benutzen, mit 671 Vorfällen die Statistik an. Die Wegweisung randständiger oder drogensüchtiger Personen rangiert mit 102 Vorfällen an zweiter Stelle, zudem sind 72 Fälle in der Kategorie «Gewalt/Drohungen/Schlägereien/Pöbeleien/Verfolgungen» auf der Auswertung vermerkt.

Im Zusammenhang mit den An­zeigen nach Nebengesetz (Strassenverkehrsgesetz, Betäubungsmittelgesetz, Waffengesetz) habe die Repol gewisse Phänomene rund um den Bahnhof registriert. Wie der Dienstleistungsrapport zeigt, stiegen sie von 289 im Jahr 2022 auf 345 im letzten Jahr. Dabei rangierte die Anzahl ungeklärter Fälle im Jahresvergleich gleichauf, bei 47 beziehungsweise 46, wobei sich die geklärten Fälle nach Verstössen gegen das Nebengesetz im letzten Jahr auf 299 beliefen.

Der Dienstleistungsrapport 2022/2023 der Repol gab letztes Jahr 193 mehr Ausweisverluste wieder. Auch bei dieser Rapportposition sprach Lüscher von einer Steigerung. Dafür gebe es diverse Gründe, sie stünden unter anderem im Zusammenhang mit dem BAZ.

Die Fälle von häuslicher Gewalt beliefen sich mit Stand vom 31. Dezember 2023 auf 111. Hier sei keine Veränderung zum Jahr davor erkennbar. Einen leichten Anstieg gab es bei den Einbruchdiebstählen im Wohnbereich. Letztes Jahr rückte die Repol deshalb in 133 Fällen aus.

Zunahme von Parkingpay
In der Parkraumbewirtschaftung der Stadt Brugg zeichnet sich eine positive Tendenz ab. Im Vergleich zu 2022 sanken die Parkbussen um 16 Prozent. Eine Zunahme um 33 Prozent von Juli bis Dezember wurde durch Parkingpay verzeichnet. «Die Gebühren fangen dort an, wo sie entstehen», kommentierte Andreas Lüscher das System, das ohne Kleingeld funktioniert. Dabei muss beim Parkieren auf öffentlichen Parkplätzen oder beim Ein- und Ausfahren in Parkhäusern die Parkingpay-Karte an ein Lesegerät gehalten werden, das die Parkgebühr vom zuvor eingerichteten Konto abbucht.

Die Repol begleitet in verwaltungspolizeilicher Funktion ausserdem Anlässe, wie letztes Jahr das Kreisturnfest in Lupfig-Scherz oder den Schweizerischen Schulsporttag. Die Flussrettung rückte vergangenes Jahr fünf Mal aus, um Personen zu suchen, führte eine Rettung nach einem Suizidversuch durch und musste drei Bergungen nach Suizid ausführen.

Für Aufregung sorgten letztes Jahr Vorfälle, die in den Bereich der Sicherheitspolizei gehören. Wegen eines verdächtigen Kehrichtsacks musste Anfang August die Altstadt von Brugg evakuiert werden, und nach einem Einbruchdiebstahl im Kiosk am Neumarktplatz wurde ein Täter verhaftet.

Schutz der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit: Um das zu gewährleisten, ist die Regionalpolizei (Repol) Brugg 24 Stunden abrufbereit. Das Einsatzgebiet deckt den Bahnhof, den Neumarktplatz mit den umliegenden Läden sowie das Bundesasylzentrum (BAZ) ab.

«Wir machen Patrouillen, wann immer möglich»
Die Repol ist nicht nur für die lokale Sicherheit der Stadt Brugg verantwortlich. Gemäss Polizeigesetz ist sie seit dem 1. Januar 2007 ausserdem für die Sicherheit der Gemeinden des Bezirks Brugg zuständig. Das Einsatzgebiet schliesst 16 Vertragsgemeinden mit 48 082 Einwohnerinnen und Einwohner ein (per 31.12.2022). Deren Anliegen abzuholen und den Sicherheits- und anderen Bedürfnissen der Gemeinden gerecht zu werden, sei ihm ein Anliegen und werde in stetigem Kontakt mit den Gemeindebehörden ermittelt, sagte Lüscher. Ein Beispiel ist die Präventions- und Sensibilisierungsarbeit an Schulen, welche die Repol leistet und dabei individuell auf akute Probleme in Schulhäusern eingeht.

Als Jahresziel 2024 nannte der Brugger Repol-Chef: «Unser Schwerpunkt dieses Jahr ist Präsenz, aber wir müssen Prioritäten setzen. Das Tagesgeschäft geht vor.» Lüschers Einwand liess zwischen den Zeilen lesen. Die Repol Brugg ist rund um die Uhr präsent. Das Arbeitsportfolio und das Pensum, das die Mitglieder der Repol Brugg mit nur 27 bewilligten Vollstellen bewältigen, ist immens.

Um das Jahresziel zu erreichen, werden Patrouillen, motorisiert und zu Fuss, sommers auch mit dem Velo, in den Quartieren, im Zentrum, am Bahnhof und an Orten mit erhöhtem Sicherheitsbedürfnis sowie in den Verkaufsgeschäften durchgeführt.  «Wir machen Patrouillen, wann immer möglich. Die sichtbare Präsenz in der Region und eine rasche Reaktion sind die Stärken der Repol und haben höchste Priorität», versicherte Lüscher. Auf den Vorschlag des Aargauer Regierungsrats angesprochen, der dem Grossen Rat einen Systemwechsel zur Einheitspolizei vorgeschlagen hat, antwortete der Polizeichef: «Das ist eine politische Diskussion. Wir machen unseren Job weiterhin, das haben wir uns auf die Fahne geschrieben.»