Asylzentrum und Eigenwerbung

Persönliche Vorstösse dominierten die Traktandenliste des Einwohnerrats – darunter Fragen zu einem allfälligen Bundesasylzentrum.
Der Eingang zur Wettinger Sanitätshilfsstelle im Souterrain der Schulanlage Margeläcker. Ob diese als Bundesasylzentrum genutzt wird, steht derzeit noch in den Sternen.(Bild: bkr)

Mit Fantasie betrachtet, hat die Arbeit der Einwohnerrätinnen und -räte etwas mit Eiskunstlauf zu tun: Neben dem Pflichtprogramm – den vom Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegten Geschäften – gibt es eine Kür. Mit ihr sind die persönlichen Vorstösse der Parlamentarierinnen und Parlamentarier gemeint. In diesen können sie Fragen stellen, die ihnen und der Bevölkerung unter den Nägeln brennen, oder mithilfe von Postulat und Motion versuchen, neue Ideen anzuschieben, um in Wettingen etwas zu bewirken. Gleich zehn dieser Vorstösse und kein einziges Geschäft des Gemeinderats standen letzte Woche auf der Traktandenliste des Wettinger Einwohnerrats.

So zwei Interpellationen von Antonia Zumstein (GLP) beziehungsweise der SVP-Fraktion mit Fragen rund um ein Bundesasylzentrum, für das der Kanton die Wettinger Sanitätshilfsstelle nutzen möchte, wie im September 2023 mitgeteilt wurde. Es handelt sich um ein kleines unterirdisches Spital, das man in Zeiten des Kalten Kriegs im Souterrain der Schulanlage Margeläcker eingerichtet hat. Hier rund 200 Asylbewerber unterzubringen: Davon hält der Wettinger Gemeinderat nichts, wie er dem Regierungsrat damals umgehend mitteilte. Aus seiner Sicht sprechen zum einen die Lage mitten in einer Schulanlage und zum anderen die notwendigen Sanierungsarbeiten, deren Kosten auf bis zu 500 000 Franken geschätzt werden, gegen eine Aktivierung der Anlage. Und nun? Da seit Wochen Funkstille herrscht, wartet die Bevölkerung brennend auf die Antwort auf die Frage «Und nun?». Dazu der Gemeinderat in seiner Antwort: Es sei schlicht nichts mehr passiert – der Gemeinde lägen keine weiteren Informationen vor. Aus diesem Grund gibt es derzeit auch keine Antworten zu Themen wie «Betrieb des Zentrums» oder woher die zu erwartenden Flüchtlinge stammen.

Parteienwerbung für junge Leute?
Etwas bewirken, etwas verändern wollte Orun Palit (GLP) mit einem Postulat, in dem er für die im Einwohnerrat vertretenen Parteien je ein Zeitfenster forderte, in dem sie sich an der Mündigkeitsfeier oder der Neuzuzüger-Begrüssung präsentieren können. Wer meint, Orun Palit habe damit offene Türen eingerannt, täuscht sich. Wie bereits der Gemeinderat haben – abgesehen von der GLP – alle Fraktionen der Idee eine Abfuhr erteilt. Pragmatisch die Begründung des SVP-Sprechers Daniel Brülimann: «Eine Umsetzung würde zu einem zeitlich nicht praktikablen Ausufern der Veranstaltungen führen.» Konkreter die FDP-Fraktion, vertreten durch Damien Campino: «An der Mündigkeitsfeier werden die Jungbürgerinnen und Jungbürger über die politische Landschaft informiert. Allfälliges Interesse, das dabei geweckt wird, sollte nicht mit Verkaufsparolen und Monologen der Parteien wieder zum Einschlafen gebracht werden.»

Keine Chance hatte zudem ein Anliegen, das von der Mitte, der GLP, der FDP und der SVP getragen wurde: die Einführung einer konsolidierten Gemeinderechnung. Eine solche lehnt der Gemeinderat ab, verspricht aber mehr Transparenz im Rechenschaftsbericht – insbesondere bezüglich der «Gemeindeanstalten» Tägi und Energie Wettingen. Sprecher Christian Wassmer (Mitte) hätte lieber eine konsolidierte Rechnung, einen Gesamtüberblick. In Anbetracht des Unwillens seitens des Gemeinderats verzichtete Wassmer aber auf eine Abstimmung im Ratsplenum.