Der Grossaufmarsch führte dazu, dass Gemeindeammann Martin Uebelhart die 218 der 3566 Stimmberechtigten erst mit einigen Minuten Verspätung begrüssen konnte. Einleitend beantwortete er einige, anlässlich zum Schluss der letzten Versammlung gestellte Fragen, und zwar betreffend eine Rattenplage, ein WC im Kirchfeld sowie den Wirkungsbericht BNO. Nicht unerwähnt blieben die bevorstehende Pension der Schulleiterin Renate Baschek sowie die Wahl von Reto Geissmann zum Gesamtschulleiter. In der Regel nehmen zwischen 80 und 120 Stimmberechtigte an den Gemeindeversammlungen teil. Der Grund für den Grossaufmarsch dürfte der traktandierte Planungskredit in Höhe von 550 000 Franken für die Erstellung des Masterplans «Weiterentwicklung Härdli» gewesen sein. Die kurzfristige und vom Gemeinderat beschlossene Streichung dieses Traktandums hat bei den Versammlungsteilnehmenden Unverständnis und Unmut hervorgerufen. So stand als Nächstes die Jahresrechnung 2023 zur Debatte.
Jahresrechnung abgelehnt
Obwohl das Budget 2023 einen Aufwandüberschuss von 1,28 Millionen Franken vorsah, schloss die Rechnung mit einem Ertragsüberschuss von 14,414 Millionen Franken ab. «Dieses markant bessere Ergebnis ist auf den Verkauf der Liegenschaft Villa Ermitage zurückzuführen», so Hanspeter Frischknecht, Leiter Finanzen. Ohne den Verkauf hätten tiefere Steuereinnahmen, aber auch höhere Kosten zum Beispiel in den Bereichen Energie, Sachaufwendungen und Personal zum budgetierten Aufwandüberschuss geführt.
Unter den Einzelpositionen erwähnte Frischknecht den Mehraufwand in den Bereichen Pflegefinanzierung und Spitex sowie Einsparungen in den Bereichen Regionalpolizei und Sozialhilfe. In der Folge äusserte sich Tim Voser, Präsident der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission. Voser äusserte sich dezidiert zum Rechnungsprüfungsprozess. Er bemängelte die für die Finanzkommission verkürzten Fristen, die zudem vom Gemeinderat und von der Verwaltung nur knapp eingehalten worden seien. Er bezeichnete den verspäteten externen Revisionsbericht und die unbeantworteten Fragen als Verstoss gegen gesetzliche Vorgaben. «Da der Prüfungsprozess nicht gewissenhaft abgeschlossen werden konnte, beantragt die Finanzkommission einstimmig die Ablehnung der Jahresrechnung 2023», so Voser. Mit 192 Ja-Stimmen schloss sich der Souverän der Rückweisung der Rechnung an. Dieser Entscheid führt nach den Sommerferien zu einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung.
Kreditantrag gestrichen
Das 2017 in Kraft getretene Baugesetz des Kantons Aargau enthält Bestimmungen zur Baupflicht. Das bedeutet, dass Parzellen, die in Bauzonen liegen, zwingend innerhalb einer bestimmten Frist überbaut werden müssen. Die kantonale Vorgabe ist Teil der gesamtschweizerischen Raumplanungsvorgaben, durch die eine Verdichtung der besiedelten Fläche angestrebt wird. Für das Gebiet Härdli, das vom Kanton als Entwicklungsschwerpunkt festgelegt wurde, besteht ein Gestaltungsplan. Für den Studienauftrag und die anschliessende Erarbeitung eines Richtprojekts hat die Einwohnergemeindeversammlung 2021 einen Verpflichtungskredit von 520 000 Franken gesprochen. Vor Jahresfrist wurde der Bevölkerung das Ergebnis des Studienauftrags vorgestellt. In der Folge wurde klar, dass ein Richtprojekt den Zielen einer weiteren Planung nicht gerecht wird. Nun geht es darum, einen Masterplan zu erarbeiten, sodass danach ein Gestaltungsplanverfahren erfolgen kann. Dieser Masterplan wurde mit Kosten von 550 000 Franken beziffert und sollte der Versammlung eigentlich am vergangenen Montag zur Genehmigung vorgelegt werden. Nachdem bereits im Vorfeld von verschiedenen Seiten, so zum Beispiel in Leserbriefen, Widerstand gegen das Projekt angekündigt worden war, beschloss der Gemeinderat, zusätzliche Abklärungen vorzunehmen und das Geschäft vorerst von der Traktandenliste zu streichen.
