2018 wurden in einem Bildungsbericht OECD-Länder punkto Mint-Abschlüssen bei Frauen verglichen. Zur Erklärung: Mint steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Die Schweiz schnitt dabei schlecht ab. Weniger als fünf Prozent aller Schulabgängerinnen konnten hierzulande einen Mint-Abschluss vorweisen.
Aus diesem Grund wurde das interkantonale Projekt «Mint-Frauennetzwerk» ins Leben gerufen. Ziel war und ist es, zu einem frauenfreundlichen Studien- und Arbeitsumfeld beizutragen und das Interesse von Gymnasiastinnen an Mint-Fächern und Studiengängen nachhaltig zu erhöhen. Sie sollen ermutigt werden, ihre Ausbildung und die späteren Berufswege aufgrund ihrer individuellen Interessen und Potenziale zu wählen, ohne dabei von geschlechtsspezifischen Erwartungen beeinflusst zu werden. Denn es ist hauptsächlich auf hartnäckige traditionelle Rollenbilder zurückzuführen, dass Frauen sich so selten für Mint-Berufe entscheiden.
Unterstützung der Kanti Baden
Auch die Kantonsschule Baden beteiligt sich an dem vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Mann und Frau unterstützten Projekt. Vier Workshops, die jährlich stattfinden, eröffnen den Schülerinnen neue Perspektiven in verschiedene Mint-Bereiche. «Es ist uns wichtig, ihre Neugier fernab von Geschlechter-Stereotypen zu erkennen und zu fördern», sagt Chemielehrerin Benita Heiz, die an der Kanti Baden unterrichtet und Koordinatorin von «Girls go Mint» ist. Mit der Initiative soll dem in vielen Mint-Berufen vorherrschenden Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. Drei der vier Workshops, die innerhalb von vier Jahren stattfinden, sind freiwillig, derjenige im zweiten Jahr ist jedoch verpflichtend.
Die vier Teile von «Girls go Mint»
«Mach mit – und entdecke Neues!» ist für Erstklässlerinnen die Gelegenheit, an einem Vormittag in verschiedene Bereiche einzutauchen, und weckt ihre Neugier für Mint-Themen. Unter anderem werden Gebiete wie Elektrotechnik, Neurowissenschaften, Robotik oder Game-Design vorgestellt. Referentinnen sind Mint-Lehrerinnen der Kanti Baden oder Expertinnen aus den entsprechenden Berufen. Während der verschiedenen Workshops findet ein gemeinsamer Glaceevent statt, an dem die Teilnehmerinnen aus flüssigem Stickstoff Eiscreme herstellen. Denn der Informationsanlass soll in erster Linie Spass machen. «95 Prozent aller Schülerinnen, die bisher dabei waren, zeigten sich begeistert und inspiriert», bekundet Heiz.
Der zweite Workshop «Tausch dich aus!» ist als einziger obligatorisch und gibt den Schülerinnen Einblick in die Studien- und Berufserfahrungen von Mint-Frauen. Jeweils zwei Referentinnen berichten aus ihrem Arbeitsalltag. Aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen kommen auch Themen zur Sprache wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die in vielen Bereichen vorherrschende Lohnungleichheit oder wie Frau sich in einem Konkurrenzkampf am besten behauptet. «Selbstwirksamkeit ist ein wichtiges Element dieses Workshops», sagt Heiz, «wir wollen die Mädchen dazu ermutigen, für sich und ihre Interessen einzustehen und selbstbewusst ihren Raum einzunehmen.»
Im wiederum freiwilligen Workshop Nummer 3 unter dem Motto «Vernetze dich!» schauen sich die Schülerinnen Kurzfilme an, in denen weibliche Fachkräfte in Mint-Berufen vorgestellt werden. Danach können sich die Drittklässlerinnen mit ihrer ausgewählten «Lieblingsfrau» vernetzen und konkrete Details aus deren Arbeitsalltag erfahren. Die Gespräche finden online statt. «Geh hinaus!» ist der letzte der vier Lehrgänge. Er ermöglicht den Workshop-Teilnehmerinnen, die Frauen ihres Wahlbereichs einen Tag lang an ihrem Arbeitsplatz zu begleiten.
Junge sollen es einfacher haben
Die 37-jährige Benita Heiz hat an der ETH Zürich biologische Chemie studiert. «Während des Studiums war ich in gewissen Fächern eine von ganz wenigen Frauen. Und ich hätte mir mehr Austausch mit Frauen in höheren Positionen gewünscht. «Girls go Mint» soll mithelfen, dass es die nachfolgenden Generationen in dieser Beziehung einfacher haben. Kommentar einer Schülerin nach den vier Workshops: «Ich interessiere mich zwar für Mint-Fächer, habe aber keine Ahnung, was mich nach dem Studium erwartet. Genau dabei hat mir die Kanti Baden geholfen. Ich konnte mir Einblicke in Fachbereiche verschaffen, die mir völlig neue Horizonte eröffneten. Mein Interesse ist definitiv geweckt.»