Der Kompass richtet sich aus

Drei der acht Arbeitsgruppen der Surbtaler Fusionsprüfung präsentierten erste Erkenntnisse und Vorschläge zu verschiedenen Themen.
Drei der insgesamt acht Arbeitsgruppen, die verschiedene Themen um eine Fusion oder eine vertiefte Zusammenarbeit unter den Gemeinden beleuchten, trafen sich im Lengnauer Schulzentrum Rietwise mit der sogenannten Echogruppe zur Reflexion.(Bild: bkr)

Sollen Endingen, Lengnau, Schneisingen und Tegerfelden ihre Zusammenarbeit vertiefen oder doch besser fusionieren? Sehr viel Konkretes oder gar Antworten dazu gab es im Rahmen der ersten Echogruppenveranstaltung noch nicht – aber dafür interessante Diskussionen. «Genau das war das Hauptziel des Anlasses», sagte Peter Weber. Er ist externer Berater für das Projekt «Kompass Surbtal» und im Bereich Gemeindefusionen ein ausgewiesener Experte. So half er unter anderem, die Gemeinde Zurzach aus der Taufe zu heben. Mehr Details aus den Arbeitsgruppen stellte Weber für den nächsten Anlass im Juni in Aussicht.

Der Endinger Gemeindeammann Ralf Werder präsidiert den Leitungsausschuss des Projekts «Kompass Surbtal».(Bild: bkr)

Der Endinger Gemeindeammann Ralf Werder, der den Leitungsausschuss des Projekts «Kompass Surbtal» präsidiert, skizzierte den Zweck des Anlasses aus Sicht des Politikers. «In den acht Arbeitsgruppen wirken 120 Leute mit, bringen ihre Visionen, Ideen und Meinungen ein.» Aufgabe der sogenannten Echogruppe sei es, «ein Gradmesser dafür zu sein, was die Bevölkerung von den Ideen hält». Werder betonte in diesem Zusammenhang, dass die vorgetragenen Meinungen jene der jeweiligen Arbeitsgruppe seien. «Diese werden nach Abschluss der Arbeiten dem Leitungsausschuss ihre Anträge stellen.»

«Gibt es keine brennenderen Fragen?»
Drei der acht Arbeitsgruppen präsentierten den Echoleuten ihre ersten Resultate. So die Gruppe Behörden, Verwaltung und Organisation. Diese hatte sich zum Erstaunen der Echogruppe bereits mit der Frage beschäftigt, wie der Titel des künftigen Gemeindeoberhaupts lauten solle – Gemeindeammann oder -präsident beziehungsweise -präsidentin? «Gibt es keine brennenderen Fragen?», meinte ein Teilnehmer. Und ein anderer wies darauf hin, dass sich der Grosse Rat damit befasse und eine gesamtkantonale Lösung anstrebe, die bis zu einer allfälligen Fusion im Surbtal Gesetz sein dürfte.

Ein anderes Thema war die Frage, wie viele Mitglieder der Gemeinderat aufweisen solle. Die Arbeitsgruppe schlug sieben vor. Für den Gemeindeammann sah man ein Pensum von 80 bis 100 Prozent, für den Vizeammann von 40 und für die übrigen Mitglieder von 20 Prozent. Aus der Runde hiess es, mit sieben Mitgliedern werde der Gemeinderat zum Parlament. Zudem wurde die Frage gestellt, wie man auf solche Zahlen komme, da die Organisation der Verwaltung (Geschäftsleitungsmodell) noch offen sei. Man habe sich an der Gemeinde Zurzach orientiert, lautete die Antwort.

Name der neuen Gemeinde und die Zukunft der Vereine
Wie sollen die Gemeinderatsmitglieder gewählt werden? In Wahlkreisen? Die Arbeitsgruppe hatte verschiedene Varianten geprüft. Wahlkreise hätten den Vorteil, dass – zumindest in der Startphase – jede der bisherigen Gemeinden in der neuen Behörde vertreten sei. In der Diskussion wurden Wahlkreise eher als trennendes Element gesehen. In der neuen Gemeinde sollen die Geeignetsten in die Behörde gewählt werden. Für die Startphase müsse man sich jedoch bemühen, dass aus jeder Gemeinde ein bisheriges Ratsmitglied gewählt werden könne, was für den Wissenstransfer äusserst wichtig sei.

Wie soll die neue Gemeinde heissen? Für Fantasie und Kreativität ist wenig Platz: Surbtal. Jede Ortschaft soll ihren Namen, ihre Postleitzahl und ihr Wappen behalten. Quasi als heraldische Dachmarke wird ein «ganz einfaches Wappen» mit grossem Wiedererkennungswert angestrebt.

Was geschieht nach einem allfälligen Zusammenschluss mit den Vereinen? Dass das Thema Vereine emotional besetzt ist, zeigte sich in der Diskussion mit der Arbeitsgruppe Vereine, Kultur und Soziales. Doch ob ein Verein angesichts veränderter gesellschaftlicher Bedürfnisse überlebt oder nicht, hat rein gar nichts mit einer allfälligen Gemeindefusion zu tun. Eine Musikgesellschaft Endingen, Schneisingen, Tegerfelden oder die Brassband Lengnau dürfte es auch in einer Gemeinde Surbtal geben – während Baden und Brugg seit Jahren keine Stadtmusik mehr haben.

Anders ist die Situation bei den Ortsbürgergemeinden. Die Kantonsverfassung von 1982 schreibt vor, dass zu einer Einwohnergemeinde exakt eine (oder keine) Bürgergemeinde gehört. Das ist der Grund, weshalb in Lengnau vor 40 Jahren die Innerortsgemeinde in einen Verein und die jüdische Gemeinde in eine Stiftung umgewandelt werden mussten.

Ortsbürger eine «Schatten­organisation»?
Andreas und Josef Meier hatten sich in ihrer Arbeitsgruppe der Zukunft für die vier Ortsbürgergemeinden angenommen. Die aus ihrer Sicht naheliegendste Lösung: Die vier Bürgergemeinden fusionieren zeitlich parallel zu den Einwohnergemeinden.

Die andere Variante ist, dass die Ortsbürger vor einem Zusammenschluss im Surbtal mit ihren politischen Gemeinden fusionieren – und es keine Ortsbürgergemeinden mehr gibt. Dazu muss man allerdings wissen, dass über eine Ortsbürgergemeinde nicht verfügt werden kann. Den Beschluss zur Auflösung (beziehungsweise Fusion) treffen einzig deren stimmberechtigte Mitglieder – sofern die Bürgergemeinde finanziell über die Runden kommt. Das tun die vier Ortsbürgergemeinden. Ihnen geht es sehr gut. Genau das war ein Kritikpunkt. Ein Votant sprach von einer «elitären Gruppierung», von einer «Schattenorganisation». Wald und Geld sollten an die politische Gemeinde gehen und die Mittel unter Kontrolle aller Einwohnerinnen und Einwohner ausgegeben werden, so die Forderung. Einig war man sich, das heisse Eisen einer Auflösung der Ortsbürgergemeinden jetzt nicht anzufassen und nicht deren Opposition für eine Fusion heraufzubeschwören.

Apropos: In den vier Gemeinden gibt es insgesamt rund 8300 Stimmberechtigte, wovon 820 das Ortsbürgerrecht haben. Zum Abschluss der Veranstaltung gab es zudem Zahlen zu den Gemeindeliegenschaften. 105 sind es insgesamt, wovon 25 dem Bildungsbereich dienen. Ihr Versicherungswert beträgt 85,54 Millionen Franken. Die Bevölkerung wird am 15. Juni über die Resultate informiert.