Wachstum nicht um jeden Preis
Das Alters- und Pflegeheim Sonnmatt ist aus dem Planungs- und Entwicklungsprozess ausgestiegen. Die Streichung des Traktandums, auf dessen Behandlung der Grossaufmarsch zurückzuführen ist, rief Mitglieder des Tennisclubs und der Familiengärten auf den Plan. Dem Gemeinderat wurde vorgeworfen, sich entgegen den Aussagen von 2021 nicht um Ersatzlösungen für beide Vereine bemüht zu haben. «Gegenwärtig sind in Neuenhof 431 Wohnungen im Entstehen begriffen. Hinzu kommt ein erheblicher Leerwohnungsbestand. Damit dürfte die prognostizierte Einwohnerzahl von 10 000 bis 2030 viel früher erreicht werden», so ein Votant. Dem Antrag, Tennisclub und Familiengärten an den bestehenden Orten zu belassen, konnte nicht stattgegeben werden, zumal das Gemeindegesetz Anträge zu nicht traktandierten Geschäften nicht zulässt.
Den Kostenfolgen zum Trotz
Bei einer Nichteinhaltung der Baupflicht bis 2035 müssen dem Kanton jährlich wiederkehrende Ersatzabgaben von zwei Prozent des steuerlich massgebenden Grundstückwerts bezahlt werden. Zudem ist eine einmalige Mehrwertabgabe zu entrichten, welche die Einwohnergemeinde mit rund 2,8 Millionen Franken und die Ortsbürgergemeinde mit über 6,4 Millionen Franken belasten würde. Ob das die beiden Vereine von weiterem Widerstand abhält, ist zu bezweifeln, denn man möchte für das Areal Härdli eine für alle gangbare Lösung.
Zusätzliches Pensum für die Kesb
Die Gemeinde Neuenhof zählt bevölkerungsmässig zu den 15 grössten Gemeinden im Aargau. Sie stellt aufgrund der bestehenden Bevölkerungsstruktur und der gegenwärtigen und künftig zu erwartenden Entwicklung eine der am schwersten zu verwaltenden Gebietskörperschaften im Kanton dar. Trotzdem werden die Kosten pro Einwohner in den Bereichen Gemeindeverwaltung und Aussendienste als tief beurteilt. Das Bevölkerungswachstum und Veränderungen hinsichtlich Herkunft und Alter der Bevölkerung sowie Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen machen nun aber einen Ausbau des Stellenbestands nötig, damit die Verwaltung ihre Aufgaben weiterhin bewältigen kann.
Im Bereich Kindes- und Erwachsenenschutz der Sozialen Dienste beantragte der Gemeinderat eine Aufstockung um 80 Stellenprozent. Derzeit werden mit einem Pensum von 200 Prozent durchschnittlich 180 Mandate oder etwa 90 Fälle pro Vollpensum betreut. Die Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz (Kokes) empfiehlt pro Vollzeitstelle 60 Mandate im Erwachsenenschutz und 50 Mandate eines Beistands im Kindesschutz. Um den Vorgaben der Kokes gerecht zu werden, wurde aus der Versammlung beantragt, das Pensum um 120 Prozent zu erhöhen. Dieser Antrag unterlag dem gemeinderätlichen Antrag mit 75 zu 125 Stimmen. In der Schlussabstimmung vereinte der Antrag des Gemeinderats 202 Stimmen auf sich.
Weitere Themen
Sowohl das Protokoll der Gemeindeversammlung vom 20. November 2023 als auch der Rechenschaftsbericht 2023, der auf 65 Seiten ausführlich über die Tätigkeiten von Behörden, Kommissionen und Verwaltung informiert und eine Fülle von Zahlen, Daten und Fakten enthält, wurden einstimmig genehmigt. Gemeindeammann Martin Uebelhart bedankte sich bei allen für die umfassende Erarbeitung.