Das Leben in zwei Welten

Amphibien wandern zwischen ihren Lebensräumen und den Laichgewässern hin und her – das beinhaltet mancherlei Gefahren.
Ihre bereits voll entwickelten Larven setzen Feuersalamander in kühle Quellbäche und -tümpel ab. (Bild: Florin Rutschmann)

Wenn in regenfeuchten Februar- und Märznächten die Temperatur über 5 Grad Celsius steigt, erwachen in unseren Breiten die Amphibien aus ihrer Winterstarre und begeben sich auf Wanderschaft. Ziel ist ihr Laichgewässer, um sich dort fortzupflanzen. Manche Grasfrösche und Erdkröten treffen schon unterwegs auf ihre Partner, und so kommt es, dass einige Paare «im Doppel» ankommen. Die Männchen schnappen sich unterwegs eines der leicht grösseren Weibchen und lassen sich von diesem Huckepack zum Laichgewässer tragen. Dort werden die Laichballen und -schnüre abgelegt. Während die Entwicklung der Kaulquappen zu kleinen Fröschchen und Krötchen allgemein bekannt ist, gibt es eine andere heimische Amphibienart, deren Lebensweise den meisten nicht so geläufig ist.

Grasfrösche kommen oft «im Doppel» bei ihrem Laichgewässer an. (Bild: bhe)

Einzigartige Fortpflanzungsweise
Zwar kennen wohl die meisten den auffällig schwarz-gelb gefärbten Feuersalamander, aber in der Natur begegnet man ihm selten. Er lebt sehr versteckt und ist vor allem dämmerungs- und nachtaktiv. Zur Paarungszeit, die sich von etwa April bis September erstreckt, machen sich die Salamander auf die Suche nach Fortpflanzungspartnern. Die Paarung erfolgt an Land. Das Weibchen kann das Spermapaket im Körper bis zu zwei Jahre aufbewahren und selbst bestimmen, wann es zur Befruchtung kommt. Danach entwickeln sich die maximal 20 bis 30 Eier im Körper der Mutter zu Larven. Von Februar bis Mai werden die bereits voll entwickelten, jedoch noch mit Kiemen ausgestatteten Larven in fischfreie und kühle Quellbäche, Quelltümpel oder Brunnen abgesetzt.

Wenn das Wasser klar und sauber ist und genügend Nahrung bietet, entwickeln sich die Larven während rund fünf Monaten, ehe sie als etwa sechs Zentimeter grosse Jungsalamander das Wasser verlassen. Im Spätherbst suchen sie sich ein Winterquartier. Feuersalamander sind erst nach vier bis sechs Jahren geschlechtsreif, können aber durchaus 15 oder 20 Jahre alt werden. Leider ist ihr Fortbestand durch den Ausbau und die Begradigung von Bächen gefährdet. Zudem stellen die Verschmutzung der Fortpflanzungsgewässer und der Strassenverkehr eine Bedrohung der Art dar.

Feuersalamander leben in feuchten Laubwäldern, wo sie sich in Totholz, Felsspalten oder Erdhöhlen verstecken. (Bild: bhe)

Amphibienwanderungen erfordern Schutzmassnahmen
Wo die Gefährdung von Tierarten zunimmt, wächst bei gewissen Menschen das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Schutzmassnahmen. Im Falle der Frösche und Kröten wurden diese schon vielerorts umgesetzt. Froschlurche nutzen immer dieselben Wanderrouten, die Vorkehrungen sind deshalb gut planbar. Im Wesentlichen werden die Froschzüge mittels Froschzäunen und -tunneln an geeignete Stellen geleitet. Auch temporäre Sperrungen gefährlicher Strassenabschnitte während der Hauptzugzeiten kommen infrage, sind aber schwieriger durchzusetzen. Meist sind freiwillige Helfer notwendig, die in nächtlichen Einsätzen die an den Amphibienzäunen zurückgehaltenen Tiere einsammeln und über die Strasse bringen – nicht immer eine angenehme Arbeit bei Dunkelheit, Kälte und Regen. Oft profitieren Salamander und Molche von diesen Schutzmassnahmen, jedoch kommt beim Feuersalamander erschwerend hinzu, dass seine Wanderungen bis in den Mai hinein dauern können. Dann sind die Zäune, Sperrungen und Warnschilder längst wieder abgebaut. Deshalb will Birdlife Aargau mit dem Feuersalamander-Projekt 2024 diese Art unterstützen. Es umfasst neben einem Monitoring aller wichtigen Laichgewässer auch Massnahmen wie die Beseitigung von Fallen und Barrieren, die Aufwertung der Larvengewässer und der Landlebensräume.

Neben dem Tod unter den Rädern verenden die Tiere durch die Luftzirkulation unter dem Auto, die bei hoher Fahrtgeschwindigkeit zustande kommt. Bei weniger als 30 km/h könnten Tiere überleben. Deshalb ruft die Karch (Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz der Schweiz) Autofahrer dazu auf, insbesondere in Gewässernähe und am Rand von Feuchtgebieten nachts mit grosser Vorsicht und angepasster Geschwindigkeit zu fahren und bekannte Strecken mit Amphibienwanderungen zu meiden.