Dass er nach einem schweren Snowboardunfall an Krücken gehen muss, hindert Joel Ibernini nicht daran, im «Armando’s» in Baden nach dem Rechten zu sehen und gut gelaunt seine Gäste zu begrüssen. Schon am Morgen präsentiert sich die italienische Weinbar an der Weiten Gasse 17 stimmungsvoll. Auf den Tischen in der oberen Etage flackern kleine Windlichter, der Blick fällt auf die mit bunten sizilianischen Kacheln besetzte Wand und auf ein Regal mit alten italienischen Kochbüchern, antiken Radios, Siphonflaschen, Glasbehältern mit dem hauseigenen Limoncello/Arancello und so weiter. Unzählige verspielte Details gibt es im Lokal zu entdecken. Es wird immer wieder umdekoriert, um den Gästen einen neuen Blick aufs Interieur und Abwechslung zu bieten. Punkto Inneneinrichtung gilt bei «Armando’s» definitiv die Devise «Mehr ist mehr».
Trotz Startschwierigkeiten durchgehalten
Ibernini ist in Baden und Ennetbaden aufgewachsen. Sein Vater stammt aus der Toskana, seine Mutter ist je zur Hälfte Schweizerin und Jamaikanerin. «Ich bin eine richtige Promenadenmischung», sagt der 36-Jährige und lacht. Bereits seine KV-Lehre machte er im Gastronomiebereich und war von der Lebendigkeit des Gewerbes fasziniert. «Gäste zu bewirten, liegt mir im Blut. Meine Mutter hatte stets ein offenes Haus, und ihre Gartenpartys für bis zu 150 Leute waren legendär», erzählt er. Nach seiner Ausbildung avancierte Joel Ibernini innert weniger Jahre zum Restaurantleiter im Hotel Zürichberg und führte später das Zürcher Szenelokal Loft Five. Vor sechs Jahren wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit und eröffnete in einem ehemaligen Restaurantgebäude, das vor dem Abbruch stand, die Pop-up-Bar Dogfather. Gleichzeitig übernahm er mit einem Kollegen das Restaurant Weisses Rössli im Kreis 2 von Zürich. Später verkaufte er seine Anteile und eröffnete 2021 das «Armando’s» in Baden. «Der Anfang verlief harzig, weil der Start mitten in den zweiten Lockdown fiel», erinnert er sich. Doch der Badener Gastronom gab nicht auf und punktete bei den Gästen mit freundlichem Service, einem unkomplizierten Wohlfühlambiente, moderaten Preisen und einem riesigen Angebot an über 100 verschiedenen Weinen – alle aus Italien. Für den kleinen Hunger finden sich auf der Karte Panini, Aperitifplättli und verschiedene Mozzarellaspezialitäten, die direkt an der Bar zubereitet werden.
Vom reinen Speiselokal zur Erlebnisgastronomie
Einmal im Monat veranstaltet der umtriebige Inhaber eine Weindegustation. «Ich lege viel Wert darauf, die Abende gemütlich zu gestalten und für alle zugänglich zu machen, nicht nur für eine bestimmte Zielgruppe», betont er. Er hält auch nichts von hochpreisigen Labels, bei denen der Kunde zu 80 Prozent für den Namen bezahlt. «Die Qualität muss stimmen. Bei uns gibt es einen guten DOCG-Prosecco bereits ab 6.50 Franken», bekundet er. Immer wieder finden im Lokal zudem Konzerte, Lesungen und Partys mit DJs statt. Ibernini möchte damit die lokale Kleinkultur unterstützen und fördern. Seiner Meinung nach reiht es heute in einem Gastronomiebetrieb längst nicht mehr, nur Essen und Getränke zu servieren. «Wer heute im Gastgewerbe erfolgreich sein will, muss für seine Klientel Erlebnisse schaffen», ist er überzeugt. Bis jetzt zumindest geht sein Konzept auf: Das «Armando’s» in Baden läuft seit einiger Zeit derart gut, dass er 2023 in Zürich zwei weitere Betriebe mit dem gleichen Konzept eröffnen konnte. Und Nummer 4 ist in Planung – dieses Mal wieder im Aargau. Trotzdem sagt Ibernini für die Gastronomie eine schwierige Zukunft voraus. «Die Preise für Personal und Lebensmittel steigen, und die Gäste müssen tiefer in die Tasche greifen. Deshalb werden künftig weniger Menschen auswärts essen, und das Angebot an gutbürgerlichen Restaurants wird mit der Zeit schrumpfen», prognostiziert er. «Auf seinen Lorbeeren ausruhen kann sich in dieser Branche heute niemand mehr», ist er sich sicher, «aber wer es schafft, wird profitieren.»
Ibernini möchte mit seinen kleinen, spezialisierten Betrieben aber nicht nur durchhalten, sondern weiter wachsen. «Das grosse Geld mache ich damit zwar nicht. Dafür kann ich meinen Traum als Gastronom leben.» Und das ist Joel Ibernini mit Leib und Seele